Eine Bestandsaufnahme: Software-as-a-Service im Mittelstand

Lediglich elf Prozent der mittelständischen Unternehmen setzen sich derzeit aktiv mit Cloud Computing auseinander. Nikolaus Krasser von der Pentos AG erklärt im Gastbeitrag für ZDNet, warum der Rest seiner Ansicht nach Chancen verpasst.

Die Geschäftsleitung eines global tätigen, mittelständischen Unternehmens im Industrieumfeld tagt: Unter anderem geht es um die Entscheidung, ob einzelne Bereiche der IT an Offshoring-Partner übergeben oder bestehende Lösungen durch SaaS-Angebote ersetzt werden können. Der IT-Leiter empfiehlt nach umfassender Analyse weder das eine noch das andere. Die Risiken im Bereich Offshoring seien zu groß, dazu kommen zusätzliche Kosten, neue Abhängigkeiten sowie Verzögerungen in der Umsetzung neuer Anforderungen. Von SaaS rät er ab, da sich nach seiner Einschätzung das gesamte Thema noch im Hype-Stadium befindet und es zu wenige erfolgreiche Praxisbeispiele aus dem Mittelstand gibt. Zudem besteht aus seiner Sicht keine dringende Notwendigkeit, die vorhandenen Architekturen und Lösungen zu ändern.

Ergebnis der Sitzung: Vorerst bleibt alles beim Alten, im kommenden Jahr wird erneut diskutiert. Dieser Blick durchs Schlüsselloch ist exemplarisch für die aktuelle Situation in mittelständischen Unternehmen. Die Geschäfte laufen, die letzten Jahre wurden intensiv genutzt, um interne Strukturen zu optimieren und die Belegschaft flexibler aufzustellen. Erneute negative Entwicklungen der Weltwirtschaft oder der zunehmende Druck durch asiatische Unternehmen stellen keine existenzbedrohenden Szenarien dar.

Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht – SaaS spielt dabei häufig noch keine Rolle. Doch handelt es sich hier wirklich um das nächste IT-Thema, das, genauso wie das „Jahr-2000-Problem“ oder „Enterprise 2.0“, gefahrlos auf die bekannte Wiedervorlage gelegt werden kann?

Dr. Nikolaus Krasser, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Vorstand der Pentos AG (Bild: Pentos AG).
Dr. Nikolaus Krasser, der Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet, ist Vorstand der Pentos AG (Bild: Pentos AG).

Die Antwort lautet nach Einschätzung des deutschen Mittelstandes „ja“: Lediglich elf Prozent der mittelständischen Unternehmen setzen sich derzeit aktiv mit Cloud Computing auseinander. Trotz eines jährlichen Wachstum von rund 40 Prozent, wird es voraussichtlich noch fünf Jahre dauern, bis mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen SaaS-Lösungen im Einsatz haben.

Viel Aufwand, wenig Sicherheit?

Die Gründe für die Verzögerungen sind vielfältig. Zunächst ist das Thema vordergründig nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Gleichzeitig ist die Einführung von SaaS mit fundamentalen Änderungen innerhalb der Organisation verbunden: Prozesse müssen überdacht, Schnittstellen neu definiert werden. Bislang befinden sich viele SaaS-Lösungen noch in einer Reifephase, nur wenige laufen bereits seit Jahren stabil und sicher.

Da das Konzept des Cloud Computing vergleichsweise neu ist, fehlt es an fundiertem Expertenwissen. Hersteller und Berater, die sich schon länger damit beschäftigen, setzen aktuell auf Großkunden, weil sie hier den größten Nutzen sehen. Auf der anderen Seite versuchen Softwareanbieter, die noch keine eigenen SaaS-Lösungen haben, Zeit zu gewinnen, bis sie selbst ein attraktives Angebot auf den Markt bringen. Diese Taktik kommt in negativen Argumenten wie „Unsicherheit“, „Instabilität“ oder „mangelnde Verfügbarkeit“ zum Ausdruck.

So sind es die unterschiedlichen Gründe, die im Einzelfall einen Mittelständler noch abwarten lassen. Dabei ist SaaS ist kein vorübergehendes Phänomen. Das eingangs erwähnte Unternehmen ist gut beraten, sich schon heute aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn die Vorteile, die sich durch Cloud Computing erschließen lassen, liegen gerade für mittelständische Firmen auf der Hand.

