IBM-Forscher kämpfen gegen Covid-19

Forscher des IBM Reseach Center Zürich wollen mit Künstlicher Intelligenz (KI) die Pharmaentwicklung beschleunigen. Dies könnte helfen, schnell einen Impfstoff gegen Covid-19 zu finden.

IBM-Forscher in Zürich haben eine kostenlose KI-Plattform namens RoboRXN vorgestellt, mit der die Kosten und der Zeitaufwand für die Modulsynthese und die Arzneimittelforschung verkürzt werden sollen – ein potenziell leistungsstarkes Werkzeug im Kampf gegen COVID-19. Siehe auch das Video auf Youtube

Jetzt laufen klinische Studien in Deutschland, Großbritannien, den USA, Südkorea und Russland, um rasch einen Impfstoff zu finden. Russland ist jedoch durch die halsbrecherische Schnelligkeit der Tests und der Genehmigung von Massenimpfungen in die Kritik geraten.

Zwar besteht weiterhin Hoffnung auf einen Impfstoff, doch ist es von entscheidender Bedeutung, gründliche Tests durchzuführen, insbesondere wenn der Impfstoff an Personen in Hochrisikogruppen oder an Personen, die an bereits bestehenden Krankheiten leiden, verabreicht werden soll.

Projekte, die sich auf COVID-19 konzentrieren, haben möglicherweise das Potenzial, die Pandemie einzudämmen. Angesichts der dringenden Notwendigkeit, wirksame Therapien zu finden oder zu entwickeln, untersuchen Forschungsteams, wie Rechenleistung und neue Technologien den Prozess der Arzneimittelentwicklung beschleunigen können.

Computermodelle können den Wissenschaftlern Einblick in den wahrscheinlichen Erfolg eines Medikaments bei der Bekämpfung einer Krankheit geben. Daher kann sie eine entscheidende Komponente sein, wenn es darum geht, experimentelle Medikamente schnell von der Erprobungsphase zur behördlichen Zulassung zu bringen. Man muss jedoch von Anfang an mit der chemischen Zusammensetzung beginnen.

IBM hat dazu RoboRXN for Chemistry vorgestellt, einen kostenlosen KI-Dienst zur Vorhersage chemischer Reaktionen und der Entwicklung von Molekülen – und ein System, das der Technikriese nutzt, um Wege zur Hemmung von Proteinen zu finden, die mit dem neuartigen Coronavirus assoziiert sind.

Big Blue präsentierte die neue Plattform am Mittwoch bei einer virtuellen Veranstaltung in Zürich zusammen mit einer Demonstration, wie die neue Technologie genutzt werden könnte, um die Ergebnisse von Molekülreaktionen während der Arzneimittelentwicklung vorherzusagen und zu modellieren.

Wenn es um die Herstellung von Medikamenten geht, dauert es laut IBM im Durchschnitt zehn Jahre, bis ein neues Material oder Medikament entdeckt und auf den Markt gebracht wird und erfordert mindestens zehn Millionen Dollar an Finanzmitteln. Ziel von IBM ist es, diesen Zeitraum auf ein Jahr und eine Million Dollar zu verkürzen.

IBM RoboRXN for Chemistry bringt Cloud, Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung zusammen, um komplexe organisch-chemische Reaktionen vorherzusagen, insbesondere unbekannte organisch-chemische Reaktionen und Synthesen, die den Weg für neue Arzneimittelentdeckungen ebnen könnten.

Teodoro Laino, Manager von IBMs Future of Computing for Accelerated Discovery in Zürich, erklärt: „Ein Chemiker könnte von zu Hause ein Molekül herstellen, und nachdem er sich über einen Webbrowser mit RoboRXN für die Chemie verbunden hat, zeichnet er das Molekül. RoboRXN würde dann optimale wissenschaftliche Routen und das beste kommerziell verfügbare Ausgangsmaterial empfehlen. Einmal eingereicht, würde RoboRXN sich selbst so programmieren, dass es „den Prozess in einem autonomen Labor ausführt“. Mit anderen Worten, die Experimente könnten mit der richtigen Integration und dem richtigen Hardware-Setup ferngesteuert durchgeführt werden.

