Microsoft-Chef Nadella verteidigt Zusammenarbeit mit US-Militär

Die Armee will Soldaten mit Microsofts HoloLens-Technologie für den Kriegseinsatz trainieren. Augmented-Reality-Headsets sollen die todbringende Wirkung verstärken. Mitarbeiter des Konzerns sehen damit die Grenze zur Waffenentwicklung überschritten.

Satya Nadella hat den Vertrag über die Lieferung von Augmented-Reality-Systemen an die US-Streitkräfte im Wert von 479 Millionen Dollar verteidigt. Der Microsoft-CEO reagierte damit auf die Kritik von Mitarbeitern des Konzerns, die mit der Bereitstellung von HoloLens-Systemen für militärische Zwecke die Grenze zur Waffenentwicklung überschritten sehen.

HoloLens 2 (Bild: James Martin / CNET)HoloLens 2 (Bild: James Martin / CNET)

Der im November 2018 bekannt gewordene Vertrag sieht vor, dass Microsofts HoloLens-Technologie eingesetzt wird, um Soldaten für den Kampfeinsatz zu trainieren. Sie soll im Integrated Visual Augmentation System (IVAS) der Armee Verwendung finden. „Die Letalität der Soldaten wird erheblich verbessert, weil kognitives Training und fortgeschrittene Sensoren dafür sorgen, dass Kommandos zuerst erkennen, entscheiden und angreifen können“, heißt es dazu in Beschaffungsdokumenten der US-Armee.

„Wir haben eine grundsätzliche Entscheidung getroffen, dass wir Technologie nicht Institutionen vorenthalten werden, die wir in Demokratien dafür gewählt haben, die Freiheiten zu schützen, die wir genießen“, sagte Nadella im Gespräch mit CNN Business. Er betrachte Microsoft als einen verantwortungsbewussten Unternehmensbürger in einer Demokratie. „Wir sind sehr transparent hinsichtlich dieser Entscheidung.“ Er versprach außerdem, im Dialog mit den Mitarbeitern zu bleiben.

Nadellas Äußerungen fielen auf dem Mobile World Congress, auf dem Microsoft zuvor HoloLens 2 vorgestellt hatte. HoloLens 2 kann bereits für 3500 Dollar vorbestellt werden, wird jedoch erst später in diesem Jahr verfügbar.

Über hundert Mitarbeiter haben bislang einen offenen Brief unterzeichnet, in dem Microsoft zur Auflösung des HoloLens-Vertrags mit der US-Armee aufgefordert wird. „Während das Unternehmen zuvor Technologie an das US-Militär lizenziert hat, hat es nie die Linie zur Waffenentwicklung überschritten“, heißt es darin. „Mit diesem Vertrag geschieht das. Die Anwendung von HoloLens im IVAS-System soll helfen, Menschen zu töten. Es wird auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden und funktioniert, indem es die Kriegführung in ein simuliertes ‚Videospiel‘ verwandelt und die Soldaten in noch weitere Distanz von den grauenvollen Handlungen im Krieg und der Realität des Blutvergießens bringt.“

Die Autoren fordern Microsoft außerdem auf, eine Ethik-Richtlinie zur akzeptablen Nutzung seiner Technologie zu entwickeln und keinerlei Waffentechnologien zu entwickeln. Sie wenden sich dagegen, dass Microsoft der Regierung eines Landes hilft, mit von ihnen geschaffenen Werkzeugen für mehr todbringende Wirkung zu sorgen. „Wir haben uns nicht verpflichtet, Waffen zu entwickeln, und wir wollen mitreden dürfen, wie unsere Arbeit genutzt wird.“

Microsoft hat mit dem US-Verteidigungsministerium einen 5-Jahres-Vertrag vereinbart, der dem Unternehmen insgesamte Einnahmen in Höhe von 1,76 Milliarden Dollar bescheren, wie aus einer Mitteilung des Pentagons hervorgeht. Der Vertrag umfasst Dienstleistungen und Software, Tools, Wissensdatenbanken, die Unterstützung bei Problemlösungen und gegebenenfalls kundenspezifische Änderungen am Microsoft-Quellcode. Außerdem hat Microsoft Chancen auf einen 10 Milliarden schweren Cloud-Vertrag mit zehn Jahren Laufzeit – und steht damit im Wettbewerb mit Amazon Web Services (AWS).

Themenseiten: Augmented Reality, Department of Defense, Microsoft, Politik, USA, Wearable

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4 Kommentare zu Microsoft-Chef Nadella verteidigt Zusammenarbeit mit US-Militär

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  • Am 27. Februar 2019 um 22:01 von Tom

    Microsoft arbeitet eh allen möglichen Geheimdiensten bereits zu, da macht das US Militär den Kohl nicht fett.

