Sammelklage zugelassen: Stichwortsuche in Gmail könnte gesetzwidrig sein

Richterin Lucy Koh weist Googles Einwände gegen die Klage zurück. Das automatische Scannen von E-Mail-Inhalten verstoße möglicherweise gegen US-Abhörgesetze. Googles Nutzungsbedingungen wiesen nicht eindeutig auf das Mitlesen von E-Mails hin, um Nutzerprofile zu erstellen und maßgeschneiderte Werbung zu platzieren.

US-Bundesbezirksrichterin Lucy Koh hat eine Sammelklage gegen Google zugelassen, die Verstöße gegen Abhörgesetze durch das automatische Scannen von E-Mail-Inhalten unterstellt. Sie wies in ihrer Entscheidung die Einwände Googles zurück, das eine Abweisung der Klage beantragt hatte.

Gmail

Google argumentierte damit, die Nutzer hätten diesem Verfahren mit den akzeptierten Nutzungsbedingungen zugestimmt. Sie erhielten im Gegenzug die Dienstleistung eines E-Mail-Providers, zu dessen üblichen Geschäftsablaufen auch das Durchsuchen von E-Mails nach Stichworten gehöre. Auch andere E-Mail-Teilnehmer, die Nachrichten an Gmail-Nutzer verschickten, wäre die Praxis bekannt, E-Mails zu scannen, um Spam auszufiltern und zielgerichtete Anzeigen auszuliefern – daher sei auch ihr indirektes Einverständnis vorauszusetzen.

„Googles angebliches Mitlesen von E-Mail-Inhalten wird vor allem eingesetzt, um Nutzerprofile zu schaffen und gezielte Werbung auszuliefern – und beides hat nichts mit der Übermittlung von E-Mails zu tun“, entschied die Richterin. Googles Geschäftsbedingungen und Richtlinien zur Privatsphäre wiesen nicht eindeutig auf das Scannen von E-Mail-Inhalten mit der Absicht hin, maßgeschneiderte Anzeigen entsprechend den so ermittelten Interessen der Nutzer einblenden zu können. Das implizierte Einverständnis von Nicht-Gmail-Nutzern nannte sie eine „weit hergeholte These“.

„Die Entscheidung bedeutet, dass Abhörgesetze auf einzelstaatlicher wie auch auf Bundesebene auf das Internet anzuwenden sind“, erklärte Jon Simpson von der Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog und bezog sich damit auf Gesetze, die einst für telefonische Kommunikation geschaffen wurden. „Es ist ein gewaltiger Sieg für die Privatsphäre online. Firmen wie Google können nicht einfach mit unseren Daten und E-Mails machen, was sie wollen.“

„Wir sind enttäuscht über diese Entscheidung und denken über unsere weiteren Optionen nach“, erklärte ein Google-Sprecher. „Das automatische Scannen erlaubt uns, den Gmail-Nutzern mehr Sicherheit und Schutz vor Spam sowie großartige Features wie den sortierten Eingang zu bieten.“

Auch Yahoo wird den weiteren Verlauf der Sammelklage aufmerksam verfolgen, da es die E-Mails seiner über 300 Millionen Nutzer ebenfalls scannt, um gezielte Werbung ausliefern zu können. Die konkurrierende Plattform Outlook.com hingegen verzichtet darauf, wie Microsoft in einer Datenschutz-Kampagne betonte. Aber auch Microsoft führt Scans von E-Mail-Inhalten durch, um gegen Spam und andere unerwünschte Aktivitäten vorzugehen. Zusätzlich nutzt es den jeweiligen Betreff, vom Nutzer preisgegebene persönliche Informationen sowie seine Websuche, um ähnlich wie Google und Yahoo maßgeschneiderte Inserate auszuliefern.

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

Themenseiten: Datenschutz, E-Mail, Gerichtsurteil, Google, Kommunikation, Privacy

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7 Kommentare zu Sammelklage zugelassen: Stichwortsuche in Gmail könnte gesetzwidrig sein

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  • Am 28. September 2013 um 17:30 von Das Grid

    Seltsam, die Amis… Der EMail-Dienstleister darf die EMails seiner Kunden selbst mit deren Zustimmung nicht durchsuchen, um damit eine Suchfunktion anbieten zu können. Aber wenn die NSA das heimlich macht, ist es überhaupt gar kein Problem?

  • Am 28. September 2013 um 18:37 von Judas Ischias

    Es gibt halt 2 Seiten der Medaille. Einmal die Leute, die sich die Geschäftsbedingungen richtig durchgelesen und die bewusst zugestimmt haben und die Leute, die die Geschäftsbedingungen nicht oder nicht komplett gelesen haben. Davon gibt es mit Sicherheit einen Teil, denen es Wurscht wäre und den anderen Teil, die dies absolut nicht wollen. Das mit der NSA stimmt merkwürdigerweise, wenn es ein Staat oder ein „Staat im Staat“ macht, ist es mit den teils absurdesten Begründungen legal.

  • Am 29. September 2013 um 8:00 von merzmensch

    Diese „grossartigen“ Möglichkeiten von google sind nichts anderes als ein populistisches Mittel, dem User etwas aufzuzwingen, was er nicht braucht (der Anbieter aber schon). Ich brauche keine automatische Sortierung, das mache ich mit Labels. Was bequem ist, möchte ich bestimmen. Es herrscht derzeit ein Neusprech unter den Grossanbietern…

  • Am 29. September 2013 um 10:55 von Stop Google NOW!

    Leute, die Dienste von Google sind nicht gratis! Ihr bezahlt mit etwas viel wertvollerem als Geld: eure persönlichen Daten!!! Benutzt Ecosia, eine Suchmachine die 80% ihres Gewinns spendet um den Regenwald zu schützen!

    • Am 29. September 2013 um 17:26 von Judas Ischias

      Was macht dich so sicher, dass dies nicht auch bei Ecosia passiert? Vielleicht nicht ganz so viel Daten, wie bei Google, aber ich glaube eh nicht daran, dass man in der Webwelt ganz ohne irgendwelche Datenpreisgabe auskommt. Leider! Irgendwie wird man bestimmt angezapft!?

  • Am 29. September 2013 um 21:22 von Sven Dahmen

    Will ich für Suche, eMail, Maps, drive etc. Geld bezahlen? Nein! Werbung ermöglicht das…jedenfalls noch.
    Und was ist „zielgerichtete“, also auf meine Interessen zugeschnittene Werbung?
    Richtig, ein Informationsvorsprung!
    Zwei mal profitiert – da bin ich glücklich.

    • Am 1. Oktober 2013 um 17:41 von hdn

      Sorry, aber das ist doch wirklich Unsinn. Targeting ist doch kein Dienst am Kunden sondern ausschließlich der Versuch ein paar fantasielosen Anbietern noch höhere Werbeeinnahmen den Taschen zu ziehen. Oder glaubt jemand, dass nur weil ich mir gerade ein Fahrrad gekauft und mich dafür per Mail mit einem Freund ausgetauscht habe, finde ich es lustig noch über Monate überall Fahrräder angeboten zu bekommen? Geschweige denn dass ich auf die Idee käme, mir gleich noch drei bis vier Stück zu kaufen? Darüber kann sich wirklich nur der Dümmste freuen. Und dass dann auch noch aus intimen Briefen kommerzielle Wünsche erraten werden sollen, das will ich mir in den schlimmsten Albträumen nicht vorstellen.

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