In einer Demo verglichen IBM-Forscher den Prozess mit dem Backen eines Apfelkuchens. Jede Komponente – wie zum Beispiel der Kuchen – erfordert einen bestimmten Satz von Anweisungen. RoboRXN kann Anweisungen aus der veröffentlichten Literatur über Molekültypen und -reaktionen akzeptieren, einfach durch Ausschneiden und Einfügen durch Chemiker, oder das System kann empfehlen, wie ein Experiment durchgeführt werden sollte.

Drei KI-Modelle wurden für diese Aufgabe trainiert: Das erste konzentriert sich auf die retrosynthetische Analyse und die Bestimmung der „Zutaten“ – einschließlich kommerziell erhältlicher Vorläufer – und die Übersetzung textbasierter Beschreibungen in das, was Laino als „Satz von Atomen“ beschreibt. Das zweite und dritte Modell konzentriert sich auf Syntheseaktionen, wobei ein Datensatz aus Millionen von chemischen Reaktionen genutzt wird, der bereits in der Literatur und in Patenten veröffentlicht wurde.

In Tests hat IBM eine Genauigkeitsrate von 90 % ermittelt, und obwohl das Rätsel der Blackbox – der Versuch zu verstehen, wie ein KI-Algorithmus Entscheidungen trifft – immer noch ein Problem darstellt, sagt das Team, es gebe „fortlaufende Bemühungen“, die Transparenz der Entscheidungsfindung seiner Modelle zu verbessern. Laino betont, dass die Plattform die Materialentdeckung beschleunigen kann und auch den traditionellen Chemiebereich zu einem High-Tech-Geschäft machen könnte.

Als Hardware-unabhängige und skalierbare Lösung könne RoboRXN nicht nur für einen Chemiker, der wegen der Pandemie gezwungen ist, zu Hause zu bleiben, sondern auch für große Organisationen ein wertvolles Werkzeug sein, so die IBM-Forscher.

In Zukunft könnte sich RoboRXN eher zu einer on-Premises und Private Cloud als zu einer Public Cloud-Lösung entwickeln, und möglicherweise könnte das System auch als „Chemie-als-Dienstleistung“-Angebot für das Unternehmen etabliert werden.

COVID-19 hat sich zu einem Katalysator für die zusätzliche Unterstützung von Wissenschaftlern geworden, die sich mit Impfstoffen und Arzneimittelentdeckung befassen.

In den USA werden Supercomputer eingesetzt, um zu modellieren, wie sich vorhandene Medikamente an Viren anlagern, wodurch die Forschungszeitpläne von Jahren auf Monate verkürzt werden. AWS, Microsoft und Google arbeiten auch mit Pharmariesen zusammen, um Cloud- und Künstliche Intelligenz (KI)-Systeme zu schaffen, die die Arzneimittelentdeckung schneller und billiger machen sollen. Die Modellierung und Vorhersage von Ergebnissen für neue Medikamente mit Hilfe von Computern, die komplexe Daten mit hoher Geschwindigkeit verarbeiten können, kann den Arbeitsaufwand von Forschungsteams reduzieren.

Wenn Studien für ein einzelnes Medikament diese Kosten nachweisen können, ist jedes Mittel zur Senkung der Kosten und der für die Entwicklung und Prüfung neuen Materials erforderlichen Zeit ein Segen für die medizinische Gemeinschaft und die Pharmaunternehmen.

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2 Kommentare zu IBM-Forscher kämpfen gegen Covid-19

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  • Am 29. August 2020 um 16:34 von Jason H.

    Der Bericht ist interessant aber nicht hilfreich. Jetzt ist nämlich kein Bericht hilfreich, der denjigen, die gerne glauben die Corona-Pandemie könnte demnächst durch eine Impfung oder Behandlung bewältigt werden, Argumente liefert. Bei solchen Beiträgen sollte – ähnlich wie auf Zigarttenpackungen – immer die Warnung dabei stehen, dass es höchstwahrscheinlich mindestens bis Mitte 2021 keine für die breite Masse anwendbarbare Behandlung oder Impfunge geben wird. Man darf also die Schutzmaßnahmen keinesfalls vernachlässigen.
    Hilfreich wäre für die IT-Branche wären Berichte darüber welche Maßnahmen Firmen getroffen haben um in diesem Winter besser Home-Office anwenden zu können. Auch Berichte daürber warum Firmenchefs glauben kein Home-Office anwenden zu können und ob er Mitarbeiter auch der selben Meinung sind.
    Dann könnte die Corona-Krise sogar helfen die Digitalisierung voranzutreiben.

