Nach Betrugsvorwurf: Drillisch zieht Kunden von Telekom zu anderem Netzpartner um

Der Provider will sich gegen die eingeleiteten rechtlichen Schritte "zur Wehr setzen". Die Telekom wirft der Drillisch-Tochter Provisionsbetrug vor und verlangt Rückzahlungen in einstelliger Millionenhöhe. Sie hat zudem Strafanzeige gestellt.

Die Drillisch-Tochter Simply hat die Geschäftskunden von der Deutschen Telekom auf einen anderen Netzbetreiber übertragen, die der Bonner Konzern als „Scheinkunden“ bezeichnet hatte. Damit reagiert der Mobilfunkanbieter auf den seiner Ansicht nach „unberechtigten Vorwurf“. Die Abrechnung der betreffenden Kunden verlaufe nach denselben Modalitäten, wie sie zuvor mit der Telekom vereinbart worden seien, teilte Simply mit (PDF). Privatkunden, die das D1-Netz über eine Drillisch-Marke nutzen, seien nicht betroffen. Tarife im D1-Netz bietet der Provider – mit Ausnahme von Penny Mobile und ja! mobil – ab sofort nicht mehr für Neukunden an.

„Wir freuen uns über die unmittelbare Fortsetzung dieses Geschäfts mit einem anderen Netzpartner“, erklärte Paschalis Choulidis, Geschäftsführer von Simply und Vorstandsprecher der Drillisch AG. „Gerne hätten wir dieses Geschäft auch mit der Deutsche Telekom fortgeführt, was nun aufgrund des sonderbaren Verhaltens der Telekom leider nicht mehr möglich ist“.

Logos Telekom und Drillisch

Ferner betonte die Geschäftsleitung von Simply, dass sie sich gegen die von der Telekom „völlig überraschend eingeleiteten rechtlichen Schritte entschieden zur Wehr setzen wird“. Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb seien damit aber nicht verbunden.

Die Telekom hatte die Zusammenarbeit mit Drillisch und ihren Tochterunternehmen Anfang der Woche fristlos gekündigt. Sie erstattete zudem Strafanzeige gegen den Serviceprovider wegen des „schwerwiegenden Verdachts auf Provisionsbetrug“ durch die Tochter Simply, die Prepaid-Mobilfunkverträge vermarktet.

Nach eigenen Angaben hatte die Telekom im August festgestellt, dass der Vertriebspartner seit Februar 2011 mehrere zehntausend Mobilfunkanschlüsse aktiviert hat, ohne dass tatsächliche Kundenverhältnisse zugrunde lagen. Auf diese Weise habe Drillisch die Telekom um Provisionen betrogen. Der Bonner Konzern verlangt deshalb Provisionszahlungen in einstelliger Millionenhöhe zurück.

Drillisch-Chef Choulidis wies die Vorwürfe der Telekom umgehend zurück. Simply habe sich bei den Provisionen vollumfänglich an die mit der Telekom geschlossenen Verträge gehalten. Die Geschäftsleitung habe sich vergeblich bemüht, die Sachlage mit der Telekom zu klären. Nachdem diese auf ihrem Standpunkt beharrt habe, habe Simply am 3. November den bestehenden Vertrag fristgemäß gekündigt. Daher gebe es weder eine rechtliche Grundlage für strafrechtliche Schritte noch für eine Rückforderung von Provisionen.

Nach Bekanntwerden der Telekom-Vorwürfe war der Kurs der Drillisch-Aktie zwischenzeitlich um 40 Prozent auf 5 Euro eingebrochen, den tiefsten Stand seit September 2010. Nach Choulidis‘ Dementi legte das Papier wieder um rund 20 Prozent auf gut 6 Euro zu.

In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs 2011 hat Drillisch seine Service-Umsatz im Jahresvergleich um 9,5 Prozent auf 222,4 Millionen Euro gesteigert. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) legte der gestern veröffentlichten Bilanz (PDF) zufolge um 11,2 Prozent auf 38,7 Millionen Euro zu. Das Konzernergebnis erhöhte sich um rund ein Drittel auf 31,4 Millionen Euro. Drillisch bestätigte die Prognose für das Geschäftsjahr 2011, die eine Steigerung des EBITDA von 49,3 auf 52 Millionen Euro vorsieht.

Langfristig könnte die Trennung von der Telekom für Drillisch noch Folgen haben. Das hessische Unternehmen betreibt nämlich kein eigenes Mobilfunknetz, sondern kauft Gesprächsminuten von den großen Anbietern wie Telekom und Vodafone ein, um sie anschließend unter eigenen Marken wie Simply, McSIM und Maxxim zu vertreiben.

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