Microsofts Quartalszahlen sehen schlechter aus als sie sind

Die von Microsoft gestern bekanntgegebenen Zahlen fürs abgelaufene Geschäftsquartal sehen auf den ersten Blick verheerend aus, geben im Detail aber Grund zur Hoffnung. Kurzfristig dürfte der Konzern von der Vorstellung von Windows 10 profitieren. Und auch im Smartphonemarkt könnte Microsoft für eine Überraschung gut sein.

Mit einer Marktkapitalisierung von 382 Milliarden Dollar gehört Microsoft neben Apple und Google zu den großen Drei der IT-Industrie. Wie tonangebend die Firmen für die Gesamtwirtschaft sind, beweist die Tatsache, dass Apple, Google und Microsoft auch insgesamt an der Spitze der wertvollsten US-Unternehmen rangieren. Apple hat dabei in den letzten 5 Jahren den größten Wertzuwachs verzeichnet und Microsoft und Google überholt. Die von Steve Jobs und Steve Wozniak gegründete Firma wird wohl so schnell keine Beteiligung mehr von Microsoft benötigen, um am Leben zu bleiben. Sie ist mit gut 750 Milliarden Dollar fast doppelt so wertvoll wie der von Bill Gates und Paul Allen gegründete Software-Konzern und einstige Kapitalgeber.

Marktkapitalisierung: Apple, Google, Microsoft, Juli-2015 (Bild: ZDNet.de)

Allerdings ist auch beim Spitzenreiter nicht alles Gold, was glänzt. Wohl und Wehe hängt bei Apple zu 63 Prozent am iPhones – so hoch ist der Anteil des Smartphones am Gesamtumsatz. Das Wachstumsplus von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dürfte vor allem an zwei Faktoren liegen. Zum einen gibt es seit September auch iPhones mit großen Display-Diagonalen, zum anderen ist vor allem China ein Wachstumsmotor. In diesem Markt war das Wachstum mit 119 Prozent am größten. Damit ist das Reich der Mitte für Apple wichtiger als Europa geworden. Man darf gespannt sein, ob das Wachstum in dieser Größenordnung auch im nächsten Jahr anhält, wenn Apple iPhones ohne neue Display-Größen vorstellt.

Apple-Quartalszahlen: Q3-2015 (Bild: ZDNet.de)

Der Verkauf von Macs, das ehemalige Kerngeschäft Apples, erzielt gerade noch 12 Prozent Anteil am Gesamtumsatz. Und der Absatz von iPads erreicht den niedrigsten Stand seit vier Jahren. Minus 18 Prozent bei den Stückzahlen und ein 23 Prozent niedriger Umsatz im Vegleich zum Vorjahr lassen den Traum einer Post-PC-Ära in weite Ferne rücken. Bereits seit zwei Quartalen erzielt die Mac-Sparte wieder einen höheren Umsatz als der Tablet-Bereich. Laut Andreesen Horowitz kann Apple allerdings zum ersten Mal in einem Quartal etwa so viele iOS-Geräte verkaufen wie Windows-PCs abgesetzt wurden. Android gelang das bereits in 2012.

Andreesen Horowitz: Im abgelaufenen Geschäftsquartal konnte Apple erstmals so viele iOS-Geräte absetzen wie Windows-PCs verkauft wurden (Bild: Andreesen Horowitz)Andreesen Horowitz: Im abgelaufenen Geschäftsquartal konnte Apple erstmals so viele iOS-Geräte absetzen wie Windows-PCs verkauft wurden (Bild: Andreesen Horowitz)

Zu den Apple-Watch-Verkaufszahlen machte das Unternehmen indes keine Angaben. In einer Pressemitteilung spricht CEO Tim Cook lediglich von einem „großartigen Start für die Apple Watch“. Die mit der intelligenten Armbanduhr erzielten Umsätze finden sich in der Sparte Andere Produkte. Deren Umsatz kletterte gegenüber dem dritten Fiskalquartal 2014 allerdings um 49 Prozent auf 2,641 Milliarden Dollar.

