Surfen und Telefonieren im Flugzeug

Nur wenige wollen im Flugzeug neben einem Vieltelefonierer sitzen. Entsprechend zurückhaltend bieten die Fluggesellschaften bisher die Möglichkeit an. Das ändert sich gerade. ZDNet gibt einen Überblick über Sprach- und Datendienste der Airlines.

Seit 1. Dezember bietet Lufthansa wieder Internetzugang im Flugzeug (Bild: Lufthansa).
Seit 1. Dezember bietet Lufthansa wieder Internetzugang im Flugzeug (Bild: Lufthansa).

Laut einer vom Bitkom beim Meinungsforschungsinstitut Aris in Auftrag gegebenen Umfrage unter 1000 Bundesbürgern ab 14 Jahren lehnen 55 Prozent der Deutschen die Handynutzung im Flugzeug ab. Nur 19 Prozent sind für uneingeschränktes Telefonieren über den Wolken. 15 Prozent sprachen sich für die Handynutzung in abgetrennten Bereichen aus. 10 Prozent befürworten lediglich SMS und mobiles Internet. Die Ergebnisse haben sich gegenüber einer vergleichbaren Bitkom-Umfrage vor drei Jahren kaum verändert. Damals waren noch 60 Prozent kategorisch gegen die Handynutzung an Bord.

Mobilfunk, SMS, MMS und mobiles Internet im Flugzeug sind möglich, wenn die Fluggesellschaft an Bord der Maschine eine Basisstation installiert. Diese leitet Gespräche der Fluggäste über eine Außenantenne an einen Satelliten weiter. Bei diesem Verfahren wird die Bordelektronik des Flugzeugs nicht gestört. Beim Starten und Landen ist die Nutzung elektronischer Geräte aber nach wie vor untersagt. Um Störungen der Flugzeugelektronik und der Handynetze am Boden zu vermeiden, ist eine Flughöhe von 3000 Metern nötig.

Europäische Behörden offener als amerikanische

Die rechtliche Grundlage für die Handynutzung auf Inlandsflügen hat die Bundesregierung 2008 geschaffen, im selben Jahr erlaubte auch die EU die Handynutzung an Bord. Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA hält dagegen an ihrer ablehnenden Haltung fest.

Die Lufthansa hatte Breitbandinternet auf einem Teil ihrer Flüge bereits von 2004 bis Ende 2006 angeboten. Nachdem das Projekt „Connexion by Boeing“ gescheitert war, weil es sich für Boeing nicht rechnete, wurde nach einem neuen Partner gesucht. „Die technische Umsetzung ist sehr komplex. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir den Dienst bald wieder ankündigen können“, so ein Firmensprecher damals.

Es dauerte dann aber jedoch länger als erwartet: Erst seit 1. Dezember 2010 ist auf ausgewählten Transatlantikflügen wieder Internetzugang möglich. Mobilfunkkunden der Telekom zahlen für die Nutzung 1,80 Euro pro 10 Minuten. Die Bezahlung ist auch über Kreditkarte, andere Roamingpartner oder durch das Einlösen von Miles-&-More-Guthaben möglich. Das Standard-Kreditkartenangebot kostet 10,95 Euro für 1 Stunde und 19,95 Euro für eine 24-Stunden-Pauschale. Bis Ende 2011 soll der Dienst im gesamten Langstreckennetz der Lufthansa verfügbar sein.

Zwei Anbieter liefern die Technologie

Technikpartner im Lufthansa-Projekt Flynet ist die Deutsche Telekom, die in den Flugzeugen ihr WLAN-Hotspot-Angebot ausrollt. Sie greift wiederum auf den Satelliten-Dienst ExConnect der Panasonic Avionics Corporation zurück. Pro Flugzeug stehen damit bis zu 5 MBit/s Downstream und 1 MBit/s Upstream zur Verfügung. Im Frühjahr 2011 sollen auch der Versand und Empfang von SMS und MMS möglich sein.

Für die Ausstattung an Bord greift Panasonic auf Technologien von Aeromobile zurück. Das Unternehmen mit Sitz in Großbritannien ist eine Tochter des skandinavischen Telekommunikationsunternehmens Telenor. Es bietet Systeme für neue sowie Nachrüstmöglichkeiten für ältere Flugzeuge an, sowohl von Airbus als auch von Boeing. Der Anbieter steht im Wettbewerb zu OnAir, an dem Airbus beteiligt ist.

