EU-Gericht reduziert Kartellstrafe für Microsoft auf 860 Millionen Euro

Ursprünglich sollte der Softwarekonzern 899 Millionen Euro zahlen, was er für "höchst unverdient" und "übertrieben" hielt. Nach Ansicht des EuG hat Microsoft seine marktbeherrschende Stellung bei Desktop-Betriebssystemen ausgenutzt.

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg hat die 2008 von der EU-Kommission gegen Microsoft verhängte Kartellstrafe in seinem heute ergangenen Urteil (Az. T-167/08) grundsätzlich bestätigt, aber die Geldstrafe leicht gesenkt. Statt 899 Millionen Dollar muss der Softwarekonzern nun 860 Millionen Euro zahlen, weil er ungerechtfertigte Lizenzgebühren für technische Informationen berechnet und damit früheren EU-Sanktionen aus dem Jahr 2004 zuwidergehandelt hat.

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Die Reduktion der Strafzahlung begründeten die Richter der zweiten Kammer des EuG mit einem Fehlverhalten der EU-Kommission. Diese hatte Microsoft 2005 zeitweise erlaubt, den Vertrieb von Konkurrenzprodukten zu beschränken. Diese Erlaubnis sei bei der Ansetzung der Strafzahlung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Da die daraus resultierenden Folgen jedoch gering waren, wurde die Geldstrafe nur um 39 Millionen Euro reduziert.

Zu Beginn der Berufungsverhandlung vor dem zweithöchsten Gericht innerhalb der EU im Mai 2011 hatte Microsoft das Bußgeld als „übertrieben“ bezeichnet. Es sei „höchst unverdient“, sagte Microsofts Anwalt Jean Francois Bellis damals.

Der EU-Kommission zufolge hat das Unternehmen aus Redmond Wettbewerbern jahrelang nicht genügend Informationen über Schnittstellendefinitionen geliefert sowie zu höhe Lizenzgebühren verlangt und so seine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt. Es sollte ursprünglich innerhalb von 120 Tagen „komplette und genaue“ Schnittstellendefinitionen veröffentlichen, damit Server-Betriebssysteme von Drittherstellern problemlos mit Windows zusammenarbeiten können.

Microsofts Anwälte kritisierten in dem Verfahren, dass die EU nicht exakt benannt habe, welche Informationen noch offenzulegen und was „angemessene“ Lizenzgebühren seien. „Dieser Fall wäre nicht aufgetreten, hätte sich die Kommission ebenso klar ausgedrückt, was die Höhe der Lizenzgebühren angeht, wie sie es bei sämtlichen anderen Lizenzbedingungen von Microsoft getan hat“, sagte Bellis. Das EU-Gericht folgte Microsofts Argumentation jedoch nicht und stellte klar, dass der Konzern durchaus hätte feststellen können, wie hoch die für den Zugang zu Informationen angesetzten Preise sein müssen, um nach dem Verständnis der EU-Kommission als „angemessen“ zu gelten.

Schon 2004 hatte die Kommission Microsoft eine Strafe von 497 Millionen Euro auferlegt, die der EuGH im September 2007 bestätigte. Anfang 2008 verhängte die Kommission das erneute Zwangsgeld in Höhe von 899 Millionen Euro, das nun auf 860 Millionen Euro reduziert wurde.

Microsoft hat jetzt acht Wochen Zeit, gegen das Urteil vorzugehen. Es kann die obere Kammer des EU-Gerichts anrufen.

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