Google, Ebay und Facebook protestieren gegen australisches Zensursystem

Das Filtersystem wird laut der Branchenvereinigung AIMIA ständig ausgeweitet. Es gibt zudem keine Kontrollinstanz und keine Transparenz. Ursprünglich sollten mit Verweis aufs Telekommunikationsgesetz ausschließlich von Interpol identifizierte Kinderporno-Server gesperrt werden.

In Australien hat eine Interessengruppe aus 460 Internetfirmen (AIMIA) gegen einen „De-facto-Internet-Filter“ protestiert, den die Bundespolizei nach ihrer Darstellung unter dem Deckmantel des Vorgehens gegen Kinderpornografie eingerichtet hat. Die Firmen, zu denen Ebay, Facebook, Freelancer, Google und Yahoo7 (eine Allianz aus Yahoo und dem TV-Sender Channel 7) zählen, kritisieren vor allem, dass keinerlei Kontrolle des Systems vorgesehen ist.

Flagge von Australien (Bild: WIkipedia/CC)

Die Polizei beruft sich auf Abschnitt 313 des australischen Telekommunikationsgesetzes, um von Interpol identifizierte Kinderporno-Seiten zu zensieren. Im April 2013 war aber durch ein Versehen klar geworden, dass die Zensurmöglichkeiten von Regierungsbehörden weit darüber hinausgehen. Ein Fehler der Australian Securities and Investments Commission (ASIC) sorgte damals dafür, dass für Kunden von zwei Internet-Service-Providern mindestens 250.000 Websites blockiert waren. Die Maßnahme sollte sich eigentlich nur gegen eine Betrugskampagne richten.

Nachforschungen ergaben, dass mindestens drei Regierungsbehörden unter Berufung auf Abschnitt 313 die Möglichkeit haben, Websites zu blockieren, und dass es keine Kontrollinstanz gibt. Das Kommunikationsministerium räumte ein, dass Sperrmaßnahmen eigentlich ministerielle Zustimmung erfordern müssten. Allerdings handle es sich eigentlich nicht um einen Filter.

Mitglieder der AIMIA Digital Policy Group (Screenshot: ZDNet.de)

Die Firmengruppe AIMIA schreibt nun: „Unsere Branche ist besorgt, dass es keine natürlich Grenze für die offenbar fortschreitende Ausweitung dieses Systems gibt.“ Nichts hindere die Regierung, Sperren auf andere als illegale Inhalte zu erweitern. Die Aktualisierung von Sektion 313 sei extrem breit angelegt und gehe weit über die Intentionen der vorherigen Regelung hinaus.

Zudem kann in der Praxis laut AIMIA jeder Beamte einer Bezirks-, Staats- oder Bundesbehörde eine Website-Blockade veranlassen. Dies entspreche nicht den Vorgaben von Sektion 313. Dieser Abschnitt des Telekommunikationsgesetzes sei nur für die Interpol-Liste der schlimmsten Kinderpornografie-Server intendiert gewesen.

Das an die Regierung gerichtete Schreiben der AIMIA ist offensichtlich eine Reaktion auf zunehmende Versuche der australischen Regierung, Kontrolle über das Internet-Angebot zu erlangen. Derzeit wird ergänzend an einem Gesetz gearbeitet, das ISPs zur Sperre von Websites zwingen soll, die gegen das Urheberrecht verstoßen. Immerhin wird dafür eine gerichtliche Anordnung nötig sein. Gerade erst hat Kommunikationsminister Malcolm Turnbull erklärt, auch dieses System sei kein Internet-Filter. Das Wort Internet-Filter ist in Australien vorbelastet, seit Turnbulls Vorgänger Stephen Conroy unter diesem Namen eine Internetzensur einführen wollte, aber am öffentlichen Widerstand scheiterte.

Kinderschutz ist das am häufigsten gebrauchte Argument zugunsten von Internet-Filtertechniken – so auch in Deutschland, wo die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen aber mit ihrem Vorstoß scheiterte. Kritiker bezeichnen solche Filter als ineffizient – lediglich die Anfangshürde für den Zugriff auf verbotenes Material steige. Und Bürgerrechtler geben zu bedenken, dass so eine Überwachungs- und Zensur-Infrastruktur entsteht, die infolge ihrer technischen Möglichkeiten Meinungs- und Pressefreiheit bedroht.

[mit Material von Josh Taylor, ZDNet.com]

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Themenseiten: Ebay, Facebook, Google, Yahoo, Zensur

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Neueste Kommentare 

3 Kommentare zu Google, Ebay und Facebook protestieren gegen australisches Zensursystem

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  • Am 8. Januar 2015 um 17:02 von Frank Furter

    ist doch egal, wie der Mechanismus heißt, die Funktion, Internetseiten zu sperren, ist das Wesentliche.
    Aber man sieht an diesem Beispiel wieder sehr deutlich, mit welcher Frechheit „der Staat“ in die freie Kommunikation eingreift und Grundrechte abbaut.

    (Bei uns wird es so was auch bald geben – um uns vor Dschihadisten, Kinderpornografie, etc. zu schützen – nur zu unserem Besten!)

    • Am 9. Januar 2015 um 10:41 von Selbstreflexion?

      Ja, berechtigte Kritik. Aber verräterisch ist, dass Facebook und Google sich ja dasselbe ‚Recht‘ auf Datensammelei herausnehmen, und als private Unternehmen noch weniger kontrolliert werden. Hier schreien zwei Diebe ganz offensichtlich ‚haltet den Dieb‘ – in der Hoffnung selber nicht an den Pranger zu müssen. ;-) Wer kontrolliert denn diese zwei Unternehmen?
      „. Die Firmen, zu denen Ebay, Facebook, Freelancer, Google und Yahoo7 (eine Allianz aus Yahoo und dem TV-Sender Channel 7) zählen, kritisieren vor allem, dass keinerlei Kontrolle des Systems vorgesehen ist.“

      • Am 9. Januar 2015 um 18:49 von punisher

        Geht es nicht um Zensur hier? Bei dir jedenfalls nicht.

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