Bericht: Mobilfunkanbieter wollen Online-Werbung in ihren Netzen blockieren

Damit sollen Konzerne wie Google dazu gezwungen werden, die Carrier an ihren Werbeeinnahmen zu beteiligen. Denn die Netzbetreiber werfen Internet- und Medienunternehmen schon länger vor, von ihren Netzen zu profitieren, ohne einen Beitrag zu den hohen Infrastrukturkosten zu leisten. Der Vorstoß stellt allerdings einen Angriff auf die Netzneutralität dar.

Einige Mobilfunkanbieter planen angeblich, Werbeblocker in ihren Netzen einzurichten, was sicherlich zu einer größeren Auseinandersetzung mit Internetfirmen wie Google, Yahoo oder AOL führen dürfte. Wie die Financial Times berichtet, hat ein europäischer Carrier bereits eine Blocking-Software in seinen Rechenzentren installiert und will diese noch vor Ende 2015 aktivieren. Sie verhindert dem Bericht zufolge, dass die meisten Werbearten auf Webseiten oder in Apps geladen werden. So genannte „In-feed“-Anzeigen, wie sie auf Facebook und Twitter zu finden sind, sollen davon aber nicht betroffen sein.

Mobiles Internet (Bild: Shutterstock/Peshkova)Ein Vertreter des Mobilfunkanbieters sagte gegenüber der Zeitung, dass man zunächst auf Opt-in-Basis einen werbefreien Service für Kunden starten werde. Man erwäge aber auch eine radikalere Methode, die sein gesamtes Mobilfunknetz mit Millionen Kunden auf einen Schlag werbefrei machen würde. Damit ziele man insbesondere auf Google ab. Indem man Werbung auf dessen Websites blockiere, wolle man den Internetkonzern dazu zwingen, einen Teil seiner Werbeeinnahmen an die Carrier abzutreten.

Zugleich räumte der Manager des Carriers ein, dass die intern als „Die Bombe“ bezeichnete radikale Lösung, sowohl aus legaler als auch aus PR-Sicht riskant sein könnte. Schließlich würde man damit gegen die Richtlinien zur Netzneutralität verstoßen, die in der Europäischen Union und in den USA gelten. Sie schreiben fest, dass Telekommunikationsunternehmen jeglichen Datenverkehr, der durch ihre Netze geleitet wird, gleich behandeln müssen.

Doch selbst in diesen Märkten sei es möglich, Google-Anzeigen „nur für eine Stunde oder einen Tag“ zu blockieren, um das Unternehmen an den Verhandlungstisch zu bringen, so der Manager weiter. Viele Netzbetreiber werfen Internet- und Medienkonzernen schon länger vor, viel Geld in ihren Netzen zu verdienen, ohne sich an den hohen Infrastrukturkosten zu beteiligen. Googles Ankündigung vom letzten Monat, mit Project Fi ein eigenes Mobilfunkangebot in den USA zu starten, goß weiteres Öl ins Feuer.

Die Werbeblockertechnik wurde von dem israelischen Start-up Shine entwickelt, zu dessen Investoren auch Horizon Ventures zählt. Bei Horizon Ventures handelt es sich wiederum um den Investmentfonds von Li Ka-shing, dem reichsten Mann Asiens. Dieser kontrolliert mit Hutchison Whampoa auch einen der weltgrößten Telkommunkationskonzerne. Pikanterweise will angeblich auch Google mit Hutchison Whampoa zusammenarbeiten, um sein globales Mobilfunk-Roamingangebot zu realisieren.

„Millionen Mobilfunkkunden weltweit werden bis Ende des Jahres die Opt-in-Option nutzen, um Werbung zu blockieren“, sagte Roi Carthy, Chief Marketing Officer von Shine, der Financial Times. „Wenn dies Schule macht, könnte es eine verheerende Wirkung auf die Online-Werbebranche haben.“ Nach eigenen Angaben arbeitet Shine mit einer Reihe Netzbetreibern zusammen, darunter auch einem mit knapp 40 Millionen Kunden.

