Microsoft veranlasst erneut Razzia bei Softwarehändler

Bei PC Fritz wurden Geschäfts- und Lagerräume sowie Privatwohnungen von Mitarbeitern durchsucht. Dem Händler wird vorgeworfen, unberechtigt angefertigte Kopien von Windows 7 zu verkaufen. Das Unternehmen wehrt sich vehement gegen den Vorwurf. Es will eine einstweilige Verfügung beantragen und "zum Gegenschlag ausholen."

pcfritz-microsoft-office„Wir distanzieren uns ausdrücklich vom Handel mit gefälschten Datenträgern und möchten mit aller Deutlichkeit festhalten, dass wir mit Original-Produkten handeln“, erklärt PC-Fritz-Chef Maik Mahlow auf Anfrage von ZDNet.

Unter Leitung der Staatsanwaltschaft Halle haben gestern rund 100 Beamte der Zollfahndung Geschäfts- und Lagerräume der Firma PC Fritz sowie Privatwohnungen von Mitarbeitern in Berlin und Halle durchsucht. Das hat Microsoft heute mitgeteilt. Der Softwarekonzern wirft dem Händler vor, unberechtigt angefertigte Kopien des Betriebssystems Windows 7 als Originale ausgegeben und „in großem Stil“ verkauft zu haben. Kurz vor der Razzia seien zudem mehrere hunderte Postsendungen an Kunden von PC Fritz sichergestellt worden.

Microsoft ist eigenen Angaben zufolge durch Beschwerden von anderen Händlern auf PC Fritz aufmerksam geworden: Sie hatten sich beim Hersteller über „verdächtige Angebote“ beschwert. Verdächtig heißt dabei besonders günstig: Beispielsweise wird auf der Website derzeit die 64-Bit-Variante von Windows 7 Professionell für 29,90 Euro angeboten – was weit unter dem Preis liegt, den andere Händler offerieren.

Nachdem Microsoft Strafanzeige erstattet hatte, wurden gestern insgesamt 18 Objekte durchsucht und einer ersten Schätzung zufolge über 100.000 Datenträger sichergestellt. Sie sollen nun auf ihre Echtheit überprüft werden. Der Konzern erklärt, „die gefälschten Datenträger sind Sicherungskopien nachempfunden, die der Computerhersteller Dell zuweilen PCs beifügt, auf denen das Betriebssystem Microsoft Windows 7 legal vorinstalliert ist (sogenannte Reinstallations DVDs). Die Microsoft bereits vorliegenden Raubkopien wurden von PC Fritz mit einer eigenen Verpackung und einem ebenfalls gefälschten Echtheitszertifikat versehen und zu weit unter dem Marktpreis liegenden Konditionen vertrieben.“

Auf Anfrage von ZDNet weist ein Firmensprecher von PC Fritz die Vorwürfe als unbegründet zurück. Er sieht sein Unternehmen als Opfer einer Kampagne, mit der Microsoft den legalen aber unerwünschten Handel mit OEM-Datenträgern unterbunden will und verweist auf eine ähnliche Aktion von Microsoft und Ermittlungsbehörden im vergangenen Jahr beim Berliner Händler Softwarebilliger.de.

Auch damals seien mit dem Vorwurf, dass der Anbieter illegal angefertigte Kopien vertreibe, medienwirksam tausende Datenträger beschlagnahmt worden, um sie auf ihre Echtheit zu untersuchen. Für den Betroffenen sei das eine Katastrophe, da eine Vorverurteilung stattfinde – nicht zuletzt auch dadurch, dass vorab informierte Journalisten mit Kameras anwesend gewesen seien und die Durchsuchung gefilmt hätten.

Microsoft versuche durch die Aktion erneut, den Handel mit gebrauchter Software mit unfeinen Mitteln zu unterbinden. „Bei den von uns angebotenen Produkten handelt es sich ausschließlich um Microsoft-Originalprodukte, die Datenträger sind alle mit einer fälschungssicheren Mould Code IFPI Nummer versehen. Dieser befindet sich im Innenring des Datenträgers. Die Echtheitszertifikate werden ausschließlich über den Microsoft Service online oder telefonisch aktiviert.“

Der Wiederverkauf von Recovery-Datenträgern sei laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 6. Juli 2000 (Aktenzeichen I ZR 244/97) ausdrücklich für legal befunden worden und am 6. Oktober 2011 habe das Gericht sogar erklärt, auch der Einzelverkauf von Recovery-CDs ohne Echtheitszertifikat sei legal (Aktenzeichen: I ZR 6/10).

