Windows 8: Kommt Microsofts neues OS mit zwei Kerneln?

Microsoft hat das am 13. Januar 2011 veröffentlichte Patent US2011/0010714 A1 am 9. September 2010 beantragt. Es beschreibt Methoden, wie man mehrere Betriebssysteme mittels eines Hypervisors auf einem Rechner laufen lassen kann.

Microsoft spricht dort von einem "General Purpose OS" (offensichtlich Windows 8) und "Special Purpose OSes", etwa DVD Player OS, Media Player OS und TV Tuner OS. Dabei muss man beachten, dass Firmen bei Patentanmeldungen oft versuchen, den angedachten Einsatzzweck der Technologie zu verschleiern, um nicht zu viel Information öffentlich preiszugeben.

Legte man die Patentschrift wörtlich aus, liefe es darauf hinaus, dass Windows 8 während der langen Bootzeit, einen Medien- oder DVD-Player startet, um dem Benutzer die Wartezeit beim Hochfahren mit Kurzweil zu vertreiben. Bei diesem Szenario kann man jedoch davon ausgehen, dass Microsoft dafür nur Hohn und Spott ernten würde.

Zieht man jedoch in Betracht, dass sämtliche MinWin-Ansätze seit nunmehr fast 18 Jahren immer wieder gescheitert sind, und dass dringender Bedarf besteht, Windows auch für Low-Memory-Devices, beispielsweise Tablets, Consumer-NAS-Systeme und Netbooks anzupassen, ist ein anderer Zweck wahrscheinlicher.

Microsoft könnte Windows 8 mit zwei Kerneln herausbringen. Einen NT-6.2-Kernel als Nachfolger des NT-6.1-Kernels von Windows 7 und einen zweiten, der sauber modular aufgebaut ist und vom Ballast befreit ist, der sich seit Windows NT 3.1 angesammelt hat.

Auf den zweiten Kernel ließe sich ein modernes, ressourcensparendes, vollständiges Client-OS nach dem Vorbild von Android und iOS aufsetzen. Für ein solches OS kann man schließlich auch sogenannte Rich Applications wie Microsoft Office oder Adobe Photoshop entwickeln. Mit Android und iOS wäre das jedenfalls ohne Probleme möglich.

Wahrscheinlich ist, dass Microsoft die Strategie fährt, zunächst den neuen ressourcensparenden Kernel zu starten, der neue Windows-8-only-Programme ausführt. Dazu könnten ein Browser und ein E-Mail-Client im Stil von Outlook gehören. Im Hintergrund ließe sich, sofern erforderlich, der alte NT-Kernel hochfahren, um Legacy-Anwendungen für Windows bis einschließlich Version 7 laufen zu lassen.

Ein Einsatzgebiet für eine solche Architektur sind natürlich alle Geräte, bei denen eine lange Akkulaufzeit erwünscht ist, sprich Tablets und Netbooks. Tablets könnten etwa nur den neuen Kernel booten mit der Einschränkung, dass alte Programme nicht laufen, während für Netbooks vorgesehen ist, auch den NT-Kernel zu starten, sofern genügend Hauptspeicher vorhanden ist.

Ein großer Hauptspeicher von 4 GByte ist technisch weder bei Tablets noch bei Netbooks ein Problem und schlägt auch preislich nicht allzu hoch zu Buche. Das Problem liegt beim Stromverbrauch: Selbst, wenn man Low-Power-DDR2-DIMMs verwendet, trägt DRAM-Hauptspeicher mit seinen Refreshzyklen signifikant zur Leistungsaufnahme bei.

Auch im Bereich Homeserver könnte diese Architektur hilfreich sein. Consumer-NAS-Systeme von Herstellern wie QNAP und Synology mit Linux als Basisbetriebssystem machen Microsoft in diesem Bereich schwer zu schaffen.

Sie brauchen wenig Strom, sind günstig in der Anschaffung und bieten neben reiner File- und Print-Server-Funktionalität jede Menge Features, etwa iSCSI, Backup, DLNA-Streaming, Home-Email-Server inklusive Webmail-Zugang sowie Content-Management-Systeme wie Joomla, WordPress und Typo 3.

Microsoft hat hingegen Schwierigkeiten, seinen Home Server auf Basis von Windows Server mit den Features auszustatten, die Heimanwender tatsächlich benötigen und wünschen: Der neuen Version mit dem Codenamen Vail haben Kritiker schon den Beinamen "Fail" verpasst. Immerhin ist inzwischen ein Release Candidate erschienen. Er braucht aber leistungsfähige und stromhungrige Hardware. Hier könnte ein Home-Server auf Basis des neuen Kernels hilfreich sein.