Google argumentiert dagegen, dass es unvernünftig von Mobilfunkanbietern wäre, Werbung zu blockieren. „Die Leute zahlen für mobile Internettarife, so dass sie auf Apps, Videostreaming, Webmail und andere beliebte Dienste zugreifen können, von denen viele werbefinanziert sind. Google und andere Firmen investieren viel in die Entwicklung dieser Dienste – und in die zugrundeliegende Infrastruktur, um sie bereitzustellen.“

Carthy hält dagegen, dass die Eliminierung aufdringlicher Anzeigen ein „Verbraucherrecht“ sei, selbst wenn dies das Geschäftsmodell einiger Online-Verlage untergrabe, die auf Werbung setzten. „Online-Werbung ist außer Kontrolle und zerstört die Nutzererfahrung“, sagt er. Pop-ups, selbststartende Videos und andere Formen digitaler Werbung verschlängen 10 bis 50 Prozent des verfügbaren Datenvolumens eines Kunden.

Tipp: Wie gut kennen Sie Google? Testen Sie Ihr Wissen – mit dem Quiz auf silicon.de.

Themenseiten: Google, Mobile, Telekommunikation

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

5 Kommentare zu Bericht: Mobilfunkanbieter wollen Online-Werbung in ihren Netzen blockieren

Kommentar hinzufügen
  • Am 15. Mai 2015 um 13:50 von punisher

    Keine Werbung wäre mal richtig schön, auch wenn es dank adblockern schon so ist. Aber leider geht es hier mal wieder um Erpressung auf hohem Niveau. Bald wollen die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel dann extra Geld von Einzelhändlern und Discountern, da die Fahrgäste ja tütenweise die Einkäufe mitnehmen.

  • Am 15. Mai 2015 um 14:51 von Thomas

    Ein Internet-Provider hat nichts herauszufiltern, das ist Zensur und nicht akzeptabel. Auch erhalten die Provider den Datenverkehr, der auch die Werbung einschließt, bezahlt. Nur wenn der Kunde den Provider mit dem Betrieb eines Werbeblockers beauftragt, wäre das etwas anderes. Manche Provider geben sich wohl nicht mit dem Transport der Daten zufrieden, sondern wollen eine Art Maut für besondern lukrative Daten einführen. Das untergräbt die Netzneutralität. Diese sollte endlich gesetzlich sichergestellt werden.

  • Am 15. Mai 2015 um 17:23 von Judas Ischias

    Auch „wenn die Eliminierung von Werbung ein Verbraucherrecht“ ist, wäre das mit Sicherheit der Tod von etlichen Onlinemagazinen, die sich einen Teil der Kosten durch Werbung finanzieren.
    Ich fände es auch super wenn man von Werbung verschont bliebe. Wenn mich mein Gefühl nicht schwer täuscht, hat die Werbung auch hier seit der Umstellung um etliches zugenommen.
    Ad-Blocker funktionieren auch nur bedingt auf mobilen Geräten (ohne root).
    Aber wie sollten es die Online-Magazine denn dann handhaben?
    Das ganze Magazin bezahlen?
    Bin ich dagegen, weil mich nicht jedes Thema interessiert.
    Per anklicken des Beitrags, wo das Geld gleich eingezogen wird?
    Dürfte auch ziemlich schwierig werden.
    Am besten wäre es wie bei der Zwangsabgabe für die GEZ.;)
    Jeder hat einen bestimmten Betrag abzudrücken, ob es genutzt und gewollt wird, oder nicht.;)
    Ich hoffe, die ganze Bande fliegt mit dieser Schnapsidee voll auf die Fresse.

  • Am 17. Mai 2015 um 15:35 von serra.avatar

    naja ob ich die nun selber blocke oder der provider kommt dann aufs gleiche raus ;p

    nur muss sichergestellt sein das wirklich jede Werbung geblockt wird und nicht bezahlte Werbung durchrutscht!

    Wobei halt immer noch gilt der Provider stellt die Leitung und sonst nix!

    • Am 17. Mai 2015 um 22:49 von PeerH

      @serra.avatar: ohne Werbung würde das Download Volumen bedeutend länger halten – das spricht eher dagegen, dass die Carrier das durchziehen. Sie würden kleinere Volumen Pakete verkaufen. ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *