Open Source in Kommunen: tot oder vor dem Durchbruch?

Eines der größten Hindernisse bei der Einführung von Alternativen zum Marktstandard ist offensichtlich die Tatsache, dass es in der Bundesrepublik (oder in Europa) zwar Empfehlungen, aber keine zentralen verbindlichen Vorgaben gibt und die Verantwortlichen ihre fachlichen IT-Entscheidungen in öffentlichen Einrichtungen oft als „Einzelkämpfer“ gegen alle möglichen Widerstände durchsetzen müssen. Dabei spielen nicht immer nur wirtschaftliche und technische Argumente eine Rolle, sondern auch die Rücksichtnahme auf parteipolitische Präferenzen.

Aktuelles Beispiel: Im Mai dieses Jahres scheiterte der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag, der zum Ziel hatte, in der Landesverwaltung FLOSS einzuführen. Die Begründung war auch hier, dass sich die laufenden IT-Kosten reduzieren ließen und dass man monopolartige Abhängigkeiten künftig vermeiden wolle.

MFG-Geschäftsführer Klaus Haasis: "Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir unsere Kräfte in Europa bündeln." (Bild: MFG)
MFG-Geschäftsführer Klaus Haasis: „Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir unsere Kräfte in Europa bündeln.“ (Bild: MFG)

Die ablehnende Antwort (PDF) auf die Anfrage kam in Form eines 29-seitigen Papiers von Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP). Die kurze Zusammenfassung: „Die Förderung des Einsatzes von FLOSS oder die Umstellung auf FLOSS bei öffentlichen Einrichtungen auf Landesebene ist derzeit nicht vorgesehen.“ Offensichtlich sieht die sächsische Landesregierung keine Veranlassung, sich von den „bestehenden Marktstandards“ zu trennen.

Blick über den Tellerrand

Um den Erfahrungsaustausch zwischen IT-Verantwortlichen öffentlicher Einrichtungen zum Thema Open Source zu fördern, gibt es inzwischen verschiedene Initiativen. Sinnvollerweise geschieht das über regionale und nationale Grenzen hinweg. Dieses Ziel verfolgen beispielsweise das Open-Source-Netzwerk Lisog sowie MFG Baden-Württemberg zusammen mit zwölf europäischen Partnern. Gemeinsam organisieren sie regelmäßige Vor-Ort-Besuche und Workshops.

Zu diesen Treffen werden auch Experten aus den verschiedenen Regionen – interessierte Firmen oder Vertreter aus öffentlichen Verwaltungen -eingeladen. Im Juni gab es in Stuttgart einen ersten Kooperationserfolg: Dort stellte die Agorum Software GmbH aus Ostfildern den europäischen Experten ihr Dokumentenmanagementsystem auf Open-Source-Basis vor – mit positivem Ergebnis: Die belgische Stadt Schoten wird diese Lösung zukünftig anwenden und plant bereits eine niederländische und französische Übersetzung der Software.

„Wichtig ist der Blick über den Tellerrand. Open Source in öffentlichen Verwaltungen und Kommunen kann nur dann vorangetrieben werden, wenn sich die Anwender im Sinne des Open-Innovation-Gedankens über erfolgreiche Lösungen austauschen“, so MFG-Geschäftsführer Klaus Haasis.

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Neueste Kommentare 

7 Kommentare zu Open Source in Kommunen: tot oder vor dem Durchbruch?

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  • Am 12. Juli 2010 um 18:42 von Blogger

    unseriös, nicht objektiv und undifferenziert
    Immer wieder dieselbe Leier. Das hört man jetzt sicher schon zehn Jahre. Aber solche Desaster wie München will dann auch niemand hören, stattdessen wird alles schöngereedet. Und IT Entscheider, die sich für kommerzielle Software entscheiden sind dann alle immer dumm, verblendet und können nicht über den Tellerrand schauen.

    Der Artikel wäre interessant, wenn er mal zwei Fallbeispiele von je beiden Seiten aufgezeigt und verglichen hätte (natürlich auch ganz genau mit Zahlen). So bleibt dieser Artikel – wie fast eigentlich alle ZDNet Artikel – hochgradig unseriös. Aber immer schön weiter so ZDNet, es gibt ja nur schwarz und weiß…

    • Am 13. Juli 2010 um 10:05 von Martin

      AW: unseriös, nicht objektiv und undifferenziert
      Beschreiben Sie doch bitte mal, was genau das „Desaster“ in München sein soll.

