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Staat verliert Mehrheit an der Telekom

Viereinhalb Jahre nach Beginn der Privatisierung verliert der Staat seine Mehrheit an der Deutschen Telekom (Börse Frankfurt: DTE). Nach der im Abschluss befindlichen Übernahme des US-Mobilfunkbetreibers Voicestream (Börse Frankfurt: VWL) werde die Bundesrepublik zusammen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau noch 45 Prozent der Anteile im Besitz haben, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Donnerstag in Berlin.

Die Telekom gab bekannt, sie werde für den Kauf von Voicestream und des US-Handynetz-Betreibers Powertel rund 1,17 Milliarden neue Namensaktien ausgegeben, die am Montag in den Handel gehen. Der Bargeldanteil für den Einstieg in den US-Mobilfunkmarkt liegt bei 4,23 Milliarden Dollar (4,94 Milliarden Euro / 9,64 Millliarden Mark) und fällt damit geringer aus als ursprünglich vorgesehen. Der hohe Preis für Voicestream von über 50 Milliarden Dollar war von den Aktionären auf der Hauptversammlung vor zwei Tagen heftig kritisiert worden.

Die Telekom hatte die Übernahme von Voicestream im Juli 2000 verkündet. Damals hatte das Unternehmen den Voicestream-Aktionären noch 3,2 Telekom-Aktien und 30 Dollar für jeden Anteilsschein geboten. Insgesamt hätte der Konzern nach diesem Modell rund 7,7 Milliarden Dollar in bar für den Einstieg auf den US-Mobilfunkmarkt auf den Tisch legen müssen. Nun spart das hochverschuldete Unternehmen rund 3,5 Milliarden Dollar an Barmitteln.

Der Telekom-Aktienkurs legte bis zum Nachmittag um gut drei Prozent auf rund 24,50 Euro zu. Grund für die Absenkung des Baranteils sind der Kursverlust der T-Aktie und das US-Steuerrecht. Telekom-Chef Ron Sommer hatte mit der Voicestream-Führung vereinbart, dass der Baranteil der Offerte vermindert wird, wenn die Telekom-Aktie deutlich nachgibt. Denn steuerfrei ist der Baranteil für die Voicestream-Aktionäre nach US-Recht nur, wenn er am Gesamtpreis nicht mehr als 18 Prozent ausmacht. Experten gingen zuletzt von einem Umtauschverhältnis von knapp 3,7 Telekom-Aktien und 15,7 Dollar pro Voicestream-Anteilsschein aus.

Unklar sind auch die Auswirkungen des Einkaufs in den USA auf den mittelfristigen Kurs der Telekom-Aktie. Stoßen viele Aktionäre von Voicestream ihre neuen Aktien an dem deutschen Unternehmen schnell wieder ab, könnte dies die ohnehin schon stark gebeutelte T-Aktie weiter unter Druck setzen. Telekom-Chef Sommer hatte den Aktionären auf der Hauptversammlung am Dienstag jedoch versichert, mit den Voicestream-Großeignern seien Haltefristen von bis zu zwei Jahren vereinbart worden. Maximal hundert Millionen Aktien, also rund zehn Prozent der neuen Anteilsscheine, könnten vorher zurückfließen. Telekom-Analyst Joeri Sels vom Bankhaus Julius Bär rechnet aber nicht mehr mit größeren Verkäufen. Die T-Aktie sei derzeit „lächerlich billig“.

Aktionärsschützer zeigten sich indes weiter besorgt über die von Sommer angekündigten Folgeinvestitionen für Voicestream und Powertel. „Sommer zufolge sollen für den Netzaufbau in den USA 2001 und 2002 je 1,8 bis 1,9 Milliarden US-Dollar ausgegeben werden“, sagte Petra Krüll von der Frankfurter Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Die Frage ist, inwiefern und wann man dann in der Lage sein wird, mit dem US-Standbein auch einen Ertrag zu erwirtschaften.“ Grundsätzlich könnten die Voicestream-Aktionäre in den kommenden Tagen auch von dem Deal zurücktreten, weil der Wert der T-Aktie mit zuletzt rund 24 Euro deutlich unter der im vergangenen Jahr vereinbarten Grenze von 33 Euro liegt. Dies halten Beobachter aber für unwahrscheinlich. Die Telekom hatte in den vergangenen Wochen bei den Voicestream-Großaktionären massiv für die Übernahme geworben.

Kontakt: Deutsche Telekom, Tel.: 0800-3300700
Voicestream, Tel.: 001425/6535027 (günstigsten Tarif anzeigen)

ZDNet.de Redaktion

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