EU: Sperren illegaler Websites ist zur Bekämpfung von Piraterie ungeeignet

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Joint Research Center der Europäischen Union. Für ihre Untersuchung analysierten die Studienautoren die Auswirkungen der 2011 durchgesetzten Schließung des Videostreamingportals Kino.to. Diese hatte ihnen zufolge nur einen minimalen Effekt auf den Markt für illegale Videoinhalte.

Das Blockieren und Schließen illegaler Filesharing- sowie Videostreaming-Websites hat langfristig praktisch keinen Effekt auf Musik- und Videopiraterie. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Joint Research Center der Europäischen Union. Diese Maßnahmen zur Durchsetzung des Urheberrechts brächten „bedeutende aber [nur] kurzzeitige“ Rückgänge der Piraterieaktivität, heißt es darin.

Piraterie (Bild: Shutterstock)Für ihre Untersuchung analysierten die Studienautoren Luis Aguiar, Jörg Claussen und Christian Peukert die Auswirkungen der 2011 durchgesetzten Schließung des ehemals sehr populären deutschen Videostreamingportals Kino.to. Nach seiner Gründung im Jahr 2008 entwickelte sich das Streamingverzeichnis in kurzer Zeit zu einer der Hauptquellen für illegal ins Internet eingestellte Filme und Serien. Mit Werbung und einem kostenpflichtigen Premium-Angebot sollen die Betreiber mehr als 2,9 Millionen Dollar eingenommen haben.

Die zügige und effektive Schließung des Angebots durch die deutsche Polizei hatte der EU-Studie zufolge aber nur einen minimalen Effekt auf den Markt für illegale Videoinhalte. Durch die Auswertung der Clickstream-Daten von mehr als 5000 Internetnutzern in drei Ländern stellten die Forscher fest, dass diese Nutzer „kaum Schwierigkeiten“ hatten, zu einer anderen Site zu wechseln.

„Die Schließung von Kino.to resultierte in einer noch stärker fragmentierten Struktur des Markts für unlizenziertes Filmstreaming. Dies könnte ein zukünftiges Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden entweder teurer machen – da es keine einzelne dominierende Plattform mehr zu Schließen gibt – oder weniger effizient als wenn nur eine einzige Website Ziel der Ermittlungen ist“, heißt es in der Studie. Mit anderen Worten: Wenn eine Piraterieseite geschlossen wurde, entstanden an ihrer Stelle gleich mehrere neue.

In einigen Staaten, einschließlich Deutschland, Frankreich und Großbritannien, wurden in den letzten Jahren die Urhebergesetze verschärft und mehrere Gerichtsprozesse zur Schließung von Websites ausgetragen. Ein Verfahren vor dem britischen High Court gegen die wohl berüchtigste Piraterie-Site The Pirate Bay endete damit, dass die führenden Internet-Provider Großbritanniens den Zugang zu dem Torrent-Tracker blockieren mussten. Doch auch dies hatte nur einen geringen Effekt auf den Traffic der Site, die laut Alexa nach wie vor zu den 500 meistbesuchten Websites weltweit zählt.

Die EU-Studie merkt hinsichtlich der Schließung von Kino.to auch an, dass andere Sites die dadurch entstandene Lücke schnell wieder geschlossen hätten. „Durch die zügige Entstehung neuer urheberrechtsverletzender Plattformen konnte sich der Pirateriemarkt für Filmstreaming schnell wieder von dem Eingriff erholen.“

Weiterhin weisen die Studienautoren darauf hin, dass nach dem Aus von Kino.to nur 2,5 Prozent der Nutzer zu lizenzierten Videoplattformen gewechselt seien. Doch nur so würde sich eine Schließung für die Rechteinhaber bezahlt machen. Sie könnten keine positiven Effekte erwarten, wenn die Nutzer weiterhin nicht bereit seien, für eine lizenzierte Version ihrer Produkte zu bezahlen.

[mit Material von Zack Whittaker, ZDNet.com]

Themenseiten: European Commission, Streaming, Tauschbörse, Urheberrecht, Video

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

3 Kommentare zu EU: Sperren illegaler Websites ist zur Bekämpfung von Piraterie ungeeignet

Kommentar hinzufügen
  • Am 16. Mai 2015 um 14:10 von Hi, hi...

    …wie schön, dass eine groß angelegte Studie genau das bestätigt, was der durchschnittliche Internetnutzer ohne darüber nachdenken zu müssen auch so festgestellt hat.
    *kopfschüttel*

    • Am 18. Mai 2015 um 17:22 von Judas Ischias

      Du wirst diesen EU-Bürokraten doch nicht etwa Sachverstand unterstellt haben?;)

  • Am 18. Mai 2015 um 8:19 von Jcc

    Netflix in den USA haben gezeigt, dass die Leute durchaus bereit sind Geld für legale Streamingseiten zu bezahlen. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Angebot groß und aktuell ist, die Qualität stimmt und die Bedienung unkompliziert. Legale Streamingseiten müssen in ernsthafte Konkurrenz zu den bösen Brüdern treten. Das hat in Deutschland noch keine Plattform geschafft (Netflix Deutschland ist auf einem guten Weg).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *