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Vectoring: Bundesnetzagentur zieht Entscheidungsentwurf zurück

Die Bundesnetzagentur hat ihren bisherigen umstrittenen Entscheidungsentwurf zum VDSL2-Vectoring zurückgezogen, den sie im April vorgelegt hatte. In der nächsten Woche will die Regulierungsbehörde einen geänderten Entwurf vorlegen. Nach ihrer Auffassung reichen die Änderungen aus, um die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen, die Nachteile für den Mitbewerb der Deutschen Telekom befürchtete und mit einem Prüfungsverfahren reagierte. Die Telekom-Wettbewerber jedoch bleiben skeptisch.

„Ich gehe davon aus, dass wir die Bedenken der Kommission ausgeräumt haben“, lässt sich Jochen Homann zitieren, Präsident der Bundesnetzagentur. „Damit können wir jetzt die Regelungen für den Vectoring-Einsatz in den Nahbereichen zeitnah festlegen und dann allen ausbauwilligen Unternehmen grünes Licht für ihre Investitionen in den Breitbandausbau geben. Wir gehen davon aus, dass die Telekom nunmehr ihre angekündigte Zusage für eine flächendeckende Erschließung aller Haushalte in den Nahbereichen mit schnellen Breitbandanschlüssen abgeben wird. Gleiches gilt für die von den Wettbewerbern angekündigten Ausbau- und Investitionsangebote.“

Laut Bundesnetzagentur sollen Wettbewerber in mehr Gebieten selber die Vectoring-Technik einsetzen können, die durch den Ausgleich von Störungen auch über Kupferkabel auf dem Weg in die Haushalte eine wesentlich höhere Übertragungsgeschwindigkeit im Vergleich zu DSL ermöglicht – erreichbar sind so bis zu 100 MBit/s. Darüber hinaus will die Behörde die Zugangsbedingungen für Wettbewerber für den ersatzweise anzubietenden Zugang zur „letzten Meile“ an den Kabelverzweigern verbessern. Hinsichtlich der konkreten Zugangsbedingungen für das ebenfalls anzubietende Layer-2-Zugangsprodukt kündigte sie eine enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission an.

Die drei wichtigsten Verbände der Telekom-Wettbewerber – BREKO, BUGLAS und VATM – sehen vor allem einen peinlichen Rückzug der Bundesnetzagentur nach Gegenwind aus Brüssel. Gleichzeitig monieren sie zu vage Erklärungen der Bundesnetzagentur zu ihren künftigen Regulierungsplänen in Sachen Vectoring.

Die Anschlussarten DSL, VDSL und Vectoring im Vergleich (Grafik: Deutsche Telekom)

„Abzuwarten bleibt nun, ob die neuen Regelungen nun tatsächlich zu Verbesserungen im Regulierungsregime führen“, sagte Buglas-Geschäftsführer Wolfgang Heer. „Die Bundesnetzagentur zieht ihren Entwurf komplett zurück und will einen neuen Entwurf vorlegen, der mit der EU-Kommission abgestimmt sein soll“, heißt es in einer Stellungnahme von VATM-Chef Jürgen Grützner. Außer der vagen Andeutung, dass es in verschiedenen Bereichen Verbesserungen geben solle, habe die Bundesnetzagentur keinerlei konkrete Hinweise gegeben. „Ob und wie neue Regelungen und Ausbaumöglichkeiten mit moderner Technik verbessert werden oder die Telekom dennoch ein weitreichendes Technologiemonopol zugesprochen bekommt, bleibt abzuwarten.“

„Die Bundesnetzagentur hat nach der von vielen Seiten und insbesondere auch von der EU-Kommission geäußerten Kritik am bisherigen Vectoring-II-Beschluss nun offensichtlich die Notbremse gezogen und ihren Entscheidungsentwurf zurückgenommen“, äußerte sich pointiert BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers. „Ob der für Anfang kommender Woche angekündigte neue Entwurf substanzielle Verbesserungen für die Wettbewerber bringt, werden wir eingehend prüfen.“

Der rund 300 Seiten umfassende Vectoring-Entscheidungsentwurf vom April hatte im Markt Bestürzung und Ärger ausgelöst. Mit dem Dokument sollte über einen Antrag der Telekom entschieden werden, die 2015 die exklusive Nutzung von VDSL2-Vectoring in den Nahbereichen der gut 7900 Hauptverteiler in Deutschland beantragt hatte. Das Ansinnen hatten die Konkurrenten stets als unberechtigt zurückgewiesen. Sie argumentierten unter anderem damit, dass dadurch der Wettbewerb verzerrt und der Breitbandausbau gebremst würde. Sie sahen es durch die vorgeschlagenen Regelungen als schwierig an, Glasfaseranschlüsse (FTTB und FTTH) wirtschaftlich auszubauen – obwohl der Durchsatz bei Glasfaser schon heute höher sei als bei Kupferleitungen und in Zukunft noch wesentlich gesteigert werden könnte.

ZDNet.de Redaktion

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