Online-Funktion des neuen Personalausweises wird kaum genutzt

Im vergangenen Jahr machten laut einer GfK-Umfrage nur fünf Prozent der 35 Millionen Ausweisbesitzer von der Möglichkeit Gebrauch, sich via eID im Internet zu identifizieren. Für digitale Behördengänge setzten ihn immerhin 9,3 Prozent und für kommerzielle Anwendungen 7,9 Prozent ein.

Die zum Start des neuen elektronischen Personalausweises (nPA) Ende 2010 heftig beworbene Online-Funktion wird bis heute offenbar kaum genutzt. Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK im Auftrag der Welt am Sonntag haben lediglich fünf Prozent der Deutschen in den vergangenen zwölf Monaten von der eID-Funktion Gebrauch gemacht, um sich im Internet zu identifizieren. Insgesamt besitzen rund 35 Millionen Bundesbürger den nPA.

Muster des neuen Personalausweises (Bild: BMI)Für digitale Behördengänge wurde der neue Personalausweises der Untersuchung zufolge im letzten Jahr immerhin von 9,3 Prozent der insgesamt 1983 Umfrageteilnehmern eingesetzt. Für kommerzielle Anwendungen im Internet lag die Nutzungsquote bei 7,9 Prozent.

Auf Anfrage der Zeitung teilte das Bundesinnenministerium mit, ihm lägen „keine konkrete Zahlen zur Nutzung der Online-Funktion vor“. Nach Schätzungen sei sie aber bei rund jedem dritten Ausweis mit integrierter Chipkarte freigeschaltet. Angesichts der Tatsache, dass die Funktion standardmäßig aktiviert ist und nur auf Wunsch abgeschaltet wird, haben sich also rund zwei Drittel der Bürger, die den nPA besitzen, bewusst gegen die Freischaltung der Funktion entschieden.

An den Kosten kann das mäßige Interesse für die eID-Funktion eigentlich nicht liegen: Die erstmalige Freischaltung ist gratis, der Preis für ein Lesegerät liegt zwischen 30 und 150 Euro. Vielmehr dürften Sicherheitsbedenken eine Rolle spielen. So äußerte der Chaos Computer Club schon 2010 Zweifel an der Sicherheit des Systems – vor allem die eingesetzten Lesegeräte seien ein Schwachpunkt. Hinzu kommt, dass die für den eID-Service benötigte, kostenlose Software in ihrer ursprünglichen Version gravierende Sicherheitsmängel aufwies. So musste das zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die AusweisApp sogar vorübergehend zurückziehen, ehe es im Januar 2011 eine fehlerbereinigte Fassung bereitstellte.

Vielen Anwendern fehlt offensichtlich auch einfach nur der Anreiz, die Online-Funktion aktiv zu lassen. Denn nach Recherchen der Welt am Sonntag haben bisher nur 55 kommerzielle und 109 behördliche Anbieter beim Bundesverwaltungsamt das Zertifikat erworben, das sie zu einer digitalen Identitätsprüfung per nPA berechtigt.

„Der neue Personalausweis leidet bis heute unter seinen Geburtsfehlern. In vielen Bürgerämtern wurde den Leuten ja sogar empfohlen, die Online-Funktion besser nicht freizuschalten“, bemängelt Pablo Mentzinis, Bereichsleiter für den Öffentlichen Sektor beim Branchenverband Bitkom, und wiederholte damit seine Kritik vom Oktober 2012. Damals sagte er auch, die eID werde wenig genutzt, weil das Angebot nicht bekannt genug sei. Eine mangelnde Schulung von Behördenmitarbeitern, fehlende Öffentlichkeitsarbeit und eine anfangs nicht bedienerfreundliche App hätten dazu geführt, dass ein an sich sinnvolles Projekt von vorneherein in das falsche Fahrwasser geraten sei.

