Warum wir noch eine Zwangsabgabe auf PCs brauchen

Google ist mächtig. Den Zeitungsverlegern ist es jetzt sogar zu mächtig. Die bedrängten Verlage wie Springer und Burda fordern jetzt eine Abgabe auf jeden verkauften PC, um das deutsche Pressewesen vor dem Ruin zu retten.

Google ist mächtig. Den Zeitungsverlegern ist es jetzt sogar zu mächtig. Die bedrängten Verlage wie Springer und Burda fordern jetzt eine Abgabe auf jeden verkauften PC, um das deutsche Pressewesen vor dem Ruin zu retten.

1,5 Milliarden Euro stecke sich Google vom Online-Werbekuchen ein. Den Zeitungsverlagen blieben nur 200 Millionen, obwohl sie angeblich den gesamten Content für Google liefern.

Das ist natürlich falsch: Das Internet ist größer als die Presse, viel größer sogar. Wer eine Google-Websuche zu einem Thema durchführt, sieht, dass in den Ergebnislisten oft gar keine klassischen Presseprodukte auftauchen. Wer das nicht glaubt, kann das mit dem Alltagsbegriff „Kochrezepte“ einmal ausprobieren. Selbst der Begriff „Angela Merkel“ führt oberhalb der dediziert aufgeführten News-Ergebnisse zu keinem einzigen Presseprodukt.

Google News hat nur einen verschwindend kleinen Anteil am Gesamtumsatz. Schaut man sich einmal die Statements von Hubert Burda und Axel-Springer-Marketingchef Peter Würtenberger an, dann scheinen die beiden zu glauben, das World Wide Web bestehe nur aus Zeitungsartikeln. Soziale Netzwerke, Online-Shops, Preisvergleichsmaschinen, Produktbewertungsportale, Urlaubsfotos und „Killerspiele“ wie Moorhuhn kommen in ihrer Sicht der Dinge nicht vor.

Diese Froschperspektive ist bezeichnend. Jeder sieht nur einen Teil des Ganzen. Franz Müntefering soll das Internet als Portokosten-Spartrick sehen. „Zensursula“ hält das Internet eher für einen allgemeinen „Quell des Bösen“ und eine Gefahr für unsere Kinder. Wenn Hubert Burda, „Zensursula“ und Sparfuchs Münte über das Internet diskutierten, redeten sie zwangsläufig aneinander vorbei. Jeder hat eine völlig andere realitätsfremde Sicht. Deswegen muss alles, was nicht ins eigene Bild passt, per Gesetz und Zwangsabgabe unterbunden werden. Das wäre eine schöne neue Welt.

Für die Verleger ist Google News natürlich Teufelswerk. Ohne Google würde jeder, der verschiedene Meinungen zu einem Thema einholen will, direkt auf Bild, Bunte, Spiegel oder Focus surfen. Niemand käme auf die Idee, eine Website zu besuchen, die Gulli.de heißt. Solche Sites tauchen dummerweise bei Google News immer öfter auf. Es geht nicht nur um Werbeeinnahmen, sondern um den Verlust eines Meinungsoligopols, das nach Ansicht der Verleger durch taz und Emma schon genug gelitten hat. Nur bei der FAZ scheint man sich nicht ganz einig zu sein. Sie lässt Hubert Burda
verlauten, was er von Google hält, verreißt ihn aber später in einem Blog. Das ist gelebte Trennung von Redaktionen und Verlag.

Zurück zu den akuten Gefahren für Burda und Springer. Dazu gehören auch Dinge wie Twitter und soziale Netzwerke. Wahlergebnisse sind längst bekannt, bevor sie offiziell verkündet werden. In den Communities von Jappy über Facebook und StudiVZ bis hin zu Xing werden Meinungen nicht nur konsumiert, sondern durch Diskussion gebildet. Netzpolitik.org und Gulli.de werden dort als zuverlässige Newsquellen genannt. Bild, Spiegel und FAZ müssen Kritik einstecken.

Die Zwangsabgabe für jeden verkauften PC ist in den Augen der Verleger daher genau das Richtige. Die wird einfach nach Visits und Klicks verteilt, bestenfalls noch nach Anzahl der Zeichen. Inhalte zählen nicht mehr. Man kann schreiben, was man will. Die Top-Meldung „Der Geist von Michael Jackson sprach mit Uri Geller“ bringt ganz ohne den Aufwand, Werbekunden akquirieren zu müssen, mehr Einnahmen als ein mühsam recherchierter Bericht über die Interna von Windows 7.

Wieso zerstört diese Internetgeneration auch mutwillig und absichtlich das etablierte deutsche Pressewesen? Das sind doch alles Cyberterroristen. Jetzt schlägt die Presse zurück: Geht es nach dem Willen von Burda und Springer, sollen diese Digital Natives mit jedem Kauf eines Computers ab sofort für ihre abscheulichen Taten in Form eines Presse-Solis büßen.

