Europäisches Parlament stimmt für neues EU-Urheberrecht

Die Abgeordneten nehmen die Richtlinie mit 348 Ja- und 274 Nein-Stimmen an. Offiziell soll sie dafür sorgen, dass die "bestehenden Rechte und Pflichten des Urheberrechts auch für das Internet gelten. Kritiker hoffen nun auf Justizministerin Katarina Barley.

Das Europäische Parlament hat den Entwurf für eine Reform des digitalen Urheberrechtsschutzes angenommen. 348 Abgeordnete stimmten für die neue Richtlinie, 274 Parlamentarier lehnten sie ab. Da die noch ausstehende Zustimmung der Mitgliedstaaten als Formsache angesehen wird, gilt die Einführung des neuen Urheberrechts inklusive der besonders umstrittenen Artikel 11 und 13 nahezu als gesichert.

EU-Flagge (Bild: EU)„Die Richtlinie soll sicherstellen, dass die seit langer Zeit bestehenden Rechte und Pflichten des Urheberrechts auch für das Internet gelten. Direkt betroffen sind Internet-Plattformen wie YouTube, Facebook und Google News“, heißt es von Seiten des Parlaments.

Vor allem will die EU die Stellung von Rechteinhabern gegenüber den genannten Plattformen verbessern. Musiker und Interpreten sollen künftig in der Lage sein, bessere Vergütungen für die Verwendung ihrer Werke auf Youtube oder Facebook auszuhandeln. Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen Nachrichtenverlagen und beispielsweise Google News.

Zu diesem Zweck sieht die Richtlinie vor, dass Plattformen unter bestimmten Bedingungen direkt für die auf ihre Websites hochgeladenen Inhalte haften. Unter anderem müssen Betreiber künftig mögliche Urheberrechtsverstöße bereits vor Veröffentlichung der von Nutzern generierten Inhalte prüfen. Alternativ können sie Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern abschließen.

Kritiker befürchten, dass die Pflicht zur Vorabkontrolle die im Text der Richtlinie an keiner Stelle erwähnten Upload-Filter zur Folge hat. Entsprechende Techniken werden bereits beispielsweise von Youtube und anderen großen Plattformen genutzt. Kleinere Anbieter ohne eigene Filter müssten sich möglicherweise in teure Lizenzverträge mit Rechteanbietern flüchten, oder den großen Konkurrenten ein neues Geschäftsfeld eröffnen und deren Upload-Filter kaufen.

Auch das mit der neuen Richtlinie eingeführte Leistungsschutzrecht ist umstritten. Kostenlos dürfen demnach nur noch „einzelne Wörter oder sehr kurze Auszüge“ beispielsweise bei einer Nachrichtensuche auf Google News erscheinen. Was ein „sehr kurzer Auszug ist“, definiert die Richtlinie indes nicht. „Da das Teilen von Ausschnitten aus Nachrichtenartikeln explizit vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist, wird sich auch in Zukunft hier nichts ändern“, schreibt nun das Parlament in seiner Pressemitteilung. „Die Vereinbarung enthält jedoch auch Bestimmungen, um Missbrauch durch Nachrichtenaggregatoren zu vermeiden. Artikel können in sehr kurzer Form also auch weiterhin in Google News oder Facebook verlinkt und angezeigt werden.“

„Mit der heutigen Entscheidung verliert die EU ihren Status als Vorreiterin der Meinungsfreiheit“, kommentiert Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom. „Wer im eigenen Land jeden Inhalt vor dem Hochladen ins Internet prüfen und im Zweifelsfall blockieren lässt, der macht sich im weltweiten Kampf für die Freiheit der Meinung und auch der Kunst unglaubwürdig. Gleichzeitig erschwert es die Richtlinie jungen europäischen Unternehmen, zu großen Plattformen zu wachsen. Nun gilt es in Deutschland Wort zu halten und Upload-Filter zumindest bei uns tatsächlich auszuschließen. Positiv an der Reform ist allein, dass ein Text-und-Data-Mining nun auch für die Wirtschaft möglich ist. Damit ergeben sich neue Wege für Innovationen der Künstlichen Intelligenz.“

Der Ministerrat wird wahrscheinlich am 9. April über die Richtlinie abstimmen. Die Abgeordnete Julia Reda, die für die Europäischen Piraten im EU-Parlament sitzt, hofft darauf, dass Bundesjustizministerin Katarina Barley ihre zuletzt am 23. März auf Twitter verkündete Ablehnung gegenüber Upload-Filtern im Ministerrat umsetzt und Deutschland der Richtlinie in der vorhandenen Fassung nicht zustimmt. Ob dies allerdings so kurz vor den Europawahlen politisch gewollt ist, bleibt abzuwarten.

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