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8 Kommentare zu Online-Funktion des neuen Personalausweises wird kaum genutzt

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  • Am 9. Juni 2015 um 9:13 von Wolfgang Barth

    Die Identitätsprüfung per nPa ist vor allem deswegen ein Flop, weil die Nutzung gesetzlich beschränkt ist auf Fälle, in denen eine Identitätsprüfung vorgeschrieben ist.
    Damit dürfen zum Beispiel Onlinehändler diese NICHT benutzen. Die sehr schöne Idee per Ausweis identifizierten Kunden evtl. eine Zahlung per Rechnung anzubieten ist damit NICHT ZULÄSSIG.
    Damit und wegen sehr hoher technischer Einstiegshürden (Hardware, Zertifikat) für Anbieter war von Anfang an absehbar, daß hier keine breite Anwendungslandschaft entstehen kann.

  • Am 9. Juni 2015 um 10:25 von Hanno

    Wolfgang Barth hat es auf den Punkt gebracht. Angela Merkels Interesse sind die großen Dinge in der Welt, etwa die Aussenpolitik. Da kümmert sich im ganzen Regierungsladen halt niemand um so lächerliche Sachen wie den E-Ausweis bzw. bastelt sogar an Hindernissen, wie angegeben.

    Wie wäre es sonst zu erklären, dass inzwischen jede Onlinebank ihr eigenes System entwickelt hat, um Transaktionssicherheit zu gewährleisten – das ist doch der pure Wahnsinn und Verschwendung von Mitteln. Und man hat dann neben seinem PC z. B. 17 Lesegeräte stehen, um sich beim Onlinehändler, der Bank oder sonstwo zu identifizieren. Das Handy für die eTAN ist ja auch da. Was schert es die Politik.

    Und wenn man gar an Brüssel denkt… Wäre doch eigentlich eine feine Sache, wenn die Identifikation in ganz Europa einheitlich geregelt würde, aber fragen wir mal den Herrn Öttinger. Wenn man schon daran denkt, kommt einem das Grausen.

    Stattdessen beobachtet man mit ironischer Bewunderung, wie z. B. das im kommenden Jahr bei uns eingeführt werden sollende terrestrische Digital-TV (DVB-T2) nicht kompatibel sein wird mit dem bereits 2013 in Österreich eingeführten DVB-T2. Und die Programme werden künftig verschlüsselt.

    So wächst Europa zusammen, und deshalb leisten wir uns Brüssel. Oder sollte man da vielleicht doch irgendwie was ändern? Dann könnte der ePa vielleicht doch noch …

  • Am 18. Juni 2015 um 12:40 von Ralf Götz

    Ich wollte gerade mal schnell mit dem neuen Ausweis die Beantragung eines Führungszeugnisses erledigen und auch die elektronische Signaturfunktion endlich freischalten. Mhh. Nach 30 Minuten Anleitung lesen habe ich die Nase voll. Obwohl ich technisch recht interessiert bin lasse ich es und schicke nun einen Brief mit Bargeld inkl. Ausweiskopie ans Amt. Das dauert 10 Minuten und wird auch akzeptiert.

    Ich habe den neuen Ausweis seit 2011. Jetzt könnte er mich endlich mal unterstützen. Kann er aber nicht da ich ja noch vorher so viel erledigen muss. Es scheint jedoch gerade eine AusweisAPP2 in der Pilotphase zu sein. Die bringt mir aber aktuell nur was beim Führungszeugnis.
    Wenn es um die elektronische Signatur geht dann wird’s richtig teuer. Jährliche Kosten für’s Zertifikat und wohl ein spezieller Kartenleser für >100 EUR.
    Viel zu kompliziert für den Standarduser.
    Aber zum Glück regelt es die Wirtschaft ja meist selber.
    Ich kann heute schon online Versicherungen abschliessen mit ein paar Mausklicks und dies ohne QES (Qualifizierte Elektronische Signatur). Geht z.B. bei Check24 so.
    Bei Bankgeschäften (z.B. Depoteröffnung) nutzen wir als Firma selber seit Kurzem die elektronische Signatur eines führenden Maklerpools. Habe vor Kurzem selber auf meinem Smartphone mit einem Stift Antragsdokumente unterschrieben. Foto vom Ausweis macht normalerweise der Berater inkl. Ident vor Ort oder Videoident. Und gut ist. Hier machen immer mehr Banken mit da alles elektronisch läuft.
    Onlineshops bieten schon recht lange den Rechnungskauf an. Im Hintergrund sichert dies dann ein Factoring Unternehmen ab. Wozu benötige ich nun den Ausweis?
    Bezogen auf den neuen Perso müsste dann ja aber jeder Kunde ein Kartenleser inkl. Zertifikat vorher angeschafft haben. Ein Wahnsinn.
    Schon die 10 EURO pro Jahr für’s Zertifikat wären mir zu viel da ich ja nur alle paar Jahre etwas beim Amt erledigen muss.

