Microsoft: kein natives Flash auf Windows Phone 7

Es wird keine Ausnahme für Adobe geben, Flash als native Applikation zu entwickeln. Entwickler müssen sich mit dem Managed-Code-SDK begnügen. Es erlaubt keinen Zugriff auf den Kompass und die Videokamera. Der Internetzugang ist stark eingeschränkt.

Microsoft hat Adobe keine Sondergenehmigung für die Entwicklung von Adobe Flash als native Applikation für Windows Phone 7 erteilt. Von einer solchen Ausnahme sei bei Microsoft nichts bekannt, sagte Frank Prengel, Technical Evangelist in der Developer Platform & Strategy Group, gestern im Gespräch mit ZDNet.

Damit dürften sich alle Hoffnungen auf Flash-Unterstützung in Windows Phone 7 innerhalb einiger Monate nach dem Erscheinen zerschlagen haben. Im Juni hatte Adobe-Evangelist Michael Chaize im Gespräch mit Blogger Tim Anderson erklärt, dass Flash innerhalb von „Monaten“ nach dem Release von Windows Phone 7 verfügbar sein werde, wobei „Monate“ weniger als ein Jahr bedeute. Chaizes Aussage verbreitete sich in den Medien wie ein Lauffeuer.

Theoretisch kann Adobe Komponenten wie Flash und AIR zu .NET-Code für Windows Phone 7 portieren. Ein solches Projekt innerhalb weniger Monate durchzuführen, gilt jedoch als unrealistisch. Hinzu kommt, dass neuere Flash-Versionen einen JIT-Compiler beinhalten. Selbst wenn die Portierung gelänge, könnte Adobe kein JIT-Kompilat auf einem Windows Phone 7 ausführen.

Ferner trat Prengel Gerüchten entgegen, Microsoft verbiete alternative Browser wie Firefox Mobile (Codename: Fennec) oder Opera Mobile. Es stehe jedem frei, einen eigenen Browser zu entwickeln. Das müsse jedoch unter den gegebenen Voraussetzungen erfolgen, sprich mit Managed Code.

Mozilla hat das Projekt „Fennec für Windows Phone 7“ auf Eis gelegt, da der Portierungsaufwand der bestehenden Codebasis zur .NET-Plattform zu hoch sei. Falls später ein Native Development Kit (NDK) erscheine, wolle man die Arbeit wieder aufnehmen.

Prengel bekräftigte die oft wiederholte Aussage von Microsoft, dass alle Entwickler Komponenten nur in Managed Code realisieren können. Dies seien HTML- und Javascript-Applikationen, .NET-Anwendungen auf der Basis von Silverlight sowie das von der Xbox bekannte XNA-Toolkit, das sicheren Zugang zu zahlreichen Funktionen der Grafikhardware inklusive 3D-Funktionen biete.

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Ausnahmen gebe es nur für die Hersteller von Mobiltelefonen und die Mobilfunkprovider. Die Hardwarehersteller müssten angemessen an der Treiberentwicklung beteiligt werden, um Stabilität und Performance sicherzustellen. Die Netzbetreiber erhielten nur einen eingeschränkten Zugang zu bestimmten APIs, um gewährleisten zu können, dass sich ein Smartphone mit Windows Phone 7 im Netz sauber verhalte und nicht etwa versuche, anderen Nutzern Bandbreite zu stehlen.

Das offizielle SDK für Windows Phone 7 bietet für viele Applikationen keine Zugriffsmöglichkeit auf die benötigten APIs. So haben Apps keinen Zugang zur integrierten Datenbank, zum Kompass, zur Video-Kamera und zu TCP- oder UDP-Sockets. Der Kompass ist beispielsweise für Augmented Reality erforderlich.