Geschäftsführer Maik Mahlow ergänzt in einer E-Mail an ZDNet: „Die von Microsoft veröffentlichte, verleumderische und rufschädigende Mitteilung lassen wir von unseren Anwälten überprüfen und werden eine Einstweilige Verfügung gegen diese Behauptung erwirken.“ Microsoft verhindere für Endanwender den Zugang zu bezahlbarer Gebrauchtsoftware, mit dem Ziel ausschließlich neue Produkte verkaufen zu können. „Wir beraten uns zur Stunde und werden zum Gegenschlag ausholen.“

pcfritz-websiteBei PC Fritz wird Microsoft-Software ausgesprochen günstig angeboten – was die Konkurrenz und den Hersteller gewaltig stört (Screenshot: ZDNet).

 

Ende März dürfte PC Fritz Microsoft und der Konkurrenz erstmals ein Dorn im Auge gewesen sein. Damals warb das Ende 2012 mit seinem Online-Angebot gestartet Unternehmen aus Halle in bekannten Onlinemedien mit besonders günstigen Aktionspreisen für Windows 7, Windows XP und Office 2010. Erklärtes Ziel war es damals, bis zum Jahresende zu den Top Ten unter den Online-Shops für Computer und Software in Deutschland zu zählen.

Die günstigen Preise, so erklärte das Unternehmen damals in einer Pressemitteilung, könne man „durch internationalen Einkauf von OEM-Software im großen Stil“ unterbreiten. Man garantiere Original-Produkte, so Geschäftsführer Maik Mahlow damals. Kurz darauf vermarktete PC Fritz über die Site Restposten.de die englische Version von Microsoft Office 2010 sowie weitere Software zu ausgesprochen günstigen Preisen. Die angebotene Office 2010 Version beinhaltete dabei ein kostenloses Upgrade auf Office 2013 Professional. Wahrscheinlich nutzt das Unternehmen damit Lücken in Microsoft Lizenzbestimmungen geschickt aus – was dem Softwarehersteller nicht gefallen haben dürfte.

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Neueste Kommentare 

15 Kommentare zu Microsoft veranlasst erneut Razzia bei Softwarehändler

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  • Am 22. September 2013 um 14:55 von Cram

    Wäre windows 8 nicht so misslungen, müssten sich nicht alle pc neukäufer ne günstige windows 7 version kaufen. davon mal abgesehen ist es garnicht so einfach windows 7 noch zu bekommen.

    • Am 24. September 2013 um 12:57 von peter

      Ja genau ist sooo schwer geworden….also wenn ich “win 7 pro kaufen“ in google eingebe, finde ich mehr als genug…

  • Am 22. September 2013 um 9:59 von T.H.

    Microsoft Windows 8 ist geflopt. Da viele Neugeräte mit Win 8 vorinstalliert sind, die welches von den informierten Kunden abgelehnt wird, ist der Verkauf von PC´s und Notebooks ohne Betriebssystem angestiegen. Sich dann ein günstiges Windows 7 zu kaufen und aufzusetzen ist da ein Selbstgänger. Und Microsoft versucht nun mit allen Mitteln dieses zu unterbinden, koste es was es wolle! Egal, ob der gute Ruf, einer Firma (wie gewollt) darunter leidet oder der Kunde in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird. “ Es lebe die Marktdominanz und der längere finanzielle Atem, unliebsame Konkurenten kaputt zu machen.“
    T.H.

  • Am 21. September 2013 um 22:49 von ansi4713

    So leid es mir auch tut,
    ich habe 2 auf den ersten Blick identische Lizenzaufkleber unter dem Mikroskop verglichen…
    Der Aufkleber von PCFritz sieht an dann 2 Stellen anders aus:

    1) Rosa Mikroschrift als Hintergrund unter dem eigentlichen Lizenzkey fehlt, statdessen nur bunte Punkte.
    2) Einfaches Rechteckmuster im Hologramm des silbernen Streifens anstatt Hologrfischer Buchstaben und ausgetanztem MICROSOFT Schriftzug.

    Mir gibt das jedenfalls genug zu Denken, das Microsoft plötzlich auf Sicherheitsmerkmale verzichtet kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.

    • Am 22. September 2013 um 9:45 von max

      Die mühe muss man sich gar nicht machen. Nur Keys die tatsächlich ausgegeben wurden landen in der aktivierungsdatenbank. Lässt sich Windows aktivieren, ist der key echt.

      • Am 23. September 2013 um 9:54 von ansi4713

        Am 22. September 2013 um 09:45 von max
        Die mühe muss man sich gar nicht machen. Nur Keys die tatsächlich ausgegeben wurden landen in der aktivierungsdatenbank. Lässt sich Windows aktivieren, ist der key echt.
        ———————————————————–
        Der Key mag ja vielleicht echt sein, aber damit ist es die Lizenz noch lange nicht.
        Wie fändest Du es, wenn dich vom Hologrammstreifen eines 10€ Scheins plötzlich ein Smily angrinst. Würdest Du den wirklich annehmen?

