Alibaba und Google streiten über Android-Wurzeln von Aliyun

Nach der offenbar erzwungenen Acer-Absage eines Smartphones mit dem Mobilbetriebssystem Aliyun ist es zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Google und dem chinesischen E-Commerce-Unternehmen Alibaba gekommen. Im Kern geht es darum, inwieweit Aliyun auf Android basiert und dazu kompatibel ist.

Android-Chef Andy Rubin (Bild: James Martin / News.com)

Acer wollte in der letzten Woche ein Mobiltelefon namens CloudMobile A800 vorstellen, das mit dem von Alibaba entwickelten Aliyun laufen und in China in den Verkauf kommen sollte. Nachdem Acer in letzter Minute absagte, warf Alibaba Google vor, Druck auf den Hersteller ausgeübt zu haben: „Unser Partner wurde von Google informiert, dass es seine auf Android bezogene Zusammenarbeit beenden und andere technologische Lizenzierungen einstellen würde.“

Ein Kommentar Googles blieb zunächst aus, bis Android-Gründer Andy Rubin selbst in einem Blogeintrag zu den Vorwürfen Stellung nahm. Er zitierte den Alibaba-Chefstrategen Zeng Ming mit der Äußerung „Wir wollen das Android Chinas sein“ – das sei überraschend, da Aliyun OS die Android-Runtime miteinbeziehe und offenbar von Android abgeleitet sei. Zudem versuche die Plattform, kompatibel zu Android zu sein, schaffe das aber nicht.

Google sieht Aliyun damit als eine abgezweigte Version von Android an. Im Prinzip steht es jedem Hersteller frei, die Open-Source-Basis von Android zu nehmen und nach eigenen Wünschen anzupassen, wie es etwa Amazon bei seinem Tablet Kindle Fire praktiziert. Acer allerdings ist Mitglied der Open Handset Alliance (OHA), die mit Google hinter der Android-Entwicklung steht – und sie verlangt von ihren Mitgliedern, die Kompatibilität zu wahren.

Googles Standpunkt ist daher, dass sich Acer als OHA-Mitglied verpflichtet hat, keine inkompatiblen Android-Geräte auszuliefern. „Kompatibilität ist das Kernstück des Android-Ökosystems und sichert eine einheitliche Erfahrung für Entwickler, Hersteller und Verbraucher“, heißt es dazu in einer per E-Mail versandten Stellungnahme von Google. „Nicht kompatible Versionen von Android wie Aliyun schwächen das Ökosystem.“

Über verschiedene US-Blogs meldete sich für Alibaba John Spelich zu Wort, als Vice President für internationale Angelegenheiten verantwortlich. „Aliyun OS hat seine eigene Virtuelle Maschine, die sich von Androids Dalvik-VM unterscheidet“, argumentierte er. Zudem bestehe die Laufzeitumgebung von Aliyun nicht nur aus der Java-VM von Aliyun, sondern auch aus einer eigenen Cloud-App-Engine, die mit HTML 5 geschriebene Web-Apps unterstütze. „Aliyun OS benutzt das Android-Application-Framework teilweise sowie Tools (Open Source) als Patch, um den Nutzern von Aliyun OS die Apps von Drittanbietern zusätzlich zu den Cloud-basierten Aliyun-Apps in unserem Ökosystem zugänglich zu machen.“

„Hallo, John Spelich“, meldete sich Andy Rubin erneut zu Wort. „Wir stimmen darin überein, dass Aliyun OS nicht zum Android-Ökosystem gehört und Sie nicht verpflichtet sind, kompatibel zu sein.“ Tatsache sei jedoch, dass Aliyun die Android-Runtime, das Framework und die Tools einsetzt. „Und Ihr App Store bietet Android-Apps an (einschließlich unrechtmäßig übernommener Google-Apps). Es ist also wirklich nicht zu bestreiten, dass Aliyun auf der Android-Plattform basiert und damit alle Vorteile der harten Arbeit nutzt, die von der OHA für diese Plattform geleistet wurde.“

Der Android-Chef forderte Alibaba auf, sich für Kompatibilität zu entscheiden, wenn es Nutzen aus dem Android-Ökosystem ziehen wolle. „Es ist leicht, kostenlos, und wir helfen sogar gerne dabei. Aber wenn Sie nicht kompatibel sein wollen, dann erwarten Sie keine Hilfe von OHA-Mitgliedern, die alle engagiert sind, ein einheitliches Android-Ökosystem zu unterstützen und zu schaffen.“

Alibaba, an dem neben Softbank auch Yahoo noch immer zu 20 Prozent beteiligt ist, ist nach eigenen Angaben die größte IT-Firmengruppe Chinas. Das von seiner Tochter AliCloud entwickelte Betriebssystem Aliyun war erstmals Mitte 2011 vorgestellt worden.

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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