Nifis: Google sammelt Anruf-Metadaten von Android-Nutzern

Der Vorsitzende des deutschen Sicherheitsvereins sieht darin einen "großen Lauschangriff von Google vergleichbar mit NSA". Wer mit einem Android-Smartphone telefoniere, stimme mit Googles Datenschutzerklärung der Aufzeichnung und Auswertung von Metadaten aller seiner Gespräche zu.

Der deutsche Sicherheitsverein Nifis wirft Google vor, Telefon-Metadaten von Android-Nutzern zu sammeln. Das ergebe sich aus der derzeit gültigen Datenschutzerklärung Googles vom 25. März 2016. Darin sei ein „großer Lauschangriff von Google vergleichbar mit NSA“ zu sehen.

Nexus 5X (links) und Nexus 6P (rechts) (Bild: Google)Zu den laut Googles eigenen Richtlinien erhobenen Informationen zählen Protokolldaten wie Suchanfragen, IP-Adresse und auch Telefonprotokollinformationen „wie Ihre Telefonnummer, Anrufernummer, Weiterleitungsnummern, Datum und Uhrzeit von Anrufen, Dauer von Anrufen, SMS-Routing-Informationen und Art der Anrufe“. Nifis schließt daraus, dass mit einem Android-Smartphone telefonierende Nutzer eingewilligt haben, dass die Metadaten aller ihrer Gespräche aufgezeichnet und ausgewertet werden – auch wenn das Gespräch selbst wohl nicht belauscht werde.

„NSA wie Google können aus den Metadaten verknüpft mit weiteren Informationen tief in die Privatsphäre eindringen, Beziehungsgeflechte aufspüren und den sozialen Kontext sowohl des Einzelnen als auch ganzer Bevölkerungsgruppen herausfinden“, lässt sich dazu der Nifis-Vorsitzende Thomas Lapp in einer Presseaussendung zitieren.

Damit bezieht er sich sich auf Experimente der Stanford University, bei der die Android-Metadaten von rund 500 freiwilligen Teilnehmern fünf Monate lang verfolgt wurden. Demnach waren 91 Prozent der vermeintlich anonymen Telefonanschlüsse aufgrund der Metadaten in diesem Zeitraum eindeutig einer Person zuzuordnen – und etwa Rückschlüsse auf Geschlechtskrankheiten oder außereheliche Affären möglich. Überraschende Auswertungsmöglichkeiten allein durch Metadaten demonstrierte auch ein MIT-Projekt, das ein Gmail-Konto durchsuchte, daraus ein Beziehungsgeflecht ermittelte und durch ein Netzdiagramm darstellte.

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„Viele haben sich daran gewöhnt, dass Google alles weiß über ihre Geräte, ihre Suchanfragen, ihre besuchten Webseiten, ihre E-Mails, ihren Standort, und diese Daten auch eindeutig einer namentlich bekannten Person zuordnen kann“, kommentiert Rechtsanwalt Lapp. Für die meisten dürfte es seiner Meinung nach dennoch überraschend sein, dass sie Google das Recht einräumen, ihre Telefongespräche zu beobachten, während sie sich bei NSA & Co. genau darüber empören. „Aber sicherlich dient diese permanente Überwachung nur dazu, um den Nutzern bessere Dienste zur Verfügung zu stellen, wie es in der Datenschutzerklärung von Google heißt“, fügt er sarkastisch hinzu.

Nationale Initiative für Informations- und Internet-Sicherheit (Nifis) definiert sich selbst als herstellerunabhängige Selbsthilfeorganisation der Wirtschaft. Sie teilt ihre Frankfurter Adresse mit der Kanzlei von Rechtsanwalt Thomas Lapp. Dieser erklärt Googles Datenschutzerklärung nach deutschem Recht für ungültig: „Schließlich ist kaum davon auszugehen, dass die meisten Android-Nutzer verstehen, dass Google sich herausnimmt, die Metadaten aller ihrer Gespräche auszuwerten. Dieses Verständnis wäre aber die Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der Erklärung. Das ändert allerdings nichts daran, dass Google genau dieses Recht für sich in Anspruch nimmt.“

