Deutsche KI-Nutzer neigen stärker zu Arglosigkeit

Laut EY-Studie checkt nur jeder Vierte die Resultate seiner KI-Tools gegen. In vielen anderen Ländern ist der Vergleichswert höher.

Grundsätzlich finden acht von zehn deutschen Nutzerinnen und Nutzern von Künstlicher Intelligenz (KI), dass Anwendungen aus diesem Bereich ihre Bedürfnisse genau verstehen. Damit belegen die Befragten hierzulande im internationalen Vergleich den Spitzenplatz in dieser Kategorie.

Ähnlich hohe Zustimmungswerte wie in der Bundesrepublik gibt es auch unter den Menschen in Japan und Schweden (jeweils 77 Prozent) sowie in Brasilien (76 Prozent). Nutzerinnen und Nutzer in Südkorea (61 Prozent) und Indien (67 Prozent) bewerten die KI-Umsetzungen ihrer Anfragen dagegen deutlich schlechter. Dies sind Ergebnisse einer Studie der Unternehmensberatung EY, für die mehr als 15.000 Menschen in 15 Ländern befragt wurden – gut 1.000 davon in Deutschland.

Arglosigkeit

Nur etwas mehr als ein Viertel der Befragten (27 Prozent) hierzulande sagt, dass sie die Ergebnisse, die die KI für sie generiert – ob Texte, Bilder oder Übersetzungen – gegenchecken. Im weltweiten Vergleich (31 Prozent) ist dies ein unterdurchschnittlicher Wert. Deutlich höher ist dieser bei Menschen in Südkorea (42 Prozent), China und Indien (jeweils 40 Prozent). Nutzerinnen und Nutzer in Frankreich und Schweden (jeweils 23 Prozent) überprüfen die generierten Endprodukte dagegen noch seltener als User in Deutschland.

„Der Anteil der KI-Nutzerinnen und -Nutzer ist in den vergangenen Monaten rasant gestiegen, vor allem im Bereich der Text- und Bild-Erstellung. Bei alltäglichen Anwendungen erleben immer mehr Menschen KI als ein nützliches Werkzeug, ob privat oder beruflich“, sagt David Alich, Partner bei EY in Deutschland und AI-Lead für die Region Europe West. „Wie bei allen jeder neuen Technologie muss man deren Einsatz aber trainieren. Andernfalls birgt diese Technologie auch Herausforderungen, denn die KI-generierten Ergebnisse sind oft gut, aber beileibe nicht perfekt. Es braucht meistens eine Überprüfung und eine Überarbeitung – eine menschliche Kontrollinstanz.“

Blindes Vertrauen in Inhalte, ob selbst erstellt oder im Internet konsumiert, berge Gefahren, so Alich weiter: Dass nur jede und jeder Vierte die KI-Ergebnisse überprüft, sollte ein Weckruf sein und spreche für einen zu sorglosen Umgang mit der Technologie, der gerade im beruflichen Umfeld schwerwiegende Folgen haben kann – für Anwender selbst, aber auch ihre Arbeitgeber.

Zudem zeige es sich, dass nur eine geringe Anzahl an KI-Nutzerinnen und -Nutzern bereit ist, das zu überarbeiten, was die KI ihnen generiert hat: In Deutschland sagt dies nur gut jede und jeder Siebte der Befragten (15 Prozent) – weniger als im weltweiten Vergleich (19 Prozent). Zum Vergleich: In China und Indien (jeweils 32 Prozent) stecken Nutzerinnen und Nutzer deutlich mehr Arbeit in den Feinschliff KI-generierter Texte, Fotos und Co. Befragte in Frankreich (12 Prozent), Großbritannien und Japan (jeweils 13 Prozent) bearbeiten die Endprodukte von KI-Inhalten noch seltener als die Menschen in Deutschland.

Sorgen vor KI-generierten Fake News

Sorgen bereitet der Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer allerdings die Desinformation, die durch KI erzeugt und gestreut werden kann, beispielsweise in Form von Deep Fakes. Sieben von zehn Befragten (70 Prozent) in Deutschland sagen, dass sie sich hierüber Sorgen machen – etwas weniger als der internationale Durchschnitt von 75 Prozent.

Laut Alich hat Europa, nicht zuletzt wegen des vielbeachteten EU AI Acts, aktuell eine Vorreiterrolle bei der KI-Regulatorik inne – muss aber gleichzeitig darauf achten, dass die Technologieunternehmen in Europa durch einen zu engen Vorgabenkäfig gegenüber der internationalen Konkurrenz – vor allem aus den USA und China – nicht weiter ins Hintertreffen geraten: „Es braucht klare Richtlinien und Standards für den Einsatz von KI, die die Sicherheit, Transparenz und Ethik von KI-Anwendungen gewährleisten. ,Safety first‘ darf aber nicht dazu führen, dass Tech-Startups und -Unternehmen aus Europa den Anschluss an die Konkurrenz verlieren.“

Denn Fakt sei, so Alich weiter: Man habe ausgesprochen kluge Köpfe auf dem Kontinent, die an zahlreichen interessanten und vielversprechenden Anwendungen aus dem KI-Bereich arbeiten und das Potenzial haben, die Entwicklung dieser Technologie auch in Europa zu prägen. Sollte dies nicht passieren und der Standort Europa erneut in ein technologisches Abhängigkeitsverhältnis geraten, wäre dies ein fatales Signal für die Wirtschaft und die Menschen des Kontinents.

Themenseiten: Deep Fakes, KI, KI-Bots

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