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Neueste Kommentare 

7 Kommentare zu Warum wir noch eine Zwangsabgabe auf PCs brauchen

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  • Am 6. Juli 2009 um 9:02 von Norbert Jaschinski

    Abgabe auf PCs an Zeitungsverlage
    Besser kann man die von Gier geprägten Vorschläge des Herrn Burd und des Springer Verlages nicht kommentieren.
    Man kann nur hoffen, dass die Piratenpartei mindestens so stark wird wie in Schweden.

  • Am 6. Juli 2009 um 12:35 von Frank R.

    Noch mehr Zwangsabgaben auf Rechnern
    Hallo es grüsst schon das große Sommerloch oder ist es die Hitze ?

    Gehen Euch jetzt schon die Artikel und Ideen aus ?

    Der PC-Normalkunde hat sowieso schon viele unfreiwillige Gebühren beim Kauf

    eines Rechners zu tragen. Zudem kann man nicht davon ausgehen,

    das jeder Computer zum rumsurfen eingesetzt wird.

    Ich finde das jede Zeitung oder jeder Anbieter, der/die etwas ohne eine

    Zugangskennung im Internet "umsonst" anbieten, das Recht auf eine

    Bezahlung des Angebotes auch "verwirkt" hat !

    Wer Geld mit dem Internet verdienen will oder muß kann auch vernünftige

    Abrechnungsmechanismen, die es heute schon gibt, auch einsetzen.

    Einen schönen Tag noch

    Frank R.

    Kontakt: reinixx@freenet.de oder http://www.linux-in-heidenheim.de

  • Am 9. Juli 2009 um 19:41 von Martin

    Abgabe auf PCs
    Hallo,

    das Ganze erinnert mich an die Zwangsabgabe auf Fernseher zur Finanzierung des Fußballs.

    Dummheit, Inkompetenz gemischt mit Gier und Arroganz. Aber was will man eigentlich von einer Gesellschaft erwarten, die seit Jahrzehnten rücksichtslose Ausbeutung als höchsten Wert propagiert.

    Jedes Volk bekommt die Arschlöcher, die es verdient.

    Grüße
    Martin

  • Am 15. Juli 2009 um 15:07 von Christoph

    Beteiligung an Google-Umsätzen über Zwangsabgabe?
    Ich verstehe nicht ganz, wie die Verleger über eine PC-Zwangsabgabe an den Google-Umsätzen beteiligt werden sollen. Schließlich wird die Mehrzahl der PCs ja nicht von Google gekauft.

    Und wenn das Geschäftsmodell der Verleger im Internet nicht funktioniert, müssen sie halt ein anderes aufbauen oder ihr Internetangebot zurücknehmen. Oder soll das jetzt eine zweite GEZ werden? Im Sinne von: Vollkommen egal, ob Du Dir das Fernsehprogramm an Deinem Arbeitsplatz ansiehst oder nicht, zahlen musst Du trotzdem.

    Wenn das funktionieren sollte, mach ich auch bald eine Webseite auf und stell irgend welches Zeugs frei zugänglich ins Internet und fordere dann eine Zwangsabgabe zu meinen Gunsten. Schließlich ist’s ja eine Sauerei, wenn Leute mein geistiges Eigentum einfach konsumieren, ohne dafür zu bezahlen!

  • Am 6. August 2009 um 22:32 von Dirk

    Was ???
    Eine Frechheit ist das.Was kann der PC-Käufer dafür, dass Google so viel Geld einstreicht? Wieso soll der User bestraft werden? Es ist wohl eher so, dass das Zeitungswesen geschlafen hat und nun andere das Geschäft machen.

  • Am 4. September 2009 um 11:47 von Starmanager

    Immer aus der Tasche des Konsumenten
    Liebe Zeitungsverleger,

    wer gut ist macht gutes Geld. Zeitungen waren gut bis sie vom Internet ueberholt worden sind. Es gilt noch immer das Sprichwort: Qualitaet und der Preis machen die Musik. Nicht nur dass die Zeitungen unverhaeltnismaessig teuer geworden sind, besser wurden nur einige Wenige und die waren vorher schon gut und werden witerhin gelesen bzw gekauft…

    Wenn Sie mehr Geld verdienen moechten muessen Sie Sich mehr einfallen lassen. Wir sind nicht mehr im 19. Jahrhundert. Willkommen in der Zukunft meine Herren Vorstaende.

    MFG

    Starmanager

  • Am 16. März 2010 um 19:44 von ednetz

    GEZ übertreibt auch gerne
    Ich finde, dass die GEZ und damit auch die Musikindustrie sich langsam auf ihr Kerngeschäft konzentrieren sollte.

    Ich finde es eine Frechheit, dass für jede CD eine Abgabe an die Musikindustrie fällig ist und dass ich für jede Daten-Sicherung eine Absage zahlen muss.

    Jetzt mit dem Internet geht es einfach zu weit.

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