Blackberry protestiert gegen Diskriminierung seiner Plattform

Blackberry erwartet offenbar von der US-Kommunikationsbehörde FCC, dass sie Entwickler zwingt, Apps auch für seine Plattform zu schreiben. Das geht aus einem Brief von CEO John Chen an Kongressmitglieder hervor, in dem er sich über Diskriminierung beschwert. Er bezieht sich dabei ausdrücklich auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Netzneutralität in den USA, also einer Gleichberechtigung aller Daten und Dienste im Internet.

Blackberry-CEO John Chen bei einer Pressekonferenz auf dem
Mobile World Congress in Barcelona (Bild: Brian Bennett / CNET)

„Neutralität muss auf Applikations- und Inhalte-Ebene angeordnet werden, wenn wir wirklich ein freies, offenes und nicht diskriminierendes Internet wollen“, schreibt der Blackberry-CEO. „Alle Kunden von Breitband-Mobilfunk müssen die Möglichkeit haben, auf gesetzeskonforme Anwendungen und Dienste nach Wahl zuzugreifen, und Anbieter von Anwendungen und Diensten müssen daran gehindert werden, Kunden aufgrund des Mobilbetriebssystems zu diskriminieren.“

Weiter steht dort: „Leider setzen nicht alle Anbieter von Inhalten und Applikationen auf Offenheit und Neutralität. Anders als Blackberry, das iPhone-Nutzern den Download und die Nutzung unseres Diensts BBM ermöglicht, realisiert Apple keine Download-Option von iMessage für Blackberry- oder Android-Nutzer.“ Besonders kritisiert Chen den Videostreamingdienst Netflix, der für Netzneutralität auf Zugangsstufe plädiere, aber seinen Dienst nur unter iOS und Android verfügbar mache. Viele andere hielten es ähnlich.

Chen kommt zu dem Schluss, dass ein Netzneutralitätsgesetz wie die derzeit diskutierten Entwürfe nichts bewirken werde, wenn es nicht auch bei Inhalten und Anwendungen Neutralität erzwinge.

Der Blackberry-CEO versäumt allerdings zu erwähnen, zur Unterstützung wie vieler Betriebssysteme App-Entwickler und Inhalteanbieter nach seiner Auffassung gezwungen werden sollen und ob die US-Politik nicht beispielsweise auch Windows-Phone- und Tizen-Apps per Gesetz verpflichtend machen müsste. Dass er für Blackberry eine Sonderstellung beansprucht, macht er aber schon einleitend unmissverständlich klar: „Wir stellen die weltweit sicherste Plattform für Mobilkommunikation bereit. Präsident Obama, Premierminister David Cameron, Kanzlerin Merkel, die NATO, das US-Verteidigungsministerium und Mitglieder des Kongresses verlassen sich auf unser Hochsicherheits-Kommunikationsnetz mit Sicherheit von Endpunkt zu Endpunkt, um ihre geheimste Kommunikation zu schützen.“

Chen, der schon Sybase gerettet hatte, löste bei Blackberry im November 2013 den glücklosen Thorsten Heins ab. Es ist ihm offenbar gelungen, das Unternehmen gesundzuschrumpfen. Im November 2014 sagte er: „Ich bin ziemlich zuversichtlich. Wir haben die Lieferkette im Griff, auch das Inventar, die Barreserven, und unsere Ausgaben sind jetzt in einer Höhe, mit der wir gut zurechtkommen.“ Es strebt nun einen ausgeglichenen Geldfluss bis Ende des Finanzjahrs an. Einen Gewinn will es – wenigstens nach Abschreibungen – im Finanzjahr 2016 erwirtschaften, das im März beginnt.

Der geradezu verzweifelte Brief an die Politik wirkt nun allerdings wie ein Hinweis, dass Blackberrys Smartphone-Geschäft auch Chen vor unüberwindliche Probleme stellt. Die Plattform hat einen Marktanteil von etwa einem Prozent, was zu Desinteresse bei Mobilentwicklern führt. Gibt es aber kaum Apps, fällt es Blackberry umgekehrt schwer, seinen Hardware-Marktanteil zu steigern. Im Frühjahr 2014 hatte Chen schon einmal vorsichtig erwogen, sich vom Smartphone-Geschäft zu trennen, falls es unprofitabel bleibt.

[mit Material von Chris Duckett, ZDNet.com]

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Florian Kalenda

Seit dem Palm Vx mit Klapp-Tastatur war Florian mit keinem elektronischen Gerät mehr vollkommen zufrieden. Er nutzt derzeit privat Android, Blackberry, iOS, Ubuntu und Windows 7. Die Themen Internetpolitik und China interessieren ihn besonders.

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