Filesharing: Logistep unterliegt Schweizer Datenschutzbeauftragtem vor Gericht

In der Schweiz sind IP-Adressen eindeutig Personendaten und fallen so unter das Datenschutzgesetz. Private Unternehmen dürfen daher nicht heimlich IP-Adressen ausforschen. Genau dies tut die Software der Logistep AG aber.

Der oberste Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) Hanspeter Thür hat sich im zweiten Anlauf vor dem Bundesverwaltungsgericht der Schweiz gegen die Logistep AG durchgesetzt. Die schweizerische Firma entwickelt Technologien zur Aufdeckung von Produktpiraterie und wendet sie im Auftrag der jeweiligen Rechteinhaber an.

Nach Angaben des Unternehmens ging es vor Gericht um die Frage, ob Logistep mit einer selbstentwickelten Spezialsoftware Urheberrechtsverstöße in Internet-Tauschbörsen durch Erfassen von IP-Adressen beweissicher protokollieren darf. Dies verneinte das Schweizer Gericht. Der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte dagegen in einem Urteil vom 12. Mai 2010 (Aktenzeichen I ZR 121/08) durch die Logistep AG gesammelte Daten als beweiskräftig anerkannt.

Der EDÖB sieht in dem Urteil die Bestätigung dafür, dass in der Schweiz IP-Adressen eindeutig Personendaten sind und so unter das Datenschutzgesetz (DSG) fallen. Weiter erachte es das höchste Gericht als unzulässig, wenn private Unternehmen heimlich IP-Adressen ausforschen, da dafür ein ausreichender Rechtfertigungsgrund fehle. Logistep dürfe ab sofort keine Daten mehr sammeln und weitergeben. Sie müsse also jede Datenbearbeitung im Bereich des Urheberrechts einstellen.

Der EDÖB weist aber auch darauf hin, dass der heutige Entscheid niemanden schütze, der gegen das Gesetz verstößt: „Selbstverständlich sollen Urheberrechtsverletzungen im Internet geahndet werden können, das DSG schützt keine illegalen Taten. Die Verfolgung muss aber gesetzeskonform ausgestaltet sein, und mit dem vorliegenden Entscheid hat das Bundesgericht eine klare Grenze gesetzt gegen die willkürliche Ausforschung der Privatsphäre im Internet.“

„Die Arbeit von Logistep wird zum Beispiel in den USA, Deutschland, Frankreich, England, Polen, Russland, Schweden und vielen anderen Ländern anerkannt. Für die Logistep AG ist es daher unproblematisch, ihre Arbeit an einem anderen Standort wie gehabt fortzusetzen. In der Schweiz ist die Arbeit, die die Firma Logistep bisher verrichtet hat, zwar Privatunternehmen künftig untersagt, das bedeutet aber aus unserer Sicht, dass nun Behörden mit den gleichen technischen Mitteln diese Arbeit übernehmen müssen“, sagte Vorstand-Logistep Richard M. Schneider. Andernfalls drohe eine massive und unkontrollierte illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte in der Schweiz, die so zu einer Art rechtsfreiem Raum werde.

Die Logistep-Software File Sharing Monitor dokumentiert, über welche Internetanschlüsse bestimmte, mit urheberrechtlich geschützten Inhalten versehene Dateien im Internet zum kostenlosen Download angeboten werden. Entdeckt es ein Angebot in einer Tauschbörse, lädt das Programm Teile der Datei herunter und speichert die Daten des Anbieters.

Zu den gespeicherten Daten gehört neben der IP-Adresse, die die Teilnehmer von Internettauschbörsen freiwillig offenbaren, auch der Hash-Wert der angebotenen Datei. Erfasst werden unter anderem IP-Adresse, Datum mit Uhrzeit, die P2P-Software, mit der die Datei angeboten beziehungsweise heruntergeladen wurde, die Dateigröße und der Hash-Wert sowie Provider und der jeweilige Einwahl-Knotenpunkt.

Der EDÖB hatte im Januar 2008 die Art der Recherche durch Logistep nach Urheberrechtsverletzungen im Internet beanstandet. Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht war jedoch der Auffassung, dass die Logistep AG ihre Recherchen in der bisher geübten Weise fortführen darf (PDF des Urteils). In der aktuellen, erfolgreichen Beschwerde des EDÖB gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ging es in erster Linie um die Frage, wann ein Verstoß gegen die im Schweizer Datenschutzgesetz niedergelegten Grundsätze der Datenbearbeitung gegeben ist und unter welchen Voraussetzungen es statthaft ist, wenn Rechtsgüter – im konkreten Fall Urheberrechte und Persönlichkeitsrechte – gegeneinander abgewogen werden.

Themenseiten: Business, Gerichtsurteil, Internet, Urheberrecht

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