Münchner Psychologen erforschen das Phänomen der unkontrollierten Internet-Nutzung und haben herausgefunden: Die Symptome der Internet-Sucht deuten fast immer auf eine andere psychologische Störung hin. Das können Angstzustände oder Zwangsvorstellungen sein. Werden diese behandelt, verschwinden auch die Symptome des exzessiven Surfens.
Oliver Seemann von der Ambulanz für Internet-Abhängige und Ulrich Hegerl von der Psychatrischen Klinik der Ludwig Maximilian Universität haben am Montag in München die Ergebnisse einer Online-Studie zum Thema Internet-Sucht vorgestellt. Von November 1999 bis März 2000 konnten sich Interessenten online an der Umfrage beteiligen. Von 2341 ausgefüllten Bögen genügten 1068 den Anforderungen der wissenschaftlichen Umfragemethode.
Dabei stellte sich heraus: 4,3 Prozent, also insgesamt 46 Personen, waren nach der Definition der Psychologen Internet-süchtig. Das bedeutet, sie wiesen mindestens fünf von sechs der folgenden Merkmale auf:
Seemann berichtet davon, dass besonders Personen, die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich haben, sich in die vermeintliche Anonymität flüchten. Höchste Priorität bei seinen Patienten genießen laut Seemann Chat- sowie mit Abstand Porno-Sites. Beliebt seien auch Multi-User-Dungeons (MUDs). Zwar kämen momentan mehr Männer als Frauen in die Ambulanz, doch das Phänomen der Internet-Sucht gebe es quer durch alle gesellschaftlichen Schichten und Altersstufen; sowohl Männer als auch Frauen seien betroffen.
Die „Süchtigen“ haben laut Seemann außer einer hohen Telefonrechnung zumeist eine Gemeinsamkeit: ein geringes Selbstwertgefühl. Darüberhinaus begreifen die Wissenschaftler Internetsucht als ein Symptom der verschiedenartigsten psychischen Störungen. „Je nachdem welches Problem zugrunde liegt, behandeln wir erstmal diese Disfunktion. Wenn diese Ursache weg ist, verschwindet meist auch der Wunsch nach einer exzessiven Internetnutzung“, so Seemann. Infos gibt es auch auf der Website der Hochschule.
Internet-Ambulanz, Tel.: 089/51602769
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