Innenminister fordern „Ermächtigungsgrundlagen“ im Kampf gegen Internetkriminalität

Laut einem gestern vorgestellten Papier werden Terroristen in Lagern im Umgang mit ITK-Technik geschult. Die Innenminister wünschen sich daher Einschränkungen des Fernmeldegeheimnisses. Auch die Bundeswehr soll notfalls zur Verfügung stehen.

Die Innenminister der Länder und Wolfgang Schäuble (CDU) als Vertreter des Bundes haben gestern in Bremerhaven einen Katalog an Maßnahmen vorgestellt, mit denen sich Deutschland besser vor Gefahren aus dem Netz schützen kann. Gefahren drohten durch Terrorismus und durch Internetkriminalität. „Insbesondere die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik erfordert entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundlagen“, heißt es in dem Programm „Innere Sicherheit“.

Angesichts der drohenden Gefahren seien erweiterte „Befugnisse für verdeckte Eingriffe in informationstechnische Systeme“ nötig. Darunter zähle auch „Anpassung der Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung und Maßnahmen nach G 10 im Rahmen der vom Bundesverfassungsgericht gezogenen Grenzen“. G 10 bedeutet eine Einschränkung des Post- und Fernmeldegeheimnisses.

Seit Beginn des Jahres dürfen die Strafverfolger aufgrund eines neuen BKA-Gesetzes verdeckt auf Rechner von Zielpersonen zugreifen. Diese Online-Durchsuchung sei bis dato noch nicht angewandt worden, so das Innenministerium. Das Bundeskriminalamt teilt mit, man verwende diese Art des Zugriffs lediglich als letztes Mittel.

Die Innenminister beschränken sich jedoch nicht nur auf neue Möglichkeiten der Überwachung, sondern fordern auch eine Regelung, die in bestimmten Fällen den Einsatz der Bundeswehr ermöglicht. Dieser Punkt des 71 Seiten umfassenden Katalogs ist derzeit wohl die am heftigsten umstrittene Forderung.

Ganz besonders sorgen sich die Innenminister um die Sicherheit der deutschen Wirtschaft im Netz. „Deutsche Firmen stellen aufgrund der hohen Innovationskraft ein überdurchschnittlich attraktives Ziel für fremde Nachrichtendienste dar.“ Daneben nutzten auch Terroristen das Internet aktiv. In dem Papier heißt es: „Terroristen werden in Ausbildungslagern systematisch im Umgang mit moderner Informationstechnik und konspirativer Kommunikation geschult.“

Dennoch lässt der Bericht keinen Zweifel offen, dass es hier keinen vollständigen Schutz geben kann: „Das Internet als Tatort wird auch in der Zukunft nur begrenzt kontrollierbar sein.“ Mit Wirtschaft, Forschung, Service-Providern und Wissenschaft wollen die Sicherheitsbehörden künftig intensiver zusammenarbeiten.

Der Katalog ist der erste umfassende Bericht über verschiedene Gefährdungen seit 1994. Neben Themen wie Terrorismus und Internet behandelt der Bericht auch die Integration von Muslimen, neue Bedrohungen aus dem extrem rechten Lagern bis hin zur Sicherheit bei Großveranstaltungen. Das Strategiepapier hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erarbeitet.

Wolfgang Bosbach, Innenexperte der Union, hat sich gegenüber der Tageschau bereits kritisch über die neuen Pläne geäußert. Er sehe derzeit keinen „gesetzgeberischen Handlungsbedarf“. Bevor man die Rechte des BKA ein weiteres Mal ausweite, müsse man zunächst einmal erste Erfahrungen mit dem neuen Gesetz abwarten.

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