EU will einheitlichen Digital-Markt schaffen

Der zuständige Kommissar Andrus Ansip stellt am 6. Mai seine Strategie vor. Sie sieht unter anderem eine Schließung von Steuerschlupflöchern und eine stärkere Regulierung von Messaging-Diensten vor. Seine Vorschläge sind in der EU-Kommission offenbar umstritten.

Die Europäische Union wird einem Bericht des Wall Street Journal zufolge am 6. Mai ihre Pläne für einen einheitlichen Markt für digitale Waren, Inhalte und Dienste vorstellen. Ziel ist demnach, wie schon von EU-Kommissar Günther Oettinger auf der Hannover Messe formuliert, eine Stärkung europäischer Anbieter gegenüber den dominierenden US-Akteuren.

EU-Flagge (Bild: EU)Die neue Strategie, die von Andrus Ansip, Kommissar für den einheitlichen Digital-Markt, entwickelt wurde, soll dem Bericht zufolge in den kommenden zwei Jahren in mehreren Phasen implementiert werden. Er will demnach unter anderem den grenzüberschreitenden Online-Handel vereinfachen. Derzeit behinderten unterschiedliche Gesetze, Steuern, Regeln für den Verbraucherschutz und Urheberrechte den Online-Handel. Vor allem sollen die komplizierten Umsatzsteuerregeln vereinheitlicht werden, damit auch kleine und mittlere Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen einfacher europaweit anbieten können.

Auch die Beschränkung von Inhalten auf bestimmte Regionen sind der EU ein Dorn im Auge. Anbieter wie Netflix sollen angeblich künftig gezwungen werden, ihre Angebote in der gesamten EU verfügbar zu machen. Derzeit seien nur weniger als 4 Prozent der Video-on-Demand-Inhalte länderübergreifend erhältlich. Nutzer, die beispielsweise Inhalte in einem Land abonniert haben, sollen sie auch in einem anderen EU-Land abrufen können.

Im Rahmen eines einheitlichen Digital-Markts will die EU aber auch Steuerschlupflöcher schließen, die derzeit von Firmen wie Amazon, Apple und Google genutzt werden. Sie sollen ihre Gewinne künftig in dem Land versteuern, indem auch die Werte geschaffen werden. Eine Umleitung von Gewinnen in ein EU-Land mit niedrigeren Steuersätzen soll so verhindert werden.

Ein weiterer Bereich, den die EU reformieren will, ist die Frequenzvergabe. Sie will laut WSJ unter anderem die Bedingungen vereinheitlichen, zu denen Mobilfunkanbieter Frequenzen ersteigern können. Unterschiedliche zeitliche Vorgaben hätten dazu geführt, dass in einigen Ländern schnelle 4G-Netze bereits zur Verfügung ständen, während vor allem Nutzer in Südeuropa weiter auf langsame 3G- oder gar 2G-Netze angewiesen seien.

Den Netzausbau will die EU indirekt durch Regeln beschleunigen, die einen Zusammenschluss von Telekomfirmen vereinfachen. Gleichzeitig sollen aber auch die Regeln für Messaging-Dienste wie Facebooks WhatsApp verschärft werden, die unter anderem die Deutsche Telekom als direkte Konkurrenz ansieht. Facebook argumentiert jedoch, dass die Anbieter auch von Messaging-Anwendungen profitieren, da Kunden teurere Datentarife kauften, um Dienste wie WhatsApp nutzen zu können.

Schließlich will die EU dem Bericht zufolge auch die Auswirkungen von Suchmaschinen, App Stores und Sozialen Netzwerken auf den Binnenmarkt prüfen. Das Strategiepapier nenne zwar keine Namen, die EU-Kommission prüfe aber die Geschäftsmodelle von Firmen wie Google, Facebook, Apple, Uber und AirBnb auf mögliche unfaire Bedingungen und Praktiken sowie nicht transparente Preismodelle und auch ihre Nutzung von Kundendaten für zielgerichtete Werbung.

Wie Politico berichtet, ist Ansips Strategiepapier jedoch umstritten. Angeblich fordert Frans Timmermans, erster Vizepräsident der EU-Kommission, eine weniger weit reichende Regulierung und konkretere Vorschläge. Den Quellen von Politico zufolge soll Ansip zudem versucht haben, interne Kritik einzudämmen, indem er seinen Kollegen nur die für sie relevanten Teile seines Strategiepapiers zur Verfügung gestellt habe.

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