Themenseiten: ARM, Betriebssystem, Microsoft, Mobile, Tablet, Windows, Windows 7

Fanden Sie diesen Artikel nützlich?
Content Loading ...
Whitepaper

Artikel empfehlen:

Neueste Kommentare 

6 Kommentare zu Windows 8: Kommt Microsofts neues OS mit zwei Kerneln?

Kommentar hinzufügen
  • Am 8. Februar 2011 um 22:16 von t_e_e_k

    dotNet
    hmm…wenn man es einfach betrachtet, brauchen sie einen kernel, der dotNet unterstützt, der desktop selber wird in wpf oder silverlight umgesetzt…office wird komplett in dotNet gemacht, visual studio 2010 ist bereits in dotNet, … fehlt noch etwas, das wirklich hexenwerk ist? Also um den consumer glücklich zu machen…business ist natürlich noch was anderes.

    • Am 9. Februar 2011 um 23:21 von yves707

      AW: dotNet
      sorry, hatte deinen kommentar irgendwie überlesen (siehe mein kommentar unten). bin genau deiner meinung. frage des kernels zukünftig komplett irrelevant… ms hat eigentlich heute schon die technologie für programme die auch unter windows 8 (egal auf welchem prozessor/kernel das laufen soll). man braucht jetzt nur noch die entsprechenden (gui-)apis und fertig…

  • Am 9. Februar 2011 um 11:27 von Denker


    Es reicht halt nicht aus, einen dünnen technischen Artikel anzuschneiden und über bestimmte Implementierungen zu urteilen.

    Der Windows Kernel ist schon seit eh und je vom HAL und den Subsystemen so entkoppelt, dass unterschiedliche Versionen vom Kernel verwendet werden können (SMP, PAE…).

    GUI, Filesystem usw. sind alles vom Kernel entkoppelte Subsysteme. Wenn es dort Abhängigkeiten gibt, muss das nicht zwangsweise schlecht sein. Dass zum Drucken bisher GDI verwendet wurde ist ja logisch und auch nicht schlecht, da man mit GDI eben das Ausgabegerät (Drucker oder Monitor) von der API Funktionalität entkoppeln wollte.

    Die Windows Architektur ist gut und alles andere als schlecht. Ich würde mir aber mal Gedanken machen wohin die Reise geht, wenn Android Handys/Tablets immer leistungsfähiger werden. Die Reise geht nämlich von den Funktionen nach oben, da wo Windows schon steht. Android und iOS wurden so zerpflückt, dass ihre eingeschränkten Funktionen im Vergl. zum Desktop OS auf minimalistischer HW laufen. Aber ist das jetzt auch für Windows ratsam, da die technische Entwicklung erwartungsgemäßg nach oben geht?

  • Am 9. Februar 2011 um 23:19 von yves707

    managed code
    kurze rückfrage an den verfasser des artikels (oder wer auch immer darauf antworten mag):

    warum spielt der kernel des betriebssystems in zeiten von managed code (silverlight/.net) überhaupt noch eine rolle?! wenn (windows-)programme zukünftig nur noch in managed code geschrieben werden würden, dann ist doch die frage, welcher kernel dahinter liegt, vollkommen irrelevant, oder irre ich da mich? warum muss dann z.b. office überhaupt noch für eine architektur angepasst werden? als .net/silverlight applikation müsste das paket doch auf jedem gerät mit entsprechender runtime laufen?

    danke für eure antworten :)

    • Am 17. Februar 2011 um 9:09 von Markus

      AW: managed code
      Also unter Microsoft .Net wird ja diverses durch Wrapper genutzt, welche die Win32-Api zur Verfügung stellen. Von daher müsste man natürlich neben einem komplett neuen Kernel auch diese Win32 Api Funktionen neu implementieren bzw. zur .Net Laufzeitumgebung hinzufügen.Beispiel: WPF selbst steuert ja nicht die Grafikkarte an. Dazwischen steht der Treiber und AFAIK DirectX.

  • Am 26. März 2011 um 15:52 von Maik

    OS von Microsoft für Tablets
    Ich meine, mein Windows XP läuft mit 256MB RAM hervorragend.

    Könnte es Microsoft nicht genauso machen? Ein Tablet-OS mit WinXP als Basis?
    Eventuell nur noch die Funktionen wie Win7.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *