Digitalisierung in der Bauindustrie – Warum innovative Ansätze genau hier wichtig sind

44 Milliarden Euro Umsatz machte die Tiefbaubranche im vergangenen Jahr. Mehr als 220.000 Mitarbeiter sind in der Branche tätig. Auch dieses Marktumfeld steht vor radikalen Umbrüchen: Die Arbeitsabläufe müssen effizienter, die Messgeräte digitaler, Material aufgrund der hohen Preissteigerungen nach Möglichkeit eingespart werden.

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Interview mit Michael Putz, CEO DeepUp

Welchen regelmäßigen Herausforderungen begegnen Sie beim Ausbau der digitalen Infrastruktur unter der Erde?

Das Baugeschäft hängt insbesondere im Bereich der Digitalisierung anderen Branchen stark hinterher und bedarf meiner Meinung nach eine radikale Veränderung auf allen Ebenen. Bei Tiefbauarbeiten in Deutschland wird durchschnittlich jede zweite Minute eine Rohrleitung, ein Kabel oder ein Verbindungselement beschädigt. Die dazugehörigen Eigentümer besitzen oftmals zu wenig Kenntnisse über die genaue geographische Lage und Tiefe ihrer unterirdischen Leitungen. Die Folgen sind in der Regel Versorgungsunterbrechungen und führen in letzter Konsequenz zu enormen volkswirtschaftlichen Schäden. Alleine in Deutschland fallen so Summen in Höhe von ca. 60 Milliarden Euro pro Jahr an. Die Ursache hierfür liegt darin begründet, dass neue Versorgungsleitungen noch genauso wie vor 50 Jahren erfasst und dokumentiert werden.

Welche Maßnahmen müsste die Tiefbaubranche warum Ihrer Meinung nach am ehesten umsetzen, damit der Digitalisierungsprozess dieser Branche zügiger vorankommt?

Für einen schnelleren und zugleich qualitätsgesicherten Netzausbau müssen zahlreiche innovative Digitalisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden, die Bauprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vereinfachen und verbessern. Aber derartige Möglichkeiten müssen erst einmal auch bei allen Beschäftigten der Branche angekommen sein und angenommen werden. Nicht jeder ist gleich ein glühender Befürworter von innovativen (Digital)-Ansätzen oder neuen Technologien. Dies betrifft in der Regel Menschen, die über mehrere Jahre in alteingesessenen Unternehmen in konservativen Branchen wie dem Bauwesen arbeiten. Um möglichst schnell Akzeptanz gewinnen zu können, ist es daher wichtig, Schlüsselpersonen bzw. Anwender in die Produktentwicklung miteinzubeziehen. So haben wir beispielsweise von Beginn an viel Wert auf das Kundenfeedback gelegt und eine digitale Lösung geschaffen, die sich intuitiv bedienen lässt und keinerlei IT- oder Vermessungskenntnisse voraussetzt.

Es sind dringend weitere Innovationen für die Branche nötig. Deswegen müssen rund um die Bau- und Tiefbaubranche weitere lukrative Akzelerator-Programme und finanzielle Fördermöglichkeiten in Deutschland geschaffen werden, um kapitalintensive Unternehmensgründungen erfolgreich und nachhaltig bei ihrer Produktentwicklung unterstützen zu können.

Die Bundesregierung hat sich die Ziele gesetzt, bis Ende 2025 die Glasfaseranschlüsse in Deutschland zu verdreifachen und bis 2030 sämtliche Haushalte mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Inwiefern halten Sie diese Ziele für realistisch und umsetzbar?

Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig leistungsfähige Internet- und Mobilfunkverbindungen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sind. Ehrlich gesagt ist jedoch eine flächendeckende Glasfaserversorgung in Deutschland, insbesondere in den ländlichen Gebieten außerhalb der großen Städte, noch in weiter Ferne. Aber um dieses ehrgeizige Ziel der Bundesregierung erreichen zu können, müssen verschiedene Probleme gelöst werden: Für den weiteren Ausbau sind insbesondere sowohl die strukturellen Tiefbauengpässe als auch der durch den demographischen Wandel bedingte Fachkräftemangel sehr herausfordernd. Die Nachfrage an geschulten Fachkräften wird sich weiter stark erhöhen. Auch deswegen ist es so wichtig, möglichst viele Prozesse im Tiefbau zu digitalisieren und nach Möglichkeit zu automatisieren.

Spüren Sie durch dieses politische Signal auch direkte Folgen für Ihr eigenes Umfeld, d.h. kommen mehr Aufträge als gewöhnlich, da eine noch größere Aufmerksamkeit für das Thema vorherrscht als ohnehin schon?

Mit diesem politischen Signal in Deutschland stieg auch die Anzahl an Marktplayern in der Tiefbaubranche, die wiederum nach digitalen Lösungen suchen, um den flächendeckenden Glasfaserausbau schneller und günstiger abzuwickeln. Aus diesem Grund erfreuen wir uns an einer großen und steigenden Nachfrage.

Bild: Unsplash, Mika BaumeisterBild: Michael Putz, DeepUp GmbH

Über den Interviewten

Michael Putz ist Unternehmer, Netzexperte und Visionär in der digitalen Transformation des unterirdischen Infrastrukturausbaus. Seit der Gründung der DeepUp GmbH im Jahr 2019 trägt er als geschäftsführender Gesellschafter die unternehmerische, strategische und operative Gesamtverantwortung eines stark wachsenden Technologieunternehmens. Mit seinem 50-köpfigen Expertenteam unterstützt er Netzbetreiber, Bauunternehmen und Städte, den eigenwirtschaftlichen und geförderten Glasfaserausbau schneller, präziser und günstiger abzuwickeln. Seine berufliche Karriere startete Michael Putz nach seinem Studium zum Wirtschaftsingenieur (M. Sc.) an der Technischen Universität Dortmund und University of California, Berkeley (USA) bei den größten regionalen Verteilnetzbetreibern Deutschlands. Dort war er in verschiedenen operativen Geschäftseinheiten rund um den Netzausbau tätig.

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