Nach Protesten von Dragqueens: Facebook weicht Klarnamenpflicht auf

Es entschuldigt sich bei Betroffenen für die voreilige Löschung hunderter Konten. Künftig sollen Mitglieder den Namen nutzen können, den sie auch im echten Leben verwenden, selbst wenn dieser nicht den Ausweispapieren entspricht. Dazu will es eine neue Methode zum Identitätsnachweis einführen.

Facebook arbeitet derzeit an einer Methode zum Identitätsnachweis für Personen, die es vorziehen, ein Pseudonym statt ihres bürgerlichen Namens in dem Social Network zu verwenden. Das Unternehmen reagiert damit auf Proteste von Schwulenrechtlern, die sich vehement gegen die bisher rigoros durchgesetzte Klarnahmenpflicht ausgesprochen haben. So hatte Facebook zuletzt hunderte Konten von Dragqueens gelöscht, weil diese nur ihren Künsternamen angegeben hatten.

In einem Facebook-Eintrag entschuldigte sich Chief Product Officer Chris Cox dafür jetzt bei Dragqueens, Dragkings, Transsexuellen, Lesben, Schwulen und Bisexuellen. „Unser Grundsatz war nie, dass wir von jedem auf Facebook verlangen, seinen offiziellen Namen anzugeben“, so Cox. „Der Geist hinter unserem Grundsatzes ist, dass jeder auf Facebook den echten Namen nutzt, den er auch im wirklichen Leben verwendet.“

Facebook

In Facebooks offiziellen Namensrichtlinien klingt das jedoch etwas anders. Dort heißt es ausdrücklich: „Der Name, den du verwendest, sollte dein wirklicher Name sein, so wie er auf deiner Kreditkarte, deinem Führerschein oder deinem Studentenausweis angegeben ist.“

Dies will das Social Network jetzt offenbar ändern und anders formulieren. Man arbeite zudem an besseren Methoden, um „die Sister Romas dieser Welt zu authentifizieren, ohne Facebook Leuten mit bösen Absichten zu öffnen“, schreibt Cox weiter. Zugleich werde man den Kundendienst verbessern, um künftig zu verhindern, dass Konten in einer ähnlichen Situtation plötzlich gelöscht werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook seine Identitätsrichtlinien überarbeitet. Mitte Februar hatte es bereits zusätzliche Geschlechtskategorien eingeführt. Damit öffnete sich das Social Network Menschen, die sich nicht eindeutig einem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen. Außer „männlich“ und „weiblich“ können Nutzer seitdem beispielsweise auch „intersexuell“ oder „transsexuell“ in ihrem Profil angeben. Die Abkehr von der strengen Klarnamenpflicht hat allerdings nochmals eine andere Qualität. Denn damit weicht Facebook eine Kernfunktion auf, seinen Fokus auf die wahre Identität im Netz.

Kritik an der Klarnamenpflicht gibt es schon länger, vor allem seitens Aktivisten, die sich für die Rechte von Transsexuellen einsetzen. Aber auch für Nutzer, die aus politischen oder religiösen Gründen ein Pseudonym verwendeten, stellten Facebooks Namensrichtlinien in der Vergangenheit ein Problem dar.

Google+ hatte die seit seiner Einführung vor drei Jahren geltende Klarnamenpflicht Mitte Juli dieses Jahres überraschend aufgegeben. Es entschuldigte sich sogar dafür, nicht früher auf die Nutzer gehört zu haben, die eine solche Änderung schon lange gefordert hatten. Die Öffnung für Pseudonyme solle das Netzwerk zu einem Ort machen, der willkommen heißt und nicht ausschließt.

Datenschützer argumentieren schon länger gegen vorgeschriebene Klarnamen in Social Networks. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) sieht in der möglichen Verwendung von Pseudonymen einen Schutz der Privatsphäre. Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter verklagte sogar vergeblich Facebook, weil seine Klarnamenpflicht gegen deutsches Recht verstoße. Die Richter wandten aber das irische Recht an, da die dortige Facebook-Tochter für das Europageschäft verantwortlich ist.

[mit Material von Ian Sherr, News.com]

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