Geht es um den allgemeinen Frauenanteil unter den Beschäftigten deutscher Unternehmen, sind in 64 Prozent der Unternehmen weniger als die Hälfte weiblich. Weitere 19 Prozent haben etwa gleiche Anteile von Frauen und Männern in der Belegschaft. Weitere 15 Prozent mehr Frauen als Männer. Das sind Ergebnisse einer Studie des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 600 Unternehmen aller Branchen befragt wurden.
Doch es kommt noch dicker. In IT- und Digitalberufen innerhalb der Unternehmen, also zum Beispiel in der IT-Administration oder Softwareentwicklung, aber auch in Abteilungen für digitale Transformation oder Künstliche Intelligenz beschäftigt laut Befragung keines der befragten Unternehmen (0 Prozent) mehr Frauen als Männer. Im Gegenteil: Mit 94 Prozent sind in fast allen deutschen Unternehmen weniger als die Hälfte der IT- und Digitalstellen weiblich besetzt. In weiteren 4 Prozent ist der Geschlechteranteil in diesen Berufen etwa gleich.
Recruiting
Dabei wünscht sich die Wirtschaft durchaus mehr Frauen in diesen Bereichen: Insgesamt 37 Prozent der befragten Unternehmen haben sich interne Ziele gesteckt, um den Frauenanteil speziell in den IT- und Digitalberufen zu erhöhen. Dabei haben 2 Prozent solche Ziele bereits erreicht, weitere 5 Prozent haben konkrete Ziele mit Zeitplan definiert und 30 Prozent haben entsprechende Ziele allgemein gesetzt. Weitere 9 Prozent der Befragten planen derzeit interne Ziele für mehr Frauen in IT- und Digitalberufen, weitere 13 Prozent diskutieren es.
Andererseits sind solche Ziele für 38 Prozent der Unternehmen kein Thema. Als Gründe, bisher keine Ziele verankert zu haben, geben die meisten dieser Unternehmen an, nicht genügend qualifizierte Bewerberinnen zu haben (68 Prozent) oder andere Prioritäten zu setzen (61 Prozent).
„Frauen bringen neue Perspektiven und andere Erfahrungen in Unternehmen ein. Diese Vielfalt stärkt nicht nur technologische Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Mehr Frauen für IT- und Digitalberufe zu gewinnen, ist auch eine Frage der Teilhabe und gleichberechtigten Mitgestaltung der Digitalisierung“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Um tatsächlich mehr Frauen speziell für IT- und Digitalberufe zu gewinnen, setzt eine Mehrheit von 60 Prozent der Unternehmen gezielte Recruiting-Maßnahmen ein, so die Umfrage weiter. Am weitesten verbreitet sind demnach Kooperationen mit Hochschulen und Schulen, die 24 Prozent der Unternehmen bereits pflegen, um Frauen für IT- und Digitalberufe zu gewinnen. 19 Prozent bieten spezielle Einstiegsprogramme wie Traineeships an. 16 Prozent sind auf frauenspezifischen Karriereevents oder -messen aktiv, 15 Prozent nutzen auf Frauen zugeschnittene Werbe- beziehungsweise Social-Media-Kampagnen.
Hürden
Die Gründe, warum der Frauenanteil in den IT- und Digitalberufen nicht höher ist, sind aus Sicht der Wirtschaft vielfältig und oft liegt es auch an den Unternehmen selbst: 59 Prozent der befragten Unternehmen sehen Hürden beim Wiedereinstieg als Grund, wie fehlende Weiterbildungen während der Elternzeit, 53 Prozent traditionelle Rollenbilder in den Unternehmen, 52 Prozent fehlende Netzwerke für Frauen. Gleichzeitig sagt auch die Hälfte (50 Prozent), eine männlich geprägte Kultur in IT- und Digitalberufen schrecke Frauen ab.
So sagen zum Beispiel zwar einerseits über zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen, IT- und Digitalberufe müssten für Frauen attraktiver werden, andererseits sind aber auch 39 Prozent der Meinung, Männer seien für IT- und Digitalberufe grundsätzlich besser geeignet. „Wer einem solchen Irrglauben nachhängt, muss sich über den Fachkräftemangel nicht wundern. Digitalisierung und IT kennen kein Geschlecht“, so Rohleder. „Frauen sollten sich nicht von Stereotypen aufhalten lassen, sondern die Karrierechancen in diesen Zukunftsberufen bewusst für sich nutzen.“
Aber auch im Bereich der Politik sowie bei den Frauen selbst werden Gründe für den geringen Anteil verortet. Die Hälfte (50 Prozent) der Befragten sieht eine ungenügende Qualifizierung von Bewerberinnen als Grund, 46 Prozent meinen, es läge an der schlechteren Selbstvermarktung von Frauen. Außerdem sehen 55 Prozent der Unternehmen in der mangelnden Betreuungsinfrastruktur einen Grund für den geringen Frauenanteil in IT- und Digitalberufen. 52 Prozent beobachten Hürden beim Quereinstieg, so würden Arbeitsagenturen Frauen zum Beispiel seltener eine IT-spezifische Weiterbildung empfehlen. Fast jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) macht eine klischeebehaftete Ausbildung oder Berufsorientierung an Schulen als Grund aus.
Weitere Zahlen
30 Prozent Frauenanteil in der IT-Branche (Quelle: Berechnung auf Basis von Daten des StBA, der BNetzA und der BA 2024)
18 Prozent Frauenanteil unter IT-Fachkräften (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2024)
21 Prozent Frauenanteil im Informatikstudium (Anteil in interdisziplinären Studiengängen deutlich höher, z.B. 44 Prozent in Medizininformatik oder 37 Prozent in der Bioinformatik) (Quelle: GENESIS Online, Statistisches Bundesamt 2023)
12 Prozent Frauenanteil in IT-Ausbildungen (Quelle: Ausbildungsmarktstatistik, Bundesagentur für Arbeit 2024)
Neueste Kommentare
Noch keine Kommentare zu Frauen in der IT – vielerorts weiter Fehlanzeige
Kommentar hinzufügenVielen Dank für Ihren Kommentar.
Ihr Kommentar wurde gespeichert und wartet auf Moderation.