Geringe Implementierungskosten

Der Kauf und die Konfiguration von Hardware entfallen bei SaaS-Lösungen ebenso wie die Kapazitätenplanung für unternehmenseigene Server, Backups oder die Wiederherstellung von Daten. Auch mit vielen Security- oder Netzwerkthemen und der Aktualisierung von Betriebssystemen oder installierter Software brauchen sich Administratoren nicht auseinanderzusetzen. Dazu kommt, dass SaaS-Lösungen typischerweise konfiguriert und nicht programmiert werden. Somit reduzieren sich die Kosten für Anpassungen und für spätere Release-Upgrades. Nicht zuletzt sind Implementierungen innerhalb weniger Wochen anstatt Monaten oder Jahren möglich.

Was Administratoren sonst schlaflose Nächte bereitet, erledigt beim On-Demand-Modell der Softwareanbieter: Das SaaS-Konzept basiert darauf, dass sich viele Kunden die exakt gleiche technische Plattform teilen. Hersteller können Aktualisierungen also zentral einspielen und für alle Nutzer gleichzeitig verfügbar machen. Einzelne dieser Aktualisierungen, wie Security-Updates, werden automatisch durchgeführt. Bei neuen Funktionalitäten besteht hingegen die Möglichkeit zu wählen, ob diese überhaupt eingesetzt werden sollen. Wird eine Lösung beispielsweise für einen Kunden „iPad-fähig“ gemacht, steht diese Option allen Nutzern zur Verfügung.

Hohe Flexibilität

Im Vergleich zu traditionellen Modellen lassen sich bei SaaS-Lösungen deutlich einfacher neue Funktionalitäten aufschalten. Analog können einzelne Features ohne großen Aufwand deaktiviert werden. Dies fällt gerade bei mittelständischen Unternehmen, deren IT-Abteilung meist überschaubar ist, ins Gewicht.

Niedrige Kosten, eine flexible IT-Struktur und ein geringer Aufwand für Aktualisierungen machen sich schon bei der Betrachtung einzelner Lösungen bemerkbar. Die Vorteile und Möglichkeiten potenzieren sich, wenn diese zu einem Gesamtservice, im Sinne von Best of Breed, zusammengefasst werden.

Wie sich durch die individuelle Kombination von Anwendungen zusätzliche Wettbewerbsvorteile erschließen lassen, wird in nachstehendem Beispiel deutlich: Unternehmen, die ihre CRM-Software mit einem HR-System verbinden, profitieren bei der Abrechnung von Provisionszahlungen. Wird dann auch noch eine Logistiklösung sowie ein VOIP-System integriert, stehen sämtliche Daten – von der letzten Lieferung bis zur Telefonnummer des Kunden – auf einen Blick zur Verfügung. Ein lokal installiertes Business-Intelligence-Tool sorgt außerdem für eine sinnvolle Auswertung der Daten.

Pragmatische Vorgehensweise

„Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“, schrieb bereits Victor Hugo. Für SaaS im Mittelstand heißt das: Lösungen aus der Steckdose haben für mittelständische Unternehmen schon heute ein enormes Potenzial. Der Mittelstand nähert sich der Thematik vorsichtig und baut zunächst intern Wissen und Erfahrung auf. Das eine oder andere Pilotprojekt wird gestartet, erste Produktionsanwendungen installiert.

Charakteristisch für den Mittelstand ist eine pragmatische Vorgehensweise, die sich auch beim Thema SaaS bewähren wird. Um noch einmal auf die Frage nach der Wiedervorlage zurückzukommen: Auch bei einer konservativen Betrachtung sollten sich Unternehmen schon heute darüber Gedanken machen, wie sie durch den Einsatz von On-Demand-Modellen ihr Geschäft erfolgreicher betreiben können.

AUTOR

Dr. Nikolaus Krasser ...

... ist Vorstand der Pentos AG, einem international tätigen IT-Consulting-Unternehmen und Dienstleister. Zum Leistungsspektrum gehören Projekte im Bereich SaaS, die Unterstützung bei der Migration von Messaging- und Kollaborationssystemen sowie professionelles Servicemanagement. Außerdem entwickelt und implementiert die Pentos AG IT-Lösungen für mittelständische Unternehmen und Großkonzerne.

Themenseiten: Cloud-Computing, Gastbeiträge, IT-Business, SaaS

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