Britische Cyberpolizei ließ in den ersten drei Monaten 40 Websites schließen

Dazu war kein Gerichtsbeschluss nötig. Die Police Intellectual Property Crime Unit feiert ihr Pilotprojekt als Riesenerfolg für alle Beteiligten. Kritiker sehen darin eine weitere Zensurmaßnahme ohne ein vorgesehenes Korrektiv.

Die fürs Urheberrecht im Internet zuständige britische Cybercrime-Einheit PIPCU hat in den ersten drei Monaten ihres Betriebs zur Schließung von 40 Pirateriesites im In- und Ausland beigetragen. Dies geschah nach ihren Angaben, indem sie von Rechteinhabern gesammelte Informationen nutzte, um Internet Service Provider und Werbenetzwerke auf solche Sites aufmerksam zu machen.

Ziel der Kampagne „Operation Creative“ war es laut der Police Intellectual Property Crime Unit, wie die PICPU ausgeschrieben heißt, Raubkopierern die Umsätze abzugraben, indem man Anzeigenagenturen informierte, wo sie keine Werbung buchen sollten. Den so bewirkten Werberückgang von Markenfirmen gibt die PICPU mit 12 Prozent an. Dies habe allerdings nicht ganz die gewünschten Konsequenzen gehabt, sondern schlicht die Qualität der Anzeigen auf den Sites verschlechtert, was das Malware-Risiko für Besucher erhöhte – und zwar um 39 Prozent.

Außerdem schrieb die Polizei im Lauf des Sommers 61 Pirateriesites direkt an und forderte sie auf, ihr Geschäftsmodell so abzuändern, dass sie im Rahmen des Gesetzes blieben. Die Domainnamen hatte sie von Rechteinhaber-Vereinigungen wie der British Phonographic Industry (BPI) und der Federation Against Copyright Theft (FACT) erhalten.

Als dritte Maßnahme verständigte man Domain-Registrare und forderte sie auf, die betroffenen Websites vom Netz zu nehmen, was wie erwähnt in 40 Fällen erfolgreich war. Ein Gerichtsbeschluss musste dazu nicht vorgelegt werden. Welche Sites überhaupt betroffen waren, ist bisher nicht bekannt.

„Gemeinsam haben wir einen Prozess geschaffen, der die Missetäter zunächst einmal ermutigt, ihr Verhalten zu ändern und im Rahmen des Gesetzes zu bleiben. Weigern sie sich, haben wir nun die Mittel, ihnen Werbeumsätze zu entziehen und im Fall fortgesetzter Rechtsbrechung über die Registrare ihre Websites zu sperren“, erklärt Superintendent Bob Wishart. „Der bisherige Erfolg von Creative ist Beleg für einen wachsenden internationalen Konsens, dass aus ehrlichen Geschäften legaler Firmen kein illegaler Profit geschöpft werden sollte.“

Jetzt gilt es als wahrscheinlich, dass die als Pilotversuch gestartete Operation Creative Anfang nächsten Jahres verlängert werden wird. Kritiker sehen sie allerdings als weitere Maßnahme staatlicher Internetzensur. Vor zwei Wochen hatte Großbritannien seine Online-Sperren schon auf Websites ausgeweitet, die für Extremismus und Terrorismus werben. Wie im Fall der PIPCU wird eine Polizeieinheit definieren, welche Angebote letztlich darunter fallen. Jim Killock von der Open Rights Group fordert: „Die Polizei sollte einen Gerichtsbeschluss anfordern müssen, bevor sie Websites schließt.“ Die Polizei übernehme sonst die Aufgabe von Gerichten, was „schlicht inakzeptabel“ sei. Fehler seien unvermeidlich, und es bleibe völlig offen, an wen man sich in einem solchen Fall wenden könne.

[mit Material von Max Smolaks, TechWeekEurope.com]

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