  • Am 13. Juli 2010 um 16:26 von inf

    Fass mit löchrigem Boden
    München.de :
    …Die Vollversammlung des Münchner Stadtrates hat beschlossen die Professionalisierung in den IT-Prozessen, eine höhere IT-Standardisierung und weitere technische Verbesserungen für die Büroarbeitsplätze der Stadtverwaltung im IT-Projekt LiMux anzugehen. Die Verwaltung erwartet sich dadurch nachhaltig niedrigere IT-Betriebskosten, sowie mehr Akzeptanz für den einheitlichen Büroarbeitsplatz und setzt technischen Anforderungen um, die sich seit Projektbeginn stark gewandelt haben. Das IT-Projekt LiMux wird dafür bis 2013 verlängert und das Projektbudget um den veranschlagten Mehraufwand von 5,9 Mio Euro erhöht….“

    -> Dies läßt den Schluss zu, dass bisher nichts von den jeweils gesteckten Zielen in der geplanten Zeitspanne erreicht wurde. Zeitpläne werden gedehnt und neu verpackt. Bis Ende des Jahres sollen jetzt 5000 Rechner umgestellt sein…..
    Ich freue mich darauf, nächstes Jahr wieder eine Erfolgsmeldung aus München zu hören. *rolleyes

    • Am 13. Juli 2010 um 21:25 von Martin

      AW: Fass mit löchrigem Boden
      Soweit ich weiß, geht es dabei um eine Erweiterung des ursprünglichen Plans, nach dem Motto „Wenn wir schon mal dabei sind …“.

      Hier in Frankfurt/M. wird gerade eine Straßenbahnlinie verlängert (also tw. neu erstellt), was ewig dauert und extrem teuer ist, weil bei der Gelegenheit („Wenn wir schon mal die Straße aufgraben …“) auch das gesamte Abwassersystem erneuert wird.

      Möglicherweise haben also die Verzögerungen und die Mehrkosten gar nicht soviel mit der eigentlichen Migration zu tun, sondern mit Ansprüchen, die im Laufe des Projekts gestiegen sind. Würde mich nicht wundern, bei der geplanten Dauer. In der Zeit sind in der IT ja schon Generationen vergangen.

      Es ist ja auch nicht so, dass in diese Zeit keine Kosten entstanden wären, wenn man bei Microsoft-Software geblieben wäre. Ich erinnere mich an einen Anruf bei Microsoft, den ich tätigte, weil mein Powerpoint für Mac auf meinem neuen Mac nicht mehr lief und der Microsoft-Mitarbeiter am Telefon sagte: „Der Lebenszyklus Ihres Produktes ist abgelaufen. Sie müssen ein Upgrade kaufen.“ Das habe ich dann nicht getan, sondern verwende seitdem OpenOffice. Die Migration dauerte etwa 2 Minuten, das war alles. Eine Umstellung war es nicht, denn MS Office für Mac ist sowieso nicht zu den Windows-Versionen kompatibel, wie ich schon mehrfach feststellen konnte. Open Office ist das auch nicht, von daher war das keine echte Umgewöhnung.

      • Am 14. Juli 2010 um 15:09 von inf

        AW: AW: Fass mit löchrigem Boden
        *g
        War es nicht die offizielle Verlautbarung im Jahre 2006, nach schlechter Presse in einigen freien Medien, zu erklären, dass nach anfänglichen Schwierigkeiten nun, im Zuge einer sanften Migration bis zum Jahre 2008 alle 14000 Rechner auf das neue, tolle, freie Betriebssystem umgestellt sein werden ?

        Über die Gründe brauchen wir nicht zu diskutieren – Fakt ist, dass dem Projekt nun 5 weitere Jahre gegeben werden und durch die Ämter weitere 6 Mio Euro eingespart werden müssen. Und das gegenwärtig noch immer keine 25 % der Rechner umgestellt sind.

        Aber kein Geld für Kindertagesstätten ….. *g

  • Am 7. September 2010 um 10:42 von TTHD

    nicht objektiv
    5-seitiger Artikel, dem ich leider nichts abgewinnen kann.
    Ganz klar von einem OSS Verfächter geschrieben und somit nicht objektiv.
    Schade!

    Hallo TTHD!
    Versuchen Sie es doch noch einmal mit dem Artikel hier, da kommen auch Nicht-OSS-Verfechter zu Wort: http://www.zdnet.de/41536443

    Peter Marwan
    ZDNet-Redaktion

  • Am 7. September 2010 um 16:11 von PMB

    OSS in der Verwaltung
    Ich arbeite seit über 20 Jahren in der IT einer Landesverwaltung. Mehrfach haben wir die Einführung von OSS geprüft und jedesmal verworfen. Durch die enge länderübergreifende Zusammenarbeit ist der Standard bei den Fachanwendungen nunmal MS Win. Eine Portierung der Anwendung auf OSS ist nicht bezahlbar. Hinzu kommt, dass die Anzahl von Linux Administratoren in (m)einer Landesverwaltung an einer Hand abgezählt werden kann und die User sich mit Händen und Füßen sträuben auf ein neues Betriebssystem umzusteigen.
    Unter monetärer Berücksichtigung des Adminsitrations-, Kompilierungs- und Schulungsaufwandes ist die weiter Nutzung von Win-Betriebssystem und Programmen (leider noch) die wirtschaftlichste Lösung.

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