    Es ist sehr schade, dass bei vielen IT Projekten, die der Staat anfasst, immer wieder massiv Steuergelder verblasen werden. Den Ausweis gibt’s seit 2010 und aktuell nutzt die Onlinefunktionen immer noch kaum einer.

    • Am 20. Dezember 2019 um 19:30 von Zak McKracken

      Unterschriften per Stift auf Smartphone sind häufig nicht wirklich besser als Unterschriften einzuscannen und als Bilder in Dokumente einzufügen: Die faktische Aussagekraft geht gegen Null.

  • Am 7. März 2016 um 12:20 von Johan Sparplan

    Immer halbwegs Lösungen in Deutschland.
    Lass mich Reisepass ONLINE beantragen.
    Lass mich Anmeldung ONLINE machen.
    Dann werde ich diesen Online Personalausweis auch benutzen!
    (und vielleicht dann musste man nicht 75 Euro bezahlen um Termin zu kriegen am Berliner Bürgeramt)

  • Am 10. April 2016 um 9:32 von Manfred

    Warum habe ich auf meinem neuen PA auf der Vorderseite rechts oben keine
    Zahlenfolge mehr,sondern 7 Buchstaben und 2 Zahlen?
    Die IDD auf der Rückseite hat 7 die gleichen Buchstaben und 3 Zahlen.
    Normal sollen diese die Ausweisnummer des PA sein. Bei einem Anbieter zB.
    wo man die PA-Nr.angeben muß(Handykauf mit Vertrag),wird diese nicht
    anerkannt.Wer kann mir darauf antworten!

  • Am 22. Juni 2016 um 15:53 von M. L`hoste

    Habe gestern meinen neuen Perso mit online Ausweisfunktion erhalten. War bei mir wie in o. g. Bericht beschrieben. Ich wurde von der Dame auf dem Amt direkt gefragt, ob ich die Online-Funktion nicht ausschalten möge. Wäre sogar besser. Denn wenn mein Pass verloren geht, müsste ich den dann ja sofort sperren lassen. Hat keinerlei Versuche unternommen, mir die Online-Funktion „schmackhaft“ zu machen, in dem sie mir z. Bsp. die Vorteile des ganzen Systems vorstellt. Sie wusste außer dem „negativen“ Punkt des Sperrens bei Verlust, nix weiter zu diesem Thema.
    Dann funktionierte das Ändern des Pin`s nicht usw.
    Also Erfolg auf ganzer Linie :-)Es hat sich dann wohl seit diesem Artikel nichts an der Praxis der Behörden bzw. der Schulung des Behördenpersonals geändert :-(

    habe

  • Am 20. Dezember 2019 um 19:28 von Zak McKracken

    Ich habe einen ePerso mit aktivierter Online-Funktion, und ein Lesegerät.
    Den Perso habe ich seit acht Jahren, das Lesegerät seit etwa sechs.
    Ich wohne außerdem im Ausland, und finde es genial, mich ohne große Umstände online gegenüber deutschen Behörden etc. identifizieren zu können, weil ich eben nicht mal eben mit dem Perso persönlich vorbeikommen kann.

    … ich habe aber noch _nie_ irgendeine Möglichkeit gefunden, den ePerso einzusetzen. Habe grade eben mal wieder ein PostIdent-Formular zum Runterladen bekommen, dass ich nicht gebrauchen kann, und für das keine Alternative angeboten wird.

    ==> es liegt nicht an den Nutzern, wie dieser Artikel suggeriert, es liegt an den (nicht-)Anbietern, bzw. der Organisation des (nicht-)Angebots.

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