Fahrdienstvermittler Uber auf dem Rückzug aus Deutschland

In Hamburg, Frankfurt am Main und Düsseldorf wird er seinen Dienst zum 9. November offiziell einstellen. In Berlin und München will das Unternehmen nach alternativen Wegen suchen, dort weiter aktiv zu sein. Nach eigenen Angaben hat es "die Unsicherheiten und Ermessensspielräume auf lokaler Ebene unterschätzt".

Der Fahrdienstvermittler Uber tritt offenbar den Rückzug aus Deutschland an. Zum 9. November wird er seinen Dienst in Hamburg, Frankfurt am Main und Düsseldorf offiziell einstellen. Doch schon jetzt ist eine Fahrtenvermittlung in diesen Städten nicht mehr möglich. In Berlin und München will Uber nach alternativen Wegen suchen, um dort weiter aktiv zu sein, wie Deutschlandchef Christian Freese gegenüber der Nachrichtenagentur DPA erklärte.

Uber-Logo (Bild: Uber)Freese räumt ein, dass der Dienst offenbar völlig unvorbereitet und in Unkenntnis oder unter bewusster Missachtung geltender gesetzlicher Regelungen stattfand, formuliert das aber anders: „Wir mussten erkennen, wie aufwendig es unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen in manchen Städten ist, ein Produkt zu entwickeln, das unserem Anspruch gerecht wird. Insbesondere die Unsicherheiten und Ermessensspielräume auf lokaler Ebene haben wir unterschätzt“, zitiert die Hamburger Morgenpost den Geschäftsführer. Offenbar keine Auskunft gab er darüber, inwieweit die Tatsache eine Rolle spielte, dass sich zu wenige Fahrer dazu bereitfanden, einerseits den Auflagen von Uber Rechnung zu tragen und andererseits ohne jegliche soziale Absicherung lediglich als selbständige Geschäftspartner Fahrten anzubieten.

Die möglichen Folgen zeigte der Streit zwischen Uber und Uber-Fahrern im Oktober in Frankreich: Nachdem dort zunächst die Taxifahrer gegen die offenbar deutlich größere Zahl der Uber-Fahrer als in Deutschland und die zunehmende Konkurrenz durch sie protestiert hatten, liefen die Uber-Fahrer gegen ihren Vertragspartner Sturm. Der hatte kurzfristig die Preise für Fahrgäste in Paris um 20 Prozent reduziert und damit die Kalkulation seiner Fahrer ad absurdum geführt. Rund 300 von ihnen demonstrierten Mitte Oktober vor der Zentrale von Uber in Frankreich. Der Sprecher des Unternehmens verwies wiederholt darauf, dass es sich eben nicht um Angestellte handle und freie Unternehmer mit dem Geschäftsrisiko leben müssten.

Für Dieter Schlenker, den Vorsitzenden von Taxi Deutschland, kommt der Rückzug von Uber aus Deutschland nicht überraschend: „Dass wir in Deutschland Wert auf Verbraucherschutz, Sicherheit und Ausbildung legen, interpretiert Uber als ’schwierige Rahmenbedingungen‘. Dabei sind diese bundesweit identisch, Taxizentralen und Taxifahrer arbeiten nach diesen Standards. Wir haben in Frankfurt rund 4000 Taxifahrer, und unseres Wissens haben lediglich 15 bis 20 Fahrer Uber als Geschäftspartner gewählt.“

Als Grund hat Schlenker ausgemacht, dass Taxifahrer durch die Taxizentralen wirtschaftlicher und effizienter arbeiten, da diese deutlich mehr Fahraufträge zu günstigeren Konditionen vermitteln: „Traditionelle Taxizentralen sind genossenschaftlich organisiert. Damit steht die wirtschaftliche Unterstützung der vielen kleinen selbständigen Taxiunternehmen im Vordergrund – und nicht das Gewinnstreben, wie bei Uber und anderen Taxi-Internet-Plattformen.“

Eine von der Genossenschaft Taxi Deutschland zusammengestellte Infografik zeigt den Status von Ubers weltweiten Rechtsstreitigkeiten. Stand der Grafik ist der 13. Juli 2015. Nur in den grün markierten Städten und Regionen steht der Dienst wie geplant zur Verfügung (Grafik: Taxi Deutschland eG).Eine von der Genossenschaft Taxi Deutschland zusammengestellte Infografik zeigt den Status von Ubers weltweiten Rechtsstreitigkeiten. Stand der Grafik ist der 13. Juli 2015. Nur in den grün markierten Städten und Regionen steht der Dienst wie geplant zur Verfügung (Grafik: Taxi Deutschland eG).