OnAir arbeitet für die Satellitenverbindung mit Inmarsat und verlässt sich bei der Infrastruktur außerhalb des Flugzeugs auf Monaco Telecom und Halys. Das On-Board-Equipment wird von der Airbus-Tochter Airbus KID-Systeme aus Buxtehude geliefert.

Pläne und Pilotprojekte

Pläne für Mobilfunk und Breitband in der Luft haben derzeit Air New Zealand, Cathay Pacific, Singapore Airlines, Turkish Airlines, V Australia und Virgin Atlantic angekündigt. Tests beziehungsweise Pilotprojekte abgeschlossen wurden von Air France, Qantas und Ryanair. Die Liste zeigt, dass nicht nur die typischen Business-Flieger Interesse an den Diensten haben.

Die irische Billigfluggesellschaft hatte im Frühjahr 2009 damit begonnen, Mobilfunkgespräche und SMS in zunächst 20 dafür ausgerüsteten Flugzeugen zuzulassen. Die Technologie bei dem Projekt lieferte OnAir. Bis Mitte 2010 sollte die komplette Flotte von rund 170 Maschinen aufgerüstet sein. Das Projekt wurde jedoch Anfang des Jahres eingestellt, da sich die Partner nicht über die Bedingungen einigen konnten.

Während in Nordamerika mobiles Internet im Flugzeug wohl noch länger tabu ist, hat die brasilianische Fluggesellschaft TAM seit Oktober 2010 mit einem Airbus 321 auf Inlandsflügen mit Mobilfunk und Internet experimentiert. Jetzt kündigte sie gerade den Ausbau des Dienstes an. Technologiepartner ist auch bei TAM OnAir.

Bis zur zweiten Jahreshälfte 2011 sollen mit dem Kommunikationssystem insgesamt 26 Maschinen vom Typ Airbus A319, A320 und A321 ausgerüstet werden. Mit ihm können dann bis zu acht Passagiere gleichzeitig telefonieren sowie alle surfen und SMS-Dienste nutzen. Angeboten wird der Dienst ab einer Flughöhe von 4000 Metern. Die Tarife setzt der jeweilige Mobilfunkbetreiber des Passagiers fest, über den auch abgerechnet wird.

Die großen, europäischen Lufthansa-Wettbewerber wie Air France und British Airways sind noch nicht so weit wie die deutsche Fluglinie. Sie experimentieren noch. Vorreiter sind einerseits Anbieter aus Australien und Ozeanien – wohl weil bei den langen Flügen das Fehlen von Sprach- und Datenkommunikation besonders vermisst wird. Andererseits geben sich auch die staatlichen Airlines der Länder der arabischen Halbinsel innovativ. Eine Übersicht über Fluggesellschaften mit Sprach- und Datendiensten an Bord biete die untenstehende Tabelle.

Fluglinien mit Mobilfunk- und Internetangeboten an Bord

Luftfahrtgesellschaft Flüge Gespräche SMS Internet
Aeroflot ausgewählte Langstreckenfüge ja ja
Air Asia ausgewählte Langstreckenfüge ja ja ja
British Airways Flüge zwischen London City Airport und New York JFK ja ja
Emirates ausgewählte Langstreckenfüge ja ja ja
Egyt Air ausgewählte Langstreckenfüge ja ja ja
Libyan Airlines ausgewählte Kurzstreckenfüge ja ja ja
Lufthansa ausgewählte Transatlantikfüge demnächst ja
Malaysia Airlines ausgewählte Boeing-777-Flüge ja ja ja
Oman Air ausgewählte Airbus-A330-Flüge ja ja ja
Qatar Airways ausgewählte Airbus-A320-Flüge ja ja
Royal Jordanian ausgewählte Kurzstreckenfüge ja ja ja
Saudi Arabian Airlines ausgewählte Airbus-A330-Flüge ja ja ja
TAM ausgewählte Airbus-A321-Flüge ja ja ja
TAP Portugal ausgewählte Airbus-A319-Flüge ja ja ja
Wataniya Airways ausgewählte Kurzstreckenfüge ja ja ja

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