Microsofts Quartalszahlen sehen schlechter aus als sie sind

Mit einer Marktkapitalisierung von 382 Milliarden Dollar gehört Microsoft neben Apple und Google zu den großen Drei der IT-Industrie. Wie tonangebend die Firmen für die Gesamtwirtschaft sind, beweist die Tatsache, dass Apple, Google und Microsoft auch insgesamt an der Spitze der wertvollsten US-Unternehmen rangieren. Apple hat dabei in den letzten 5 Jahren den größten Wertzuwachs verzeichnet und Microsoft und Google überholt. Die von Steve Jobs und Steve Wozniak gegründete Firma wird wohl so schnell keine Beteiligung mehr von Microsoft benötigen, um am Leben zu bleiben. Sie ist mit gut 750 Milliarden Dollar fast doppelt so wertvoll wie der von Bill Gates und Paul Allen gegründete Software-Konzern und einstige Kapitalgeber.

Allerdings ist auch beim Spitzenreiter nicht alles Gold, was glänzt. Wohl und Wehe hängt bei Apple zu 63 Prozent am iPhones – so hoch ist der Anteil des Smartphones am Gesamtumsatz. Das Wachstumsplus von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dürfte vor allem an zwei Faktoren liegen. Zum einen gibt es seit September auch iPhones mit großen Display-Diagonalen, zum anderen ist vor allem China ein Wachstumsmotor. In diesem Markt war das Wachstum mit 119 Prozent am größten. Damit ist das Reich der Mitte für Apple wichtiger als Europa geworden. Man darf gespannt sein, ob das Wachstum in dieser Größenordnung auch im nächsten Jahr anhält, wenn Apple iPhones ohne neue Display-Größen vorstellt.

Der Verkauf von Macs, das ehemalige Kerngeschäft Apples, erzielt gerade noch 12 Prozent Anteil am Gesamtumsatz. Und der Absatz von iPads erreicht den niedrigsten Stand seit vier Jahren. Minus 18 Prozent bei den Stückzahlen und ein 23 Prozent niedriger Umsatz im Vegleich zum Vorjahr lassen den Traum einer Post-PC-Ära in weite Ferne rücken. Bereits seit zwei Quartalen erzielt die Mac-Sparte wieder einen höheren Umsatz als der Tablet-Bereich. Laut Andreesen Horowitz kann Apple allerdings zum ersten Mal in einem Quartal etwa so viele iOS-Geräte verkaufen wie Windows-PCs abgesetzt wurden. Android gelang das bereits in 2012.

Andreesen Horowitz: Im abgelaufenen Geschäftsquartal konnte Apple erstmals so viele iOS-Geräte absetzen wie Windows-PCs verkauft wurden (Bild: Andreesen Horowitz)

Zu den Apple-Watch-Verkaufszahlen machte das Unternehmen indes keine Angaben. In einer Pressemitteilung spricht CEO Tim Cook lediglich von einem „großartigen Start für die Apple Watch“. Die mit der intelligenten Armbanduhr erzielten Umsätze finden sich in der Sparte Andere Produkte. Deren Umsatz kletterte gegenüber dem dritten Fiskalquartal 2014 allerdings um 49 Prozent auf 2,641 Milliarden Dollar.

Wie die Quartalszahlen von Apple und Google halten auch die Microsoft-Ziffern neue Rekorde bereit. Allerdings in negativer Hinsicht. Auch wenn der Konzern jährlich Milliardengebühren für Lizenzen von den Android-Herstellern einstreicht, kann er mit der eigenen Windows-Phone-Plattform im Mobilbereich so gut wie nichts gegen die Platzhirsche ausrichten. Stattdessen bleibt ihm nichts anderes übrig als die von Nokia für über 8 Milliarden Dollar übernommene Smartphone-Abteilung abzuschreiben, was ihn zum größten Quartalsverlust in seiner Geschichte führt.