Die größten Einschränkungen ergeben sich jedoch durch die stark beschränkte Fähigkeit, mit dem Internet zu kommunizieren. Die fehlende Socket-Unterstützung erlaubt keine von außen initiierte Verbindung mit dem Telefon. Ferner lassen sich Anwendungen, die nicht URL-basiert arbeiten, gar nicht realisieren. Multiplayer-Games nutzen oft eine direkte Socket-Verbindung, um die Latenzzeiten gering zu halten. Sämtliche VoIP-Anwendungen nutzen UDP oder das kaum verbreitete SCTP.

VoIP-Telefonie über TCP – und damit auch über HTTP oder FTP – ist grundsätzlich unmöglich, da der TCP-Stack auf ein verlorenes oder verspätetes Paket zunächst wartet und es notfalls neu anfordert. Dieses Problem ließe sich nur durch ein Buffering von mehreren Sekunden lösen, was dazu führen würde, dass sich die Gesprächspartner nur mit einer großen Verzögerung hören.

VoIP-Anwendungen können ausschließlich von Microsoft selbst kommen, etwa für den Office Communications Server. Unabhängige Hersteller, beispielsweise Skype, haben keine Chance, an die benötigten APIs zu kommen.

Bei Microsoft ist man sich der Problematik durchaus bewusst. Allerdings sei auch die rechtzeitige Verfügbarkeit im Handel ein Feature. Man wolle ein Telefon anbieten, bei dem alle Funktionen sicher, stabil und performant zur Verfügung stehen. Mit Windows Phone 7 würden etwa 80 Prozent der Anwendungsfälle abgedeckt. Die restlichen 20 Prozent werde man später nachliefern. Auf einen Zeitplan, wann Datenbanknutzung oder Sockets in das API Einzug halten, will sich Microsoft nicht festlegen.

Prengel bestätigte ferner gegenüber ZDNet, dass das Basisbetriebssystem, das aus einer nicht näher erläuterte Mischung aus Windows CE 6.0 und 7.0 besteht, keine ACLs im Dateisystem beherrsche. Ohne dieses und andere Sicherheitsfeatures ist unmittelbar klar, warum Microsoft keinen nativen Zugang erlaubt. So könnte eine als App getarnte Malware jederzeit auf Kontakte, E-Mails und andere persönliche Daten zugreifen.

Für die Zukunft will Microsoft native Applikationen nicht grundsätzlich ausschließen. Bereits heute ist jedoch klar, dass dies mit dem derzeitigen Basisbetriebssystem nicht der Fall sein wird.

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5 Kommentare zu Microsoft: kein natives Flash auf Windows Phone 7

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  • Am 30. Juli 2010 um 13:56 von Aerni68

    Windows Phone 7 als Schuss in den Ofen?
    Einen schönen guten Tag zusammen!