  • Am 28. Februar 2019 um 15:47 von Gast

    In diesem Zusammenhang ist hier ein Themenpapier des Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) interessant, welches unter http://www.tab-beim-bundestag.de heruntergeladen werden kann.
    Kurzauszug:
    […]
    Neue Weltordnung – digitale Plattformunternehmen als neuartige Nationen
    Kurzdarstellung des Themas
    Internetkonzerne und IT-Unternehmen haben das Zusammenleben der Menschen in den vergangenen Jahren massiv verändert (Rosenbach/Traufetter 2017). Die Stimmung in Bezug auf den durch die Digitalisierung ausgelösten starken Wandel pendelt dabei häufig zwischen Euphorie und Skepsis. Immer öfter werden die großen dominierenden Internetkonzerne Google, Facebook und Amazon (hiernach digitale Plattformunternehmen) hinsichtlich ihrer Bedeutung mit Staaten verglichen. Journalisten, Internetkritiker und Politiker attestieren großen Internetkonzernen und IT-Unternehmen seit geraumer Zeit einen Machtanspruch und Einflussbereich, welcher der Macht von Staaten gleichkomme (FAZ 2017; Hugendick 2014; Laguna 2016; Lobe 2015; Rosenbach/Traufetter 2017; Schlafer 2017). Ein Staat besteht im Wesentlichen aus den drei Kernelementen eines abgegrenzten Staatsgebiets, eines Staatsvolks und der Machtausübung. Diese Elemente lassen sich in Ansätzen auch bei den genannten Unternehmen finden: › Die Unternehmen bilden Datenstaaten mit einem Angebot, dessen Nutzung als gleichsam alternativlos empfunden wird und zu einem Status des Lockout der Staatsangehörigen führen würde. Über die Produkte identifizieren sich die Nutzer mit den Unternehmen. Im weitesten Sinne ist dies analog mit einer quasinationalen Identität, die über klassische Markenbindung hinausgeht. › Sie schaffen eigene Lebens- und Arbeitswelten mit Freizeitangeboten, Angeboten des täglichen Bedarfs bis hin zur ärztlichen Versorgung. › Die Marktmacht bzw. Marktkapitalisierung der führenden Internetkonzerne und IT-Unternehmen ist vergleichbar mit der von Volkswirtschaften. Die Einflussmöglichkeit der Unternehmen ist so groß, dass sie Staaten ihre Regeln diktieren könnten. › Ähnlich wie Staaten verfügen sie über begehrte Ressourcen. Nutzerdaten scheinen heute eine vergleichbare Bedeutung wie früher Rohstoffvorkommen zu haben. Die Unternehmen interagieren mit ihren Kunden und erzeugen/ sammeln zahlreiche Daten über diese. Ein Staat könnte diesen Informationsgrad per Zensus nie erreichen. › Die Unternehmensführer sprechen mit Regierenden auf Augenhöhe zu politischen Themen. Es werden Allianzen untereinander geschmiedet, u. a. mit dem Ziel, die gesellschaftliche Fürsorge und Wohlfahrt zu gestalten. Die

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    Plattformunternehmen versuchen, die Führerschaft im Weltmarkt der Internetdienstleistungen zu erobern. Besonders in den USA wird ein libertärer Ansatz verfolgt. Nach dem libertären Ansatz könnte ein digitales Plattformunternehmen – ähnlich wie eine Regierung, jedoch effizienter – für die Wohlfahrt sorgen und Dienstleistungen anbieten, die traditionell von Staaten übernommen werden.
    […]

    • Am 1. März 2019 um 14:59 von Sven Dahmen

      „In diesem Zusammenhang…“ – genau hier liegt das Problem: es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Artikel und dem hereinkopierten Textschnipsel.

  • Am 15. März 2019 um 15:34 von Gast

    Der Zusammenhang für mich ist der, dass es in dem ZDnet-Artikel u.a. auch darum geht, ob Unternehmen einfach ihre Regierung unterstützen oder eben aus, nach Unternehmensmaßstab oder dem Maßstab sonstiger Gruppen, moralischen und guten Gründen Hilfen und Leistungen verweigern. Je größer ein Konzern ist und je einzigartiger seine Technologie, desto mehr kann er, evtl. gar im Verbund mit anderen Größen aus derselben Branche, Macht ausüben, auch auf Staaten und Regierungen.
    Von daher war der ganze Bericht, den ich hier natürlich nicht in Gänze hineinkopieren wollte, des „Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag“, interessant.

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