Vorratsdatenspeicherung 2.0: EU will Googles Sucharchive

Die Speicherung aller Anfragen bei Suchmaschinen in Europa, wie sie die schriftliche Erklärung 29 des EU-Parlaments fordert, ist ein unglaublicher Angriff auf die Privatsphäre der Bürger in Europa. Angeblich soll damit ein europäisches "Frühwarnsystem" gegen Pädophilie und sexuelle Belästigung geschaffen werden.

Es ist offensichtlich, dass es für ein "Frühwarnsystem" nicht ausreicht, die Daten auf Vorrat zu speichern, man muss sie dazu auch ohne konkreten Verdacht analysieren, sowie anhand von Merkmalen wie IP-Adresse und Fingerabdruck im Browser realen Personen zuordnen.

Es ist erstaunlich, dass die Verfasser bereits 324 Unterschriften bei den Parlamentariern gesammelt haben. Kommen bis 19. Juli 369 Unterschriften zusammen, gilt die Erklärung als angenommen und das Parlament wird die Kommission und den Rat auffordern, eine Richtlinie zu erarbeiten, die die Vorratsdatenspeicherung aller Suchmaschinenanfragen für mindestens sechs Monate in allen Mitgliedsstaaten anordnet.

Um an die Unterschriften zu kommen, nutzen die Verfasser der Erklärung Methoden, die eher an die Marketingmaschine großer Unternehmen erinnern als an seriöse Parlamentsarbeit. Auf der Website smile29.eu erwecken sie bewusst den Eindruck, es handele sich um eine allgemeine Verurteilung von Pädophilie, Kinderpornografie und sexueller Belästigung durch das Parlament ohne konkretes Gesetzgebungsvorhaben. Auch in der Erklärung selbst versuchen sie möglichst ihre wahren Absichten zu verstecken.

EU-Parlamentarier wie Christian Engström (Piratenpartei) und Censilia Wikström (ALDE) sprechen offen von einer gezielten Täuschung. Man kann ohne jede Übertreibung von gezielter Desinformation ausgehen.

Die 324 Abgeordneten hätten es eigentlich besser wissen müssen. Jeder Parlamentarier sollte inzwischen bemerkt haben, dass bei den Themen Kampf gegen Terrorismus oder Kinderpornografie eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Grund für ein Vorhaben nur vorgetäuscht ist.

Es bleibt zu hoffen, dass das gezielte Spiel mit Ängsten vor Terroranschlägen und Emotionen bei Pädophilie bald ein Ende hat. Beide Themen verdienen eine seriöse Betrachtungsweise sowie die Entwicklung von glaubwürdigen Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung. Wie sie derzeit von Politikern als "Marketinginstrument" eingesetzt werden, ist Ausdruck eines Moralverfalls und eines Parlamentes unwürdig.

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7 Kommentare zu Vorratsdatenspeicherung 2.0: EU will Googles Sucharchive

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  • Am 9. Juni 2010 um 13:00 von tabbstah

    abschalten!
    ja entweder das internet abschalten oder das europarlament.
    viel mehr bleibt dann ja nicht mehr.

    Ps.: gab es da nicht mal überwachungsinstanzen die so ein "marketingverhalten" "überwachen" sollten?!?!?!

  • Am 9. Juni 2010 um 13:42 von Matthias FFM

    Vorratsdatenspeicherung 2.0
    … mir fehlt da noch die vorsorgliche Speicherung aller Chatdialoge …. das natürlich mit Suchindex nach den wichtigen Schlagwörtern und automatischer Mail (die natürlich durch alle SPAM-Filter per entsprechender Verordnung) durchgelassen werden muss ….

    Orwell lässt grüßen !!

  • Am 9. Juni 2010 um 15:17 von Cueball

    Verarsche der Bevölkerung
    Hi,

    ich bin immer wieder erstaunt, über die Menge der Artikel auf diversen Seiten, die sich darüber aufregen, dass man uns allen ein X für ein U vormachen will.
    Zudem ist es doch sehr erstaunlich was Regierung & Co sich alles einfallen lassen zum Thema: Internetkriminalität usw.
    Aber es wundert mich genau so sehr, dass immer nur geredet wird… getan wird quasi gar nichts.
    Die Situation wird immer schlimmer und die Regierungen arbeiten immer mehr Hand-in-Hand mit Medienunternehmen zusammen um uns das Leben noch schwerer zu machen, als es ohnehin bereits ist.
    Wann passiert endlich mal was??? Ich habe jeden Tag die Schnauze ein wenig mehr voll als den Tag zuvor – bin ich alleine??

    • Am 29. Juni 2010 um 15:53 von Goblin2k3

      AW: Verarsche der Bevölkerung
      Ein Problem ist ja, was in „Angriff auf die Freiheit“ schon erörtert wurde: Irgendwie scheinen sich nur die IT-Magazine ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen, während andere Presseorgane Begriffe wie „Terrorverdächtiger“ bereitwillig in ihr Vokabular aufnehmen. Es scheint fast, als wären nur Nerds an einem freien Internet interessiert sein. Offenkundig, weil nur sie es wirklich verstanden haben.

      Aber wie war das doch gleich: Meine Daten können sie ja ruhig haben, ich habe mir doch nichts vorzuwerfen. Das ist doch vom Staat, das kann doch nichts Böses sein…

  • Am 12. Juni 2010 um 18:28 von Baby

    Sanfte Verdummung
    Nein, Cueball, Du bist sicherlich nicht alleine. Aber trotzdem sind wir eine Minorität. Dem Großteil unserer lieben Bevölkerung fehlt nach meiner Einschätzung jegliches Verständnis für diese Thematik. Und genau wie die Werbung auf Emotionen und niederste Instinkte abzielt, macht es Politik. Ich nenne das die „sanfte Verdummung“. Dem Bürger wird ständig eingeredet, wie wichtig Politik ist. Verstehen kann er sie aber nicht. Und das soll er auch garnicht. Ihm muss nur klar gemacht werden, dass er 1x alle 4 Jahre sein Kreuzchen zu machen hat, und zwar möglichst weit oben auf dem Stimmzettel, und ansonsten mal lieber die Fresse hält.

  • Am 25. Juni 2010 um 15:22 von Freiheit

    Even bigger Brother wacthing YOU!
    Es lebe der Überwachungsstaat..sorry die Überwachungsunion! Bürokratisch…Bürokratischer…EU

  • Am 29. Juni 2010 um 13:19 von TabGedrueckt

    Armseelig
    Also zumindest ein Politiker sollte schon lesen und verstehen BEVOR
    er etwas unterschreibt…

    Meiner Meinung nach gehört JEDER, der diesen Wisch unterschrieben hat,
    seines Amtes enthoben!

    Der Verfasser selbstverständlich auch…

    Einfach nur lächerlich dass sowas keine Konsequenzen hat…

    Unter diesen Umständen: EU – nein danke!

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