Wie die Quartalszahlen von Apple und Google halten auch die Microsoft-Ziffern neue Rekorde bereit. Allerdings in negativer Hinsicht. Auch wenn der Konzern jährlich Milliardengebühren für Lizenzen von den Android-Herstellern einstreicht, kann er mit der eigenen Windows-Phone-Plattform im Mobilbereich so gut wie nichts gegen die Platzhirsche ausrichten. Stattdessen bleibt ihm nichts anderes übrig als die von Nokia für über 8 Milliarden Dollar übernommene Smartphone-Abteilung abzuschreiben, was ihn zum größten Quartalsverlust in seiner Geschichte führt.

Für Microsoft ist das Kapitel Smartphone jedoch noch nicht zu Ende. Wie CEO Satya Nadella gegenüber ZDNet bestätigt, plant der Konzern auch zukünftig in diesem Segment. Der Schwerpunkt liegt aber mehr im Business-Bereich. Dort wachse Windows Phone am schnellsten. Hier stünden Funktionen wie Identitätsmanagement und Sicherheit im Vordergrund und nicht eine umfassende App-Auswahl. „Einige der wirklichen Anziehungspunkte von Windows-Geräten sind Management und Sicherheit. Die Tatsache, dass die neueste Fußball-App oder einige Social-Networking-Apps nicht zur Verfügung stehen, ist in Unternehmensszenarien kein großes Problem“, erklärte Nadella.

Der Konzern hat zudem interessante Lösungen für Herbst angekündigt, die mittelfristig sogar zu einer Verschiebung im Smartphone-Segment führen könnten. Zentral dabei dürfte die mit Continuum bezeichnete Funktion sein, die aus einem Smartphone einen Windows-Rechner macht, sobald es an ein größeres Display angeschlossen wird.

Windows 10 Phone: Continuum (Bild: Microsoft)Continuum: Windows-Smartphone als Basis für einen Desktop-Arbeitsplatz. Die dafür geeigneten Geräte sollen im Herbst erscheinen (Bild: Microsoft).

Dennoch steht bei Microsoft nicht der Verkauf von Geräten als erstes auf der Agenda, – sonst hätte man wohl kaum die von Nokia übernommenen 7800 Mitarbeiter entlassen -, sondern eher die Entwicklung von Referenzgeräten, die die Möglichkeiten der Plattform demonstrieren. Vergleichbar ist diese Herangehensweise mit der von Google und den Nexus-Geräten. Noch eine Parallele: Auch Google hat mit Motorola Mobility einen Mobilfunkhersteller übernommen und kurze Zeit später wieder verkauft.

Nach dem wenig erfolgreichen Windows 8.1 könnte die für Ende Juli erwartete Version Windows 10 auch dem Geschäft zuträglich sein. Das Betriebssystem ist gleichermaßen für Gestensteuerung und für die Eingabe über Tastatur und Maus geeignet. 2-in-1-Geräte, also Hybrid-PCs, die Notebook und Tablet in einem sind, könnten sich dank Windows 10 deutlich besser im Markt als bisher durchsetzen. Immerhin hat der Konzern mit der Surface Pro 3 einen Achtungserfolg eingefahren. Auch wenn sich die Erlöse von 888 Millionen Dollar im letzten Quartal nicht einmal mit denen des schwächelnden iPads-Geschäft von Apple vergleichen lassen, gibt der Umsatzsprung von 117 Prozent Anlass zur Hoffnung. Diesbezüglich müssen allerdings die OEM-Partner mitspielen und entsprechende Geräte bereitstellen.

