Chinesische Behörde macht Microsofts Android-Patentansprüche öffentlich

Sie hat infolge der Kartelluntersuchung zur Nokia-Übernahme zwei Listen veröffentlicht. Demnach sieht Microsoft 127 Patente speziell in Android eingesetzt. Bisher waren die Ansprüche unklar, sodass Google die fraglichen Techniken nicht gezielt umgehen konnte.

Die chinesische Kartellbehörde hat auf einer Website hunderte Patente genannt, aufgrund derer Microsoft von Android-Herstellern Lizenzgebühren kassiert. Sie galten bisher als geheim. Die Veröffentlichung scheinen die Chinesen erzwungen zu haben, als ihnen Microsofts Nokia-Übernahme zur Genehmigung vorlag.

Patente (Bild: Shutterstock/Olivier Le Moal)

Die in chinesischer Sprache vorliegenden Dateien werden auf einer Seite zur Nokia-Übernahme verlinkt, die auch in englischer Sprache vorliegt. Ars Technica hat die Patentlisten ausgewertet. Ihm zufolge handelt es sich um eine lange Liste (DOCX) mit 310 Patenten und Patentanträgen und eine kurze mit rund 100, auf die sich die Behörde MOFCOM des chinesischen Handelsministeriums konzentriert zu haben scheint.

Beispielsweise enthält die Langfassung das Dateisystem exFAT und Exchange ActiveSync. In der kürzeren Liste erscheinen sie zusammen als Patentgruppe „24(EAS)“.

Die Langfassung nimmt zudem eine Untergliederung vor. 73 Patente werden als „für Standards essenziell“ bezeichnet; die fraglichen Techniken kommen in eigentlich allen Smartphones zum Einsatz. Es folgen 127 Patente, die Microsoft speziell in Android genutzt sieht. Der letzte Teil setzt sich aus 68 Patentanträgen und 42 Patenten zusammen, die nicht Teil von Standards sind und deren Relation zu Android unklar bleibt.

Die Liste lässt sich aber auch auf andere Weise unterteilen. So stehen Microsofts eigene Erfindungen neben Patenten von Nortel, die das Rockstar-Konsortium unter Beteiligung von Microsoft für 4,5 Milliarden Dollar aufgekauft hat.

microsoft

Etliche der genannten Schutzrechte waren schon früher bekannt – darunter 14, die Microsoft im Jahr 2011 gegen Barnes & Noble einsetzte. Unter diesen finden sich „Vom System bereitgestellte Kindersicherung“ (US-Patent 5.889.522) und „Ladestatus eines Hypermedia-Browsers mit eingeschränkter Displaygröße“ (6.339.780).

Bisher unbekannt waren etwa Ansprüche aufgrund von „Lokale Kundensuche“ mit der laufenden Nummer 8.255.379, „Darstellung wiederkehrender Ereignisse“ (5.813.013) und Nummer 6.999.047: „Lokalisierung und Verfolgung eines Nutzers in einem Drahtlosnetz mit Hilfe von Umgebungsdaten“. Zu den Nortel-Patenten, die an Microsoft übergegangen sind, zählt offenbar US-Patent 5.982.324, das eine Verbindung von GPS und Mobilfunknetz-Zugangsdaten für eine „effiziente Lokalisierung“ schildert. Auch im allgemeinen Teil des Dokuments finden sich Nortel-Patente, etwa Nummer 6.430.174 für ein Kommunikationssystem, das simultan Sprache und Multimedia übertragen kann.

Nach Zählung von Patentblogger Florian Müller, der schon als Berater für Microsoft und Oracle tätig war, hat Microsoft in den vergangenen vier Jahren 23 Patentabkommen mit Herstellern von Android-Smartphones und -Tablets abgeschlossen. Darunter waren HTC, Acer, Viewsonic, Samsung und ZTE sowie die Auftragsfertiger Compal, Pegatron und Foxconn. Zuletzt kamen Dell und Motorola Solutions hinzu.

Microsoft generiert Schätzungen zufolge jährlich zwischen 1 und 2 Milliarden Dollar Umsatz durch Android-Lizenzen. (Im Jahr 2011 sollen es noch 444 Millionen Dollar gewesen sein.) Microsofts Geheimhaltungspolitik erschwerte es bisher Google, Microsoft-Patente durch eine Überarbeitung von Android gezielt zu umgehen. Microsoft sieht das allerdings anders: Auf einer Website namens Patent Tracker stünden seine 40.785 Patente zur Einsichtnahme bereit. Die Datenbank lasse sich durchsuchen, argumentiert es, um Vorwürfe der Verschleierung zu entkräften.

Microsofts Übernahme von Nokia wurde von den meisten Kartellbehörden (darunter die der EU und der USA) schnell genehmigt. China allerdings verzögerte den Prozess durch eine gründliche Prüfung. Angeblich wurde es von Microsoft-Konkurrenten wie Google und Samsung gebeten, einen Patentmissbrauch zu verhindern. Die jetzige Veröffentlichung scheint zu den Bedingungen zu gehören, unter denen China dem Kauf von Nokias Gerätesparte zustimmte.

[mit Material von TechEye.net]

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Themenseiten: Android, China, Google, Kartell, Microsoft, Patente

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2 Kommentare zu Chinesische Behörde macht Microsofts Android-Patentansprüche öffentlich

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  • Am 16. Juni 2014 um 13:26 von Jones

    „Microsofts Geheimhaltungspolitik machte es bisher für Google unmöglich, Microsoft-Patente durch eine Überarbeitung von Android gezielt zu umgehen.“

    Ist ja der größte Unsinn den jemals gehört habe. Google zahlt doch keine Lizenzgebühren, ohne dass MS seine Forderungen begründen muss.

    • Am 16. Juni 2014 um 13:42 von Florian Kalenda

      Google zahlt keine Lizenzgebühren, sondern seine Partner. Aber Sie haben Recht, die Formulierung ist überzogen.

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