In Deutschlands Chefetagen mangelt es an ausreichender Kompetenz im Bereich generativer Künstlicher Intelligenz (GenKI). Zwei Drittel der Führungskräfte gehen selbstkritisch davon aus, dass Entscheider ohne fundiertes KI-Verständnis mittelfristig aus der Leitungsebene verdrängt werden. Zudem erwarten 52 Prozent, dass künftig vor allem vollständig auf generativer KI basierende Geschäftsmodelle dominieren werden.
Gleichzeitig nutzen heute erst 20 Prozent der deutschen Unternehmen GenKI tatsächlich unternehmensweit – meist fehlt es aber an Kompetenz auf der obersten Führungsebene. Das ergibt eine Studie, die die Unternehmensberatung Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut erstellt haben.
GenKI-basierte Geschäftsmodelle
Die Bedeutung umfassender GenKI-Kompetenz in den Chefetagen unterstreicht Michael Buttkus von Sopra Steria: „Unternehmen, die GenKI als strategisches Instrument einsetzen wollen, brauchen auf der Entscheider-Ebene nicht nur visionäre Führungskräfte, sondern vor allem ein tiefgehendes Verständnis der Technologie und ihrer Wirkung auf Geschäftsmodelle.“
Nur eine Minderheit der befragten Entscheiderinnen und Entscheider geht davon aus, dass sich die strategischen Elemente des aktuellen Geschäftsmodells in ihrem Unternehmen gar nicht ändern werden. 52 Prozent der Unternehmen, die heute GenKI nutzen, schätzen zudem, dass es in Zukunft sogar vor allem neue, vollständig auf generativer KI basierende Geschäftsmodelle geben wird, so die Studie.
Für diesen Game-Changer-Effekt und die entsprechenden Weichenstellungen benötigen die Unternehmen fundierte Kompetenz auf der Management-Ebene: „Entscheiderinnen und Entscheider bewilligen in den kommenden Jahren GenKI-Investitionen in Milliardenhöhe. Sie sollten bewerten können, welche Anwendungen den größten Return on Investment bieten und welche Auswirkungen die Technologie auf das eigene Geschäft hat, positiv wie negativ. Und: Als Vorstand sollte man GenKI auch selbst erleben, im Sinne von selbst ausprobieren, um eine Überzeugung zu entwickeln”, so Michael Buttkus.
ChatGPT-Schulungen nur der Anfang
Der nötige Kompetenzaufbau in den Chefetagen geht allerdings weit über punktuelle Schulungen hinaus. „Wer GenKI erfolgreich einsetzen möchte, braucht neben technologischem Wissen vor allem ein strategisches Mindset“, erläutert Michael Buttkus. Derzeit setzen lediglich 26 Prozent der befragten Unternehmen GenKI explizit auf Vorstandsebene ein – ein Indiz dafür, dass noch zu oft lediglich operativ und zu wenig strategisch gehandelt wird.
Die Studienergebnisse zeigen, dass 91 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich das gesamte Personalmanagement, insbesondere das Wissensmanagement, durch GenKI verändern wird. Das erfordert einen tiefgreifenden Wandel in der Personalpolitik auf Führungsebene. Um die nötigen Kompetenzen aufzubauen und dauerhaft zu etablieren, sollten Unternehmen gezielt neue Governance-Strukturen und beratende Gremien schaffen, in denen internes und externes GenKI-Know-how gebündelt und direkt in die Vorstandsetagen getragen wird.
Eine fundierte GenKI-Kompetenz der Topentscheider beeinflusst unmittelbar den Erfolg der gesamten Organisation, so die Studie weiter. Dies zeige sich vor allem in diesen vier Punkten:
1. Bessere strategische Entscheidungen: Führungskräfte, die Potenziale und Risiken von GenKI-Technologien selbst verstehen, können strategische Weichenstellungen präziser und mutiger vornehmen.
2. Schnellere Skalierung von Innovationen: Nur Vorstände mit tiefgehendem GenKI-Verständnis können erkennen, welche Pilotprojekte erfolgversprechend sind, und diese konsequent skalieren.
3. Veränderung von Geschäftsmodellen: GenKI verändert Wertschöpfungsketten radikal. Führungskräfte müssen daher in der Lage sein, nicht nur Prozesse zu optimieren, sondern auch komplett neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
4. Kultur und Recruiting: Führungskräfte mit GenKI-Know-how ziehen passende Talente an und fördern eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur.
Die Studie
Der Marktforscher F.A.Z. Business Media | research hat im Herbst 2024 im Auftrag von Sopra Steria insgesamt 189 Entscheiderinnen und Entscheider aus Unternehmen in Deutschland online befragt.
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