Unklar ist, was Uber künftig in Berlin und München machen will. Denn das Geschäftsmodell in seiner derzeitigen Form wurde in Deutschland gerichtlich untersagt. Die von Freese geäußerte Absicht „gemeinsam mit Politik und Behörden zeitgemäße Rahmenbedingungen zu entwickeln“ kann daher nur bedeuten, per Lobbyarbeit Gesetzesänderungen anzustreben. Alternativ kann der Dienst sich den geltenden Gesetzen unterwerfen, wird dann aber eben ein Taxi-Dienst wie jeder andere auch – eventuell nur mit einigen Extras wie Bonbons für Fahrgäste und in bestimmter Art gekleideter Fahrer.

Angesichts des Rückzugs aus Deutschland und vergleichbarer rechtlicher Probleme in vielen anderen Ländern dürfte nun die Frage immer lauter werden, womit Uber erstens Investitionen in Milliardenhöhe verdient und zweitens wodurch die enorm hohe Bewertung des Unternehmens gerechtfertigt ist. Der Verdacht drängt sich zumindest auf, dass das Management grundlegende Hausaufgaben jedes Unternehmensgründers einfach nicht gemacht und sich nur unzureichend oder gar nicht über die jetzt für das Scheitern verantwortlich gemachten „rechtlichen Rahmenbedingungen“ informiert hat.

Pech für Uber: Im Gegensatz zu reinen Webfirmen wie Facebook, die sich ebenfalls nur mäßig für nationale Gesetze interessieren und daher Standorte wählen, die für sie vorteilhaft sind, ist Uber auf Personen vor Ort angewiesen. Die Versuche, weitere Dienste anzubieten – etwa Lieferdienste – dürfen daher nicht als unbändiger Innovationsdrang eines Start-ups missverstanden werden, sondern müssen als das eingestuft werden, was sie tatsächlich sind: ein verzweifelter Griff nach einem Strohhalm.

Die wertvollsten Startups der Welt (Grafik: Statista)

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

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Themenseiten: Business, Start-Up, Uber

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11 Kommentare zu Fahrdienstvermittler Uber auf dem Rückzug aus Deutschland

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  • Am 3. November 2015 um 6:48 von Frank Furter

    ZITAT
    …wodurch die enorm hohe Bewertung des Unternehmens gerechtfertigt ist.
    TATIZ

    Der sogenannten Marken“wert“ und/oder Unternehmens“wert“ wird von Zockern der Finanzwirtschaft bestimmt, um am Delta (egal in welcher Richtung) durch Spekulationen Geld zu verdienen.
    Mit den tatsächlichen Aktiva eines Unternehmens hat das nicht zu tun.

  • Am 3. November 2015 um 7:01 von Ralph

    Abwarten bis Uber mit autonomen Fahrzeugen wiederkommt. Mit dem existierenden Markt und den Milliarden im Rücken kann man einen langen Atem haben.

  • Am 3. November 2015 um 9:43 von Andreas

    Zitat von Herrn Schlenker: Wir haben in Frankfurt rund 4000 Taxifahrer, und unseres Wissens haben lediglich 15 bis 20 Fahrer Uber als Geschäftspartner gewählt…
    Prima, na da bräuchte man doch eigentlich UBER als Konkurrent nicht fürchten, wenn man dass so liest. Ich frage mich bloß, warum sich bei diesen „Platzpatronen“ die Kommentare von Taxi Deutschland häufig so lesen, als ob ein Tier angeschossen sei und um sein Leben kämpft.

  • Am 12. November 2015 um 10:16 von Atta

    An Herrn Schlenker: Sie haben zu Teil Recht. Offiziell sind es 15-20 Fahrer die für UBER Fahren. Inoffiziell sind es 300-400 Fahrer die früher mal Tagsüber als Taxifahrer tätig wahren und Nachts als UberPop mit deren privat Fahrzeuge. Davon gibt es noch X Unternehmer die Mischbetrieb machen und gleichzeitig Taxi und UBER zusammenführen. Der Taxiverband soll erstmal in deren eigenen Reihen nachschauen!!!

  • Am 19. April 2016 um 7:57 von Acid Ham

    „Taxifahrer wirtachaftlicher und effizienter fahren“

    Ich weiss nich was effizient daran ist wenn Ich als Kunde jeden Fahrer fragen muss ob er Kreditkarten akzeptiert und dann noch angepöbelt werde. Oder wenn mit Kreditkarte die Abrechnungsmaschine nicht tut. Hey ihr Taxiunternehmen, macht erst mal eure Hausaufgaben!