Hoffnungsvoll stimmen auch die Zahlen in Sachen Cloud-Computing. In diesem Bereich verbucht Microsoft einen Umsatzanstieg von 6,3 auf 8 Milliarden. Bis 2018 will der Konzern in diesem Segment 20 Milliarden Dollar umsetzen. Der Bereich kommerzieller Cloud-Lösung umfasst die Angebote Office 365 Business mit Exchange Online, SharePoint Online, Skype for Business Online und kombinierte Office-365-Business Services, CRM Online und Enterprise Mobility Suite (EMS). Das Suchgeschäft mit Bing steigt zwar um 21 Prozent, ob der Bereich allerdings profitabel arbeitet, wollte Microsoft nicht mitteilen. Das Ziel ist es aber, dass er ab dem kommenden Geschäftsjahr Gewinne abwirft.

Alles in allem zeigen die strategischen Optionen, dass Microsoft mit CEO Satya Nadella und sein umstrukturiertes Führungsteam durchaus einiges im Köcher hat, um in Zukunft wieder in die Erfolgsspur zu finden. Ob es gelingt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Themenseiten: Apple, Google, Microsoft, Quartalszahlen

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5 Kommentare zu Microsofts Quartalszahlen sehen schlechter aus als sie sind

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  • Am 22. Juli 2015 um 20:27 von Surface Idee

    Satya Nadella versucht Microsoft neu zu erfinden. Sie haben sich zu lange auf ihrem PC Markt ausgeruht. Der Umbau belebt bereits das Geschäft und die Innovationen. Bleibt abzuwarten ob sie erfolgreich sind. Die Surface Pro sind in dem Leistungsumfang gute Starter.

    ps: Wie können in einem Artikel über Microsoft drei Absätze nur über den angeknabberten Apfel sein und eben so oft in den gemeinsamen Absätzen mit Microsof verglichen warden…

  • Am 22. Juli 2015 um 23:30 von Gnagna

    Sie schaffens immer wieder…
    MS DOS, das bislang besch… System ein Welterfolg.
    Windows fast ein Dino, nur nicht so zuverlässig und leistungsfähig wie die echten Dinos MVS, OSD & Co aber mindestens so bescheiden zu bedienen – alle wollens haben.
    Ich versteh’s nich! Wenig bis überhaupt nicht intuitiv bedienbar, voller Bugs, jede Menge Sicherheitslücken, Myriarden von unterschiedlichen Schadsoftware Anteilen, kompatibel zu nix, Standards werden verbogen, völlig verkorkste Oberflächen usw., usf. – der Mist geht einfach nicht unter!
    Die Menschheit ist offensichtlich noch nicht reif für richtige Betriebssysteme und schmeißt deshalb weiterhin MS Milliarden in den Rachen.

  • Am 23. Juli 2015 um 10:07 von PeerH

    Insgesamt nachvollziehbar, wenn man von einigen Formulierungen absieht: „Und der Absatz von iPads erreicht den niedrigsten Stand seit vier Jahren.“ im Vergleich zum Vorjahr richtig, aber im letzten Quartal wurden etwas weniger iPads verkauft. Schaut man sich die Zahlen insgesamt über die letzten Quartale an, so scheint sich der Absatz bei 10-12 Mio Stück zu stabilisieren (s.u. Surface: unter 1 Mio im Quartal ;-)), was im Jahr etwa 40 Millionen Stück bedeutet.

    In der Apple Telco wurde gesagt, dass mehr Apple Watch verkauft wurden, als iPads bei dessen Einführung, und das waren etwa 3,3 Mio Stück – ergo wurden mindestens 3,3 Mio Apple Watches verkauft. Was in einem Jahr etwa 12 Mio Stück bedeuten dürfte. So klingt das dann etwas anders – weniger durchwachsen.

    Und na ja: ob das Surface ein ‚Achtungserfolg‘ ist, entscheidet sich an zwei Dingen – a. an den Erwartungen Microsofts (Prognose, tatsächliches Ziel) und b. und an der Zahl der verkauften Geräte. Da Microsoft keine Zahl der verkauften Surface Geräte nennt, und auch keine Prognosen gemacht hat, ist das also schwer zu sagen. Aber sie werfen eine kleine Nebelkerze, indem sie etwas von +119% schreiben: was nur bedeutet, dass sie letztes Jahr etwa halb so viele Surface verkaufen konnten – und das war ein sehr bescheidenes Ergebnis.