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Themenseiten: Android, Datenschutz, Google, Smartphone, Überwachung

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7 Kommentare zu Nifis: Google sammelt Anruf-Metadaten von Android-Nutzern

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  • Am 30. Juni 2016 um 20:39 von Marco

    Ich habe vor einigen Monaten einen Waschmaschinen-Test gelesen, der ergab, dass die Maschinen in einigen Programmen, die angegebene Temperatur nicht erreichen. Die Nutzer ärgerten sich dann, dass es für diesen ganz erheblichen Mangel nicht mehr Punktabzug gab. Genauso verhält es sich mit mobilen Geräten: Mit einem Android-System sollte sie von vornherein stark heruntergestuft werden. Es gibt keine „sehr guten“ oder „guten“ Android-Geräte. Nein, ich bin kein Apple-Fan. Apple hat angefangen mit dieser unseligen Verknüpfung, dass das Smartphone nicht nutzbar ist, wenn man sich nicht für alles registriert und einloggt (was inzwischen auch bei Windows nötig ist, weil die Leute das schon so lange mit sich machen lassen). Nokia ist und bleibt für mich der beste Smartphone-Hersteller, mit Super-Kameras und Offline-Navigation. Unerreicht. Darum habe ich jetzt ein Jolla, von Ex-Nokia-Leuten – und das alte Nokia. Wie gesagt: Unerreicht.

  • Am 30. Juni 2016 um 21:19 von PeerH

    Ist doch nicht schlimm. Man hat doch nichts zu verbergen? So kriegt man die Terroristen schneller. Danke, Google.

    • Am 1. Juli 2016 um 9:41 von Tallakah

      Bis irgendwann der Server mit diesen Daten von dir darauf geknackt wird und plötzlich ein erpresserbrief oder eine Erpresser-Mail ankommt. Dann ist das Geschrei groß.

      Du kannst keine Daten zu 100% vor Zugriff von außen schützen so lange die auf einem Server liegen. Und das wird Google mit Sicherheit so machen schon alleine wegen der Datenbanken die zugriff auf diese Daten brauchen.

      Zugegeben die Wahrscheinlichkeit mag gering sein das sowas wie ein Hack passieren kann. Mit ansteigender Größe der Daten steigt aber auch das Interesse an diese Daten zu kommen.

      • Am 1. Juli 2016 um 13:41 von PeerH

        Ich habe doch aber wirklich nichts zu verbergen?!?
        (Keine Sorge, das ist Sarkasmus :-])

  • Am 1. Juli 2016 um 10:26 von C

    Frage:
    Wenn Ich ein Smartphone mit Google-Android käuflich erwerbe – an welcher Stelle genau bitte kommt ein expliziter Hinweis und eine Einwilligungs-Erklärung (mit allen Bedingungen) die Google dieses Recht einräumt?

    Bislang hatte Ich bei Bekannten stets Hersteller-Hinweise gesehen, aber nix von Google selbst.

    Und – wenn diese Google-Praxis illegal ist, warum wird hier keiner tätig um das zu unterbinden?

  • Am 1. Juli 2016 um 10:59 von Jochen

    Wer ein Android-Produkt (auch TV-Gerät, etc.) kauft, dem sollte klar sein, dass seine Daten – quasi – öffentlich sind.

    Ein Mikrofon, das ständig alles mithört, eine Kamera, die evtl. an ist.. Wie sagt man so schön: „Ihre Frau weiß alles, Google weiß mehr“ .. klingt lustig, ist aber schon so eine Sache.

    Genau so wie WhatsApp – wie geht das?? Alles ist kostenlos, ständig kommen aufwändige Neuerungen hinzu, Speicherplatz (=Kostet richtiges GELD) wird ohne Ende für Filmchen, etc. verpulvert… aber alles ist „kostenlos“ … Hallo??! Wer das glaubt, ist doch wirklich selbst schuld.

    Natürlich werden Nutzerprofile (Wer mit wem wie oft und wie lange; Wann steht man auf, wann geht man schlafen, etc. etc. erstellt. Wie sonst sollte damit Geld verdient werden??

    => Analog zu Google.

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