    Wenn ich die aktuell kursierenden Einschränkungen bei Windows Phone 7 Revue passieren lasse, dann sehe ich nicht, wie mit dem Mobile-Betriebssystem irgendein Erfolg generiert werden könnte. Hatte man Apple mit seiner restriktiven Geräte-Politik inkl. ITunes-Zwang und Applikationen ausschließlich über den App-Store als Knebelung seitens des Herstellers empfunden, empfinde ich die Entwicklung bei Microsoft als noch dramatischer. Denn wo Apple zumindest punktuell eine Besserung aufweist (z.B. bei dem Thema Multitasking), biete Microsoft (noch) so gut wie nichts. Trotzdem leistet man sich die Arroganz, Software- & Hardware-Hersteller auf das Maximum zu behindern und zu knebeln. Zudem verzichtet man auf mittlerweile so gängige Features wie einen erweiterbaren Speicher. In solch einem Lichte erscheint mir – trotz aller architektonischen Kritik – Windows Mobile 6.5.3 als wohl die letzte Version aus Redmond, die ich nach bisherigen Nachrichtenstand auf meinem Mobil-Telefon dulden kann. Wenn ich mich schon einem Marketing-Modell unterwerfen muss, dann wähle ich zumindest jene Option, die sich schon mit einer gewissen Reife und Integration in ein Gesamtpaket schmücken kann. Hier ist Apple definitv weiter, auch wenn dort alles andere als Sympathie zum Vorschein kommt. Es scheint, als wenn Smartphones immer mehr als Startpunkt für eine autoritäre Produktpolitik anzusehen sind, wo individuelle Benutzer-Wünsche (z.B. bewusstes Verbinden mit öffentlichen Netzen / Internet, bedarfsgerechtes Erweitern von Speicher, Laden von Software aus Quellen fernab von Marketing-Kanälen usw.) keine Rolle zu spielen haben. Über die im Hintergrund ausgelesenen Informationen über Bewegungs- und Nutzungsdaten von Smartphone-Nutzern gehe ich hier gar nicht erst ein. Da erscheinen mittlerweile proprietäre Betriebssysteme von klassischen Handy-Betriebssystemen (ich nenne hier einfach mal das A200-Betriebssystem von Sony-Ericsson –> z.B. Handy W995) mit höheren Freiheitsgraden im Vergleich zu solchen Systemen für Smartphones (…wie Windows Phone 7). Das ist einerseits eine merkwürdig interessante Entwicklung und irgendwie auch ziemlich bedenklich. Ich hoffe, dass die Entwickler solch autoritärer Mobile-Plattformen bald von jenen Usern in Masse abgestraft werden, die sich eben nicht vorschreiben lassen wollen, ob und wann sie Speicherkarten nutzen oder aber bewusst mit dem Internet verbunden sein wollen.

    Aerni68

    • Am 30. Juli 2010 um 16:32 von schulte

      AW: Windows Phone 7 als Schuss in den Ofen?
      Jupp!
      Da kann man sich nur anschließen!

      Ich werde mir die schöne neue Welt nicht mit der Aufgabe meiner Privatsphäre und meiner informellen Selbstbestimmung erkaufen. Da können die Apps noch so bunt sein sein.

      Dann lieber zurück zum guten alten Candybar-Modell

      Gruß

      schulte

  • Am 31. Juli 2010 um 9:38 von Dr. Pentium

    Schuss ins Knie
    Es ist unglaublich, was Microsoft hier veranstaltet. Da versinkt Windows Mobile gerade in der Bedeutungslosigkeit und dann werfen sie ein halbfertiges Betriebssystem auf den Markt, da Beschränkungen, wie im schlimmsten Kommunismus aufweist.

    Es würde kein Autohersteller auf die Idee kommen, ein Fahrzeug auf den Markt zu werfen, bei dem man z.B. nur mit Anzug und Sakko fahren darf. Oder ein Fahrzeug auszuliefern, bei dem nur der Sitz für den Fahrer montiert ist, und zu argumentieren, dass man den Rest nachliefere, die derzeitige Beschränkung aber der Sicherheit diene.

  • Am 31. Juli 2010 um 19:05 von Martin

    JIT
    Das Argument mit JIT ist selten dämlich, da alles was auf .NET basiert ja bereits ge-JIT-ed wird. Das wäre nur eine ByteCode Konvertierung, was vermutlich geringfügige Performance einschränkungen hätte. Da aber dafür die nativen APIs gezwungener Maßen verwendet werden dürfte das nicht das Problem sein.

    Aber Flash hat im Mobilen bereich ohnehin nichts zu suchen. Bei Videos ist eine richtige Integration vorzuziehen, und Spiele und co. funktionieren dank fehlender Tastatur ohnehin nicht richtig. Was am warscheinlichsten scheint ist das WP7 einfach ins Flash SDK integriert wird und somit direkt .NET Code erzeugt wird.

  • Am 2. August 2010 um 13:36 von Ettore Atalan

    Typisch Microsoft
    Microsoft trumpft mal wieder beim Beschränken der Funktionen für den Nutzer auf.

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