Strategien zur Bewältigung des Applikations-Wildwuchses

Laut einer Umfrage geben deutsche Unternehmen in Europa am meisten Geld für nutzlose Anwendungen aus. Schuld sind scheinbar die Fachabteilungen. Neue Lösungsansätze - etwa Cloud Computing - werden nur zögerlich angenommen.

Der unkontrollierte Zuwachs von Software-Applikationen ist in europäischen Unternehmen ein erhebliches Problem für die IT-Abteilung, so lautet kurz gefasst das Ergebnis einer Umfrage von Coleman Parkes Research im Auftrag von Hewlett-Packard unter 500 CIOs in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und den Skandinavien. Die wachsende Anzahl an Anwendungen bindet laut den Befragten zunehmend Budgets und Personal für Verwaltung und Wartung.

Für 74 Prozent der befragten CIOs ist Applikations-Wildwuchs ein großes Problem. Vor allem da aus ihrer Sicht bis zu 15 Prozent der Anwendungen nur geringen oder gar keinen Geschäftsnutzen bieten. Im Schnitt geben die Unternehmen 5,8 Prozent ihres IT-Budgets für den Betrieb und die Wartung solcher als unnütz eingestufter Anwendungen aus. Umgerechnet auf die durchschnittlichen IT-Ausgaben von Unternehmen in Westeuropa entspricht das einer jährlichen Verschwendung von über 12 Milliarden Euro.

In deutschen Unternehmen ist der Anteil an den Ausgaben für nutzlose Anwendungen mit durchschnittlich 6 Prozent im europäischen Vergleich am größten. Aber mit 79 Prozent ist auch der Anteil der CIOs, die sich der Problematik bewusst sind, in deutschen Firmen am höchsten.

Der hierzulande erzielte Umsatz mit Cloud Computing soll bis 2015 im Schnitt jährlich um 48 Prozent wachsen (Bild: Bitkom).
Der hierzulande erzielte Umsatz mit Cloud Computing soll bis 2015 im Schnitt jährlich um 48 Prozent wachsen (Bild: Bitkom).

„Alle Anwendungen im Unternehmen gehören auf den Prüfstand – es gilt, den Geschäftswert jeder einzelnen Applikation zu identifizieren und unnötige oder redundante Anwendungen abzuschalten“, sagt Robert Wende, der bei Hewlett-Packard den Bereich Applications Transformation and Integration Services in der Region DACH leitet. „Dabei muss man aber mit internen Widerständen rechnen. Die Weichen für die Applikations-Konsolidierung müssen deshalb von der Geschäftsführung eines Unternehmens gestellt werden.“

Was die Modernisierung verhindert

Bei der Modernisierung des Applikationsportfolios sind der Umfrage zufolge in fast der Hälfte der deutschen Firmen die Fachabteilungen die Bremser: Sie befürchten, dass dies technische Veränderungen mit sich bringt, die sich nachteilig auf den Geschäftsablauf auswirken. Welche das sind, wurde leider nicht abgefragt, es liegt aber nahe, dass die Anwender aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit vor allem befürchten, dass die Umstellung nicht so reibungslos verläuft, wie ihr das versprochen wird.

Die Lücke zwischen Business und IT-Abteilung zeigt sich in der Umfrage auch noch an Hand der Antworten auf andere Fragen. So geben zwar über 90 Prozent der Befragten ITler an, einen guten oder zumindest ausreichenden Einblick in die Ausgaben für Applikationen im Unternehmen zu haben, aber offensichtlich ist Einblick nicht mit Entscheidungsbefugnis gleichzusetzen: Denn fast ein Drittel gibt an, dass bei ihnen nicht das meiste Geld auch für die wichtigsten Anwendungen ausgegeben wird. Oder andersherum gesagt: Aus Sicht der IT wird in jedem dritten Unternehmen zu viel Geld in unwichtige Anwendungen investiert.

Interessant sind auch die Strategien, die IT-Leiter verfolgen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Etwas über zwei Drittel der Befragten erhofft sich in erster Linie durch Automatisierung Kosteneinsparungen bei der Verwaltung des Anwendungszoos zu erreichen. Ungefähr gleich viele sehen SOA als geeignetes Mittel, um die von den Fachabteilungen geforderten Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu erreichen.

Pläne für die Cloud

Knapp über die Hälfte sehen flexiblere Verträge mit Dienstleistern für das Applikationsmanagement als Lösung an. Und nur ein Drittel der deutschen Befragten glaubt, dass sich das Problem demnächst durch den Wechsel von lizenzbasierender zu cloudbasierender Softwarenutzung lösen lässt. Interessant ist, dass dieser Wert in Deutschland zwischen 7 Prozent (Frankreich) und 16 (Italien) Prozent unter dem der anderen europäischen Länder liegt.

Etwas größer ist die Bereitschaft deutscher Firmen, ihre maßgeschneiderten eigenen Anwendungen gegen standardisierte, cloudbasierende auszutauschen. Hierzulande können sich den Schritt 32 Prozent vorstellen, 4 Prozent haben ihn fest eingeplant. Nur für 12 Prozent kommt er überhaupt nicht in Frage. Nur in Italien (8 Prozent) zählen noch weniger zu dieser Gruppe, dagegen lehnen dieses Vorgehen jeweils rund ein Drittel der Befragten in Großbritannien und Skandinavien komplett ab.

Andererseits überlegen in Deutschland (37 Prozent) weniger als in den meisten anderen Ländern, in absehbarer Zukunft zweitrangige Anwendungen in die Cloud zu verlagern. In diesem Punkt sind nur die Franzosen (42 Prozent) ähnlich zurückhaltend. In Großbritannien (52 Prozent), Italien (55 Prozent) und Skandinavien (55 Prozent) ist das jeweils für über die Hälfte eine denkbare Option.

Auch bei Web-2.0-Strategien scheinen sich deutsche Firmen zurückzuhalten. Während über die Hälfte der Befragten in Frankreich und Italien die kontrollierte Einführung von Web-2.0 und Social Networking in ihren Firmen als eine ihrer wichtigsten Sorgen bezeichnen, sind es in Deutschland gerade einmal 30 Prozent.

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