WLAN-Scanning: Strafanzeige gegen Google

Die Staatsanwaltschaft soll für Klarheit in Bezug auf offene WLANs sorgen. Der Kläger strebt eine Diskussion um die extensive Auslegung des Abhörverbots an. Ihm geht es auch um die Rechtslage beim versehentlichen Auslesen mobiler Geräte.

Jens Ferner von der Kanzlei Ferner aus Alsdorf bei Aachen hat gestern bei der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Google Strafanzeige wegen des Abhörens, Abfangens und Ausspähens von Daten erstattet. Er beruft sich dabei auf die Paragrafen 202b und 202c des Strafgesetzbuchs, die Paragrafen 89 und 148 des Telekommunikationsgesetzes sowie Paragraf 43 und 44 des Bundesdatenschutzgesetzes. Anlass sind jüngste Informationen über das Erfassens von Datenfragmenten innerhalb offener WLANs und der Nachweis, dass diese auch problemlos gesammelt werden können, ohne sich in das WLAN einzuloggen.

„Mit der Strafanzeige möchte ich erreichen, dass sich die Staatsanwaltschaft anhand eines bekannten Unternehmens unter anderem mit der zunehmend extensiven Handhabung des Paragrafen 89 des Telekommunikationsgesetzes, dem sogenannten Abhörverbot, beschäftigt. Zur Erinnerung: Diese extensive Handhabung hat inzwischen dazu geführt, dass man sich als Nutzer, der sich in ein offenes WLAN einloggt und dieses schlicht nutzt – sogenanntes Schwarzsurfen – mitunter strafbar machen kann“, so Ferner.

Die im Raum stehenden Datenfragmente seien Bestandteil der Kommunikation zwischen dem WLAN-Router und dem „legalen“ Nutzer. Die von ihm versendeten Daten seien alleine für den Router bestimmt, nicht für die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis. Den zielgerichteten Empfang dieser Daten durch Google könne man derzeit schon als „Abhören“ des Funkverkehrs bezeichnen.

Aber selbst wenn die Erfassung durch die Street-View-Autos von Google versehentlich geschehen sei, müsse man sich spätestens bei der Übertragung der Daten an Paragraf 89 des Telekommunikationsgesetzes erinnern, wonach bei unbeabsichtigt empfangene Informationen nicht weitergegeben werden dürfen. Selbst wenn Daten ohne vorsätzliches Abhören „direkt hinter der Antenne“ empfangen wurden und damit in gewissem Sinne also frei gewesen seien, stelle sich die Frage, wie man mit unverschlüsselten, also frei verfügbaren und nur subjektiv nicht für andere bestimmten Daten in der Rechtsprechung umgehen solle.

Mit seiner Strafanzeige möchte der Diplom-Jurist aufzeigen, dass das Geflecht aus verschiedenen Normen, mit Blick auf die Praxis der Datenerhebung – nicht nur bei Google – in der Anwendung zunehmend unkalkulierbar ist. Insbesondere sei zu bedenken, dass Google sich eventuell nirgendwo unerlaubt einloggt, sondern nur erfasst habe, was ohnehin mehr oder weniger frei verfügbar gewesen sei – so wie Schwarzsurfer ein offenes WLAN vielleicht gegen den Willen des Betreibers, aber letzten Endes bestimmungsgemäß nutzen.

„Eine Entscheidung gleich welcher Art, also auch eine ablehnende der Staatsanwaltschaft mit Begründung, führt in jedem Fall zu etwas mehr und dringend benötigter Klarheit“, so Ferner in seinem Blog. Die Auswirkungen der Entscheidung seien dann nicht nur für Google oder Schwarzsurfer, sondern ganz allgemein von Bedeutung. Denn frei verfügbare Daten seien heute, in Zeiten von Smartphones und iPhones, leichter auslesbar als je zuvor – was immer häufiger auch versehentlich geschehen könne.

Themenseiten: Big Data, Business, Compliance, Datendiebstahl, Datenschutz, Gerichtsurteil, Google, Internet

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Neueste Kommentare 

2 Kommentare zu WLAN-Scanning: Strafanzeige gegen Google

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  • Am 19. Mai 2010 um 13:25 von Der Korrektor

    Falscher Name
    Der Rechtsanwalt heißt Dieter Ferner. Jens Ferner ist (noch?) kein Anwalt.

    Danke für den Hinweis. Sie haben Recht, Jens Ferner ist Diplom-Jurist und Mitarbeiter der Kanzlei Ferner. Die Angabe wurde im Text korrigiert.
    Peter Marwan
    ZDNet-Redaktion

    • Am 19. Mai 2010 um 14:12 von JSG

      AW: Falscher Name
      Ganz am Anfang des Artikels steht noch „Jens“… ;-)

      Mensch, was für eine Werbung für die Kanzlei….

      Hallo,
      der Vorname stimmt schon, nur die Bezeichnung „Anwalt“ war bei uns zunächst nicht korrekt. Zum Sachverhalt: Dieter Ferner ist Anwalt und Inhaber der Kanzlei, Jens Ferner sein Sohn und Mitarbeiter der Kanzlei.
      Peter Marwan
      ZDNet-Redaktion

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