    Fakt ist: auch im Jahr 3 des Surface ist es noch immer nur ein Nischengerät, und das war definitiv nie Microsofts Ziel – sie werben ja aktiv gegen das iPad Air, nachdem sie gegen das iPad zu Beginn mit dem Surface RT gescheitert sind. Und, na ja: das iPad Air dürften sie ebenfalls nicht geschlagen haben., da kommt ein’wir wollten ja nur das Konzept zeigen‘ gerade als Ausrede recht. ;-)

    Schaut man sich die 890 Mio erzielten Umsatz an, und schätzt die Zahl der verkauften Geräte, so sind das wahrscheinlich unter einer Mio Stück. Und so viel wurden vom Surface 1st Gen ebenfalls verkauft. Und das nannte man damals einen Flop, und es gab eine 1 Mrd Dollar Abschreibung.

    Gestartet ist Microsoft mit dem Anspruch mit dem Surface eine neue Geräteklasse zwischen iPad und MacBook Air zu platzieren – und da dürften dann die 1 Mio Stück je Quartal wohl außer echten Microsoft Anhängern kaum jemanden erreicht haben.

    Wenn Microsoft das nun als ‚Konzeptmodell‘ umzudeklarieren versucht, ist das ja schön – aber es ist dann wohl auch ein Versuch ihren Mißerfolg zu verbergen. Das Surface hat es ganz klar nicht geschafft zum Megaseller zu werden.

    Zieht man die Werbungskosten für die Kampagne ab, dürfte zumindest wirtschaftlich das Surface kaum einen ‚Achtungserfolg‘ eingefahren haben.

    Ach ja: die Mac Verkäufe sind um 9% gestiegen, da ist der Blick auf den Anteil am Umsatz dann doch etwas irreführend. Das liegt ja eben am sehr guten iPhone Verkauf. Btw.: die PC Verkäufe gingen laut Gartner/IDC um 7-9% zurück. Auch in diesem Quartal. Da sind +9% herausragend. Wieviele wohl vorher Win 8 Anwender waren? ;-)

    Und der Satz mit den Displaygrößen klingt ja fast so, als ob Apple nur jedes Jahr andere Displaygrößen bringen müsste, um neue Rekorde einzufahren, und wenn das nicht passiert, würden sie schon sehen wie weit sie kommen? Etwa 85% der Apple iPhone Käufer kaufen wieder ein iPhone. Auch wenn die Größe sich nicht ändert. ;-)

    Und letzer Punkt: Cook sagte einen schönen Satz, der neben China ein zweites Wachstumsfeld aufzeigt: „Noch nie sind mehr Kunden von Android zum iPhone gewechselt“ – da gibt es also sehr viel Wachstumspotential. Da werden noch einige entnervt nachfolgen. ;-)

    • Am 23. Juli 2015 um 20:56 von Electraglide

      Hi PeerH,

      Sie sind ja wohl aus der PR-Abteilung von Apple. Oder aber Sie sind ein Apple-Jünger, der sein tägliches Mantra abgeliefert hat. Danke für die Erleuchtung.
      Ps. Ich habe übrigens auch Apple-Geräte , bin aber zum Glück nicht verblendet und habe meine Kritikfähigkeit noch behalten.

      • Am 25. Juli 2015 um 16:12 von Judas Ischias

        @Electraglide,
        die „normalen“ Apple-User sind hier selten vertreten, deshalb gehen solche Nutzer fast komplett unter.
        Wogegen es hier gar nicht so viele extreme Appler gibt, aber diese wenigen Schreiber sind halt sehr extrem.
        Oft schreiben diese auch unter mehreren Namen und schieben sich die Kommentare zu.
        Deshalb fallen Leute wie PeerH auch besonders oft durch sehr lobenswerte Kommentare für Apple auf.
        Es scheint bei Ihm eine Lebenseinstellung zu sein. :)
        Ist wirklich schön, dass es auch mal anderen Lesern auffällt.

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