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Peter Cochranes Visionen: Zuverlässigkeit und Ausfallzeit

Ist eine Uptime von 99,999 Prozent („five nines“) etwas, das nur finanzstarke Banken und Telekommunikationsunternehmen genießen werden? Peter Cochrane erklärt, warum es so schwierig ist, vollständig zuverlässige Systeme zu erreichen…

Das Konzept der Ausfallzeiten („Downtime“), das uns nun schon seit mehr als 100 Jahren begleitet, hat seinen Ursprung in der frühen Zeit der Telegrafen- und Telefonnetze im 19. Jahrhundert. Sobald wir in den Telekommunikationsbereich vordrangen und unsere Reichweite und Kontrolle vergrößerten, wurden Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zu wichtigen Merkmalen von Regierung, Verwaltung und Gesellschaft.

Als die Zeit des automatisierten Telefons bereits ziemlich fortgeschritten war, tauchte eine magische Zahl als Designziel auf, die die ideale Leistungsfähigkeit jeder Telefonzentrale und jeder Vermittlung angab. Dies wurde nötig, als sich die Telefonnetze über die Kontinente ausdehnten und schließlich alle Länder der Erde miteinander verbanden – was übrigens erst geschah, als ich schon auf der Welt war. Die steigende Zahl miteinander verketteter Vermittlungen für Ferngespräche verlangte ein extrem hohes Niveau an Verfügbarkeit, denn der Ausfall einer Vermittlung bedeutete schließlich auch den Ausfall aller anderen. Dies ist das Problem des ,Schwächsten Glieds in der Kette‘.

Daher kommt diese gefeierte Zahl mit fünf Neunen, die in der Branche so oft genannt wird und die bedeutet, dass eine Vermittlung eine Verfügbarkeit (oder „Uptime“, um einen modernen Ausdruck zu verwenden) von 99,999 Prozent aufweisen muss – mit anderen Worten: eine Wahrscheinlichkeit von 0,99999. In einem Betriebsjahr darf die aufgerechnete Nicht-Verfügbarkeit oder „Downtime“ einer einzelnen Vermittlung nicht über 0,0001 Prozent bzw. einer Wahrscheinlichkeit von 0,00001 liegen. Dies ergibt eine Ausfallzeit von gerade einmal 5,3 Minuten pro Jahr.

Als Ingenieur kann ich Ihnen sagen, dass es kein leichtes Unterfangen ist, diese 99,999 Prozent in komplexen Maschinen zu erreichen, und dass dies eine beträchtliche Herausforderung darstellt. Es verlangt den Einsatz mehrerer Batterie-Stromversorgungen, die im Allgemeinen durch Diesel-Generatoren gesichert werden, und die Duplizierung vieler Elemente der Steuer- und Schaltanlage zumindest durch aktive Standby-Schaltkreise. Bei Ausfall einer einzigen Komponente müssen alle Elemente nahtlos, ohne dass dies vom Kunden bemerkt wird, und automatisch auf die Sicherungen umschalten.

Es gibt nicht viele Technologien, die eine solche Leistungsfähigkeit oder eine solch hohe Verfügbarkeit aufweisen. Zieht man aber in Betracht, dass für ein einziges nationales Ferngespräch bis zu fünf und für ein internationales Gespräch bis zu zehn Vermittlungen zusammengeschaltet werden müssen, wird klar, warum dies nötig ist. Die Ausfallzeiten für fünf miteinander verschaltete Vermittlungen belaufen sich auf etwa 26 Minuten jährlich, während zehn Vermittlungen für etwa 53 Minuten im Jahr nicht verfügbar sind. Dies ist zwar immer noch recht beeindruckend, für einige moderne Unternehmen, vor allem aus dem Bankenbereich, jedoch kaum tolerierbar.

Diese Verfügbarkeitszahlen werden durch die Anzahl der Kunden, die an jede Vermittlung angeschlossen sind, relativiert: für 100.000 Kunden, die an einer Vermittlung hängen, haben wir ein Potenzial für eine aufgerechnete Ausfallzeit von 100.000 x 5,3 Minuten.

Die Computerbranche sieht diese 99,999 Prozent mit einem gewissen Neid und bemüht sich häufig, 99 Prozent zu erreichen. Ist Ihr PC 99% der Zeit oder mehr in Betrieb? Und wie steht es mit Ihrem ISP? Meiner Erfahrung nach haben sich die ISPs weiterentwickelt und kämpfen heute nicht mehr um eine Verfügbarkeit von 90 Prozent, sondern erreichen 99 Prozent. Es ist nicht so, dass 99,999 Prozent nicht erreicht werden könnten – in dem Maße, in dem Systeme immer komplexer werden, ist es jedoch extrem schwierig auszuarbeiten. Außerdem ist es sehr teuer.

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ZDNet.de Redaktion

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