Für Microsoft ist das Kapitel Smartphone jedoch noch nicht zu Ende. Wie CEO Satya Nadella gegenüber ZDNet bestätigt, plant der Konzern auch zukünftig in diesem Segment. Der Schwerpunkt liegt aber mehr im Business-Bereich. Dort wachse Windows Phone am schnellsten. Hier stünden Funktionen wie Identitätsmanagement und Sicherheit im Vordergrund und nicht eine umfassende App-Auswahl. „Einige der wirklichen Anziehungspunkte von Windows-Geräten sind Management und Sicherheit. Die Tatsache, dass die neueste Fußball-App oder einige Social-Networking-Apps nicht zur Verfügung stehen, ist in Unternehmensszenarien kein großes Problem“, erklärte Nadella.

Der Konzern hat zudem interessante Lösungen für Herbst angekündigt, die mittelfristig sogar zu einer Verschiebung im Smartphone-Segment führen könnten. Zentral dabei dürfte die mit Continuum bezeichnete Funktion sein, die aus einem Smartphone einen Windows-Rechner macht, sobald es an ein größeres Display angeschlossen wird.

Continuum: Windows-Smartphone als Basis für einen Desktop-Arbeitsplatz. Die dafür geeigneten Geräte sollen im Herbst erscheinen (Bild: Microsoft).

Dennoch steht bei Microsoft nicht der Verkauf von Geräten als erstes auf der Agenda, – sonst hätte man wohl kaum die von Nokia übernommenen 7800 Mitarbeiter entlassen -, sondern eher die Entwicklung von Referenzgeräten, die die Möglichkeiten der Plattform demonstrieren. Vergleichbar ist diese Herangehensweise mit der von Google und den Nexus-Geräten. Noch eine Parallele: Auch Google hat mit Motorola Mobility einen Mobilfunkhersteller übernommen und kurze Zeit später wieder verkauft.

Nach dem wenig erfolgreichen Windows 8.1 könnte die für Ende Juli erwartete Version Windows 10 auch dem Geschäft zuträglich sein. Das Betriebssystem ist gleichermaßen für Gestensteuerung und für die Eingabe über Tastatur und Maus geeignet. 2-in-1-Geräte, also Hybrid-PCs, die Notebook und Tablet in einem sind, könnten sich dank Windows 10 deutlich besser im Markt als bisher durchsetzen. Immerhin hat der Konzern mit der Surface Pro 3 einen Achtungserfolg eingefahren. Auch wenn sich die Erlöse von 888 Millionen Dollar im letzten Quartal nicht einmal mit denen des schwächelnden iPads-Geschäft von Apple vergleichen lassen, gibt der Umsatzsprung von 117 Prozent Anlass zur Hoffnung. Diesbezüglich müssen allerdings die OEM-Partner mitspielen und entsprechende Geräte bereitstellen.

Hoffnungsvoll stimmen auch die Zahlen in Sachen Cloud-Computing. In diesem Bereich verbucht Microsoft einen Umsatzanstieg von 6,3 auf 8 Milliarden. Bis 2018 will der Konzern in diesem Segment 20 Milliarden Dollar umsetzen. Der Bereich kommerzieller Cloud-Lösung umfasst die Angebote Office 365 Business mit Exchange Online, SharePoint Online, Skype for Business Online und kombinierte Office-365-Business Services, CRM Online und Enterprise Mobility Suite (EMS). Das Suchgeschäft mit Bing steigt zwar um 21 Prozent, ob der Bereich allerdings profitabel arbeitet, wollte Microsoft nicht mitteilen. Das Ziel ist es aber, dass er ab dem kommenden Geschäftsjahr Gewinne abwirft.

Alles in allem zeigen die strategischen Optionen, dass Microsoft mit CEO Satya Nadella und sein umstrukturiertes Führungsteam durchaus einiges im Köcher hat, um in Zukunft wieder in die Erfolgsspur zu finden. Ob es gelingt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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