  • Am 27. April 2016 um 12:48 von BERND

    Ich möchte als Bundesbürger auch mal „TAXI“ fahren, aber welcher durchschnittlich verdienene Bundesbürger kann sich diesen Luxus in Deutschland schon leisten. Das letzte mal bin ich vor 20 Jahren Taxi gefahren nachdem ich dummerweise Downtown etwas getrunken hatte. Natürlich habe ich seitdem nie wieder einen gehoben und bin auch nie wieder Taxi gefahren – einfach zu teuer.
    Ich finde es beschähmend wie durch staatliche Willkühr die Bundesbürger von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch restriktive Beförderungsgesetze ausgeschlossen werden.
    Warum bleibt in Deutschland der Niedriglohnsektor nur aufs Flaschensammeln beschränkt ?
    Warum wird der Niedrigeinkommenssektor nicht geöffnet ? Immer nur HartzIV Hinz&Kunz verkaufen und Flaschen sammeln ist echt langweilig
    Macht mal was sonst reissen wir euch den Arsch auf

  • Am 23. Mai 2016 um 15:28 von Nonobono

    Unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung wird in Deutschland wieder einmal kurzsichtiger Protektionismus betrieben.

    Neue Geschäftskonzepte zwingen alteingesessene Unternehmen bislang zu Modernisierungen und verdrängen sie bei Unwilligkeit vom Markt. So ist das Leben. Bei der im Artikel zukünftig vermutete Lobbyarbeit von Uber wird großzügig die bestehende Lobbyarbeit der Taxigenossenschaften und -unternehmer übersehen. Ich kann mich noch an den Aufschrei selbiger erinnern, als MyTaxi auf den Markt kam.

    Liebes Taxigewerbe: Ihr habt Euch lange genug auf einem veralteten Geschäftskonzept ausgeruht. Eure Tage sind gezählt. Bald wird es autonom fahrende Fahrzeuge im täglichen Straßenverkehr geben. Systeme, die mit Mobile Payment und jeder beliebigen Kreditkarte funktionieren.

  • Am 27. Mai 2016 um 18:06 von Monty

    Uber ist flexibel, einfach, günstig und stellt deshalb eine Gefahr für alle all zu Konservativen und eingesessenen dar. Armes Deutschland! Wir tun immer so als haben wir in allem recht und wissen wie der Hase läuft. Wo ist die Marktwirtschaft, in der Angebot und Nachfrage regieren und nicht protektionismus? Das die Taxi Branche einen Tritt in den Hintern dringend nötig hat sieht man deutlich an der Unfreundlichkeit, inflexibilität und nicht zuletzt an den völlig überhöten Preisen.
    So wie der Automobilindustrie gerade der ar*** auf Grundeis geht, so wird sich die taxibranche auch warm anziehen müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wer nicht reagiert wird untergehen. Protektionismus hat keine Zukunft, der Wille der Kunden schon.

  • Am 26. Juni 2016 um 22:14 von Lothar

    Jeder, der schon mal Uber genutzt hat, weiß erstmal, wie schlecht deutsche Taxis sind. Sitze gerade in einem alten Touran, der mit 140 Sachen durch die 80er-Zone knallt. Da war das gerade in Paris mit Uber echt was anderes.

  • Am 28. Juni 2016 um 6:42 von MKT

    Habe in Indien nun die alternative zu Uber genutzt.
    Olacabs. Ich bin leidenschaftlicher Taxifahrer im Ausland. Gerne am Wochenende auch im Heimatort.
    Olacab oder Uber sollten ähnliches in Deutschland machen können. Schnell bestellt, abgeliefert inkl Free Wifi etc, bezahlt (Bar, Karte…oder in Indien per Onlinezahlung von einem speziellen gefüllten Taxikonto).
    Dagegen ist Taxi Deutschland einfach eine langweilige Organisation.
    Ich würde es begrüßen diesen Service bei uns zu begrüßen um meine Fahrten zu machen.

    LG aus Bangalore

  • Am 15. Februar 2017 um 6:33 von Rebell

    Hallo People aus Deutschland. Ich bin ein aktiver UberPoP Fahrer in der Schweiz.
    Bei uns ist es nicht anders. Wir werden manchmal auch von der Rennleitung angehalten, aber das ist uns egal.
    Manchmal auch von den Taxifahrern beschimpft und verprügelt. Nochmal egal.
    Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Autofahrer und einem Taxifahrer?
    Beim erlangen der Lizenz ( Beförderungsschein ) verliert man die Freundlichkeit, gewinnt viel Aroganz und fährt be******ener als ein Fahranfänger.
    Schade, ich hätte es Deutschland gegönnt, eine Möglichkeit für weniger verdienende trotzdem Sicher und relaxed nach Hause zu kommen.

    Wer die Konkurrenz nicht mag, der löscht sie einfach aus. Egal mit welchen Mitteln. Aber am besten gehts mit Staatlicher Unterstützung.

    LG aus Zürich

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