  • Am 1. September 2020 um 21:34 von Gast

    …mal so zum Nachdenken, auch wenn zur Grippeimpfung und aus 2018/19-Saison, da es medial oft so rüber kommt, als hieße Impfung=100% sicher…bei weitem nicht, selbst in besseren Impfjahren wohl. In jenem Jahr war sie für bestimmte Viren sogar negativ: (enthält auch Link zum Doc des RKI)

    „Weil sich Grippeviren kontinuierlich verändern, muss die Zusammensetzung der Antigene in der Grippe-Schutzimpfung jedes Jahr neu an die aktuell kursierenden Virusstämme angepasst werden. Die Zusammensetzung bestimmt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Nordhalbkugel in der Regel im Februar. Wie effektiv die saisonalen Impfstoffe dann gegen die im folgenden Winter aktiven Grippeviren schützen, ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Die Effektivität der saisonalen Vakzine ermittelt das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin daher jedes Jahr neu.

    In der vergangenen Grippe-Saison 2018/19, die relativ mild verlief, schützte die Impfung nur etwa jeden fünften Geimpften. Die adjustierte Impfeffektivität lag bei 21 Prozent, heißt es im aktuellen Influenza-Saisonbericht. Dabei zeichneten sich Unterschiede der Wirksamkeit in verschiedenen Altersgruppen ab, die aber nicht signifikant waren. Demnach lag die Effektivität bei den unter 15-Jährigen bei 71 Prozent, während sie bei den 15- bis 59-Jährigen 5 Prozent und den über 60-Jährigen 4 Prozent betrug.

    Für die einzelnen Influenza-A-Virusstämme berechnete das RKI die Effektivität getrennt. Gegen eine Influenza-A(H1N1)-Infektion schützte die Impfung mit einer Effektivität von 61 Prozent recht gut. Dagegen bestand gegen eine Infektion mit Influenza-A(H3N2) gar kein Schutz. Die Effektivität fiel mit -28 Prozent sogar negativ aus, was ein tendenziell höheres Erkrankungsrisiko für Geimpfte vermuten lässt. Die schlechte Wirksamkeit der saisonalen Impfung gegen H3N2-Stämme sei schon »in früheren Jahren und in verschiedenen Ländern« beobachtet worden, schreibt das RKI. Hierfür kämen verschiedene Gründe in Betracht. Zum einen verändern sich A(H3N2)-Viren sehr schnell. In der vergangenen Saison habe das dazu geführt, dass verschiedene Gruppen und Subgruppen der A(H3N2)-Stämme kursierten, die nicht alle vom Impfstoff abgedeckt wurden. Bei schlechter Passfähigkeit halte die Wirksamkeit zudem auch kürzer an als bei guter Übereinstimmung.

    Zum anderen verändern sich die A(H3N2)-Viren auch bei der sogenannten Ei-Adaptation, wenn der Impfstamm für die Vermehrung in Hühnereiern, die für die Produktion nötig ist, angepasst wird. Das hat zur Folge, dass sich bereits das Hämagglutinin des Impfstoffs von dem Hämagglutinin des empfohlenen Virusstamms unterscheidet. Bei einer Herstellung des Impfstoffs in Säugetierzellen könnte dieses Problem umgangen werden. In diesem Jahr ist mit Flucelvax® Tetra (Seqirus) in Deutschland erstmals ein tetravalenter zellbasierter Grippeimpfstoff verfügbar, für dessen Produktion keine Ei-Adaptation nötig war. Wie gut die aktuellen Impfstoffe vor Grippeerkrankungen schützen, wird im kommenden Jahr berechnet werden. Für diese Saison wurden bis Anfang Oktober bislang rund 17 Millionen Dosen Grippeimpfstoff vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen freigegeben.“

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