        Bit denne…
        ansi4713

    • Am 23. September 2013 um 22:01 von Mike

      Hast du die COA mal unter UV Licht verglichen?

      • Am 24. September 2013 um 0:04 von ansi4713

        Nö, so eine Lampe fehlt mir leider.
        Entsprechende Linien die fluoreszieren könnten habe ich aber auch nur auf dem originalen gefunden. Da ich das aber nicht Prüfen kann habe ich die oben auch nicht erwähnt.

    • Am 26. September 2013 um 22:29 von Mike

      Hab da mal was eingescannt und hochgeladen:

      http://imageshack.us/a/img593/2995/pru1.jpg

      Mit bloßem Auge ist da kein Unterschied festzustellen. Erst bei Vergrößerung werden die Unterschiede sichtbar. Der untere ist von PC Fritz. Ich wurde nicht von Microsoft beschissen, mein Geld hat nun ein anderer! Auch wenn ich die Version aktivieren konnte, es wird nie eine echte.

  • Am 20. September 2013 um 16:13 von Iska

    Habe das Angebot von PC Fritz selbst genutzt. Die erworbenen Artikel sind Tatsächlich OEM oder SystemBuilder Versionen, die natürlich kostengünstiger als die Standartversion im nächsten Mediamarkt sind. Wie hier bereits zu lesen ist, ist der Handel mit ihnen allerdings legal. Die Erklärung der kleinen Firma ist glaubhaft und nachvollziehbar. Hoffe, dass Microsoft wirklich Konsequenzen aus diesem scheinheiligen Versuch ziehen muss. (Wobei Apple ja wirklich noch schlimmer ist, jedoch pausenlos in den Himmel gehoben wird.

    • Am 21. September 2013 um 1:48 von Anhaltiner

      Microsoft will die Weltherrschaft über die IT-Systeme. Bereits seit den 80ziger Jahren wird an diesem Ziel gearbeitet. Dass OEM-Versionen durch den Handel wieder in Umlauf gebracht wird, ist legal, bestätigt durch deutsches und europäisches Recht – ein deutliches Zeichen an Microsoft. Die Kunden haben kein Verständnis für überteuerte Software und nehmen solche Angebote deshalb an. Wenn Microsoft seine Software zu akzeptablen Preisen verkaufen würde, gäbe es weder Raubkopien, noch das Problem mit den OEM- und DSP-Versionen. Die Arroganz, Macht- und Geldgier der Verantwortlichen in jenem Softwaregiganten, kennt deshalb auch keine Grenzen und will ihr ‚Recht‘ auf der ganzen Welt durchsetzen. Die eigentliche Gefahr für die Weltwirtschaft besteht darin, das Microsoft ‚Allen‘ seine Software aufzwingen will und damit Abhängigkeiten schafft, die eine reale Gefahr für die Nutzer darstellt und in absoluter Kontrolle endet. Wie immer finden sich dann auch deutsche, geldgierige und willige Werkzeuge in Form von Anwälten, die dann an den Abmahnungen und Klagen viel Geld verdienen wollen. Das BGH-Urteil von 2000 -(Aktenzeichen I ZR 244/97) und 2011 (Aktenzeichen: I ZR 6/10) ist für den deutschen Rechtsraum bindend! Sollte sich die Aktion gegen PCFritz als falsch erweisen, bin ich gespannt, wie sich dann Microsoft und die deutschen Polizeibehörden aus der Affäre ziehen wollen. Ich nehme aber eher an, das alles manipuliert werden wird. Es steht aber schon jetzt fest: Deutsche Justiz- und Polizeibehörden werden zu willigen Gehilfen der ‚Mächtigen‘ gemacht, Beispiele gibt es!

  • Am 20. September 2013 um 15:30 von Mirko Watschinko

    Microsoft mal wieder am Ärger machen ja ?!

    wird wohl wieder ne Niederlage vor Gericht für Microsoft ergeben……

    • Am 20. September 2013 um 15:44 von MacWinUser

      Stimmt. Microsoft und all die Anderen sollen sich ruhig betrügen lassen. Wichtig ist nur das Apple wegen den „Runden Ecken“ ein Patentkrieg anfängt und jetzt ganz schamlos alles mögliche kopiert. Und das dann auch noch sauschlecht. Da werden sicher noch ganz lustige Bugs rauskommen. Der Akku wird ja schon bei machen leergesaugt. Aber länger wie Samsungs Uhr muss der ja nicht halten.

  • Am 19. September 2013 um 23:19 von cheeseburger

    Da koennte ja jeder kommen und den microschrotts ans bein pinkeln wollen. so geht das doch nicht, egal ob legal, illegal oder scheissegal. geld hat recht – und da duerften die amis ein bisschen mehr davon haben…

    • Am 20. September 2013 um 11:42 von PrimeDev

      Was für ein sinnloser Trollkommentar…

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