Gläserner Nutzer: So sammeln seriöse Firmen private Daten

Während Google nach derzeitigen Erkenntnissen mit seinen Daten einigermaßen verantwortungsvoll umgeht, und bisher keine Fälle von Datenweitergabe an Fremdfirmen oder Behörden bekannt sind, sind die sozialen Netzwerke weniger zimperlich. Bei den großen sozialen Netzwerken ist vor allem Facebook zu nennen, das immer wieder dabei ertappt wird, wie es von Mitgliedern anvertraute Daten für eigene Zwecke nutzt.

So fand Heise Online jüngst heraus, dass Facebook die Daten von Nichtmitgliedern sammelt und Beziehungen zu anderen Mitgliedern anhand persönlicher Adressbücher herstellt. Das aktuelle Update der Facebook-Applikation für das iPhone empfiehlt dem Nutzer, alle seine Kontakte aus dem Telefon zu Facebook hochzuladen. Die Updates für Android und Windows Mobile dürften nicht lange auf sich warten lassen.

Dass Facebook die hochgeladenen Daten nicht nur für das jeweilige Mitglied als Dienst anbietet, wird spätestens klar, wenn sich ein anderes Mitglied neu anmeldet. Das bekommt nämlich automatisch Freunde vorgeschlagen. Dass das Neumitglied die vorgeschlagenen Freunde kennt, kann Facebook nur aus den hochgeladenen Adressbüchern wissen. Eine derartige Nutzung ist zumindest moralisch äußerst fragwürdig.

Um an persönliche Kontakte eines Nutzers zu kommen, sind die sozialen Netzwerke recht erfinderisch. So bieten sie beispielsweise an, alle Freunde und Kontakte von Instant-Messenger- und Webmail-Diensten „einzuladen“.

Dazu muss man wissen, dass das jeweilige soziale Netzwerk sich dazu mit Benutzernamen und Kennwort beim gewünschten Dienst, beispielsweise Windows-Live, anmelden und vorgeben muss, der Nutzer zu sein. Das alleine ist schon fragwürdig. Oft geschieht das ohne Wissen des Anwenders.

Wer mit seiner Windows Live ID (früher Microsoft Passport) auf einer beliebigen Microsoft-Website angemeldet ist, etwa zum Download von Betas oder Updates, übergibt seine Windows-Live-Anmeldung an Facebook, ohne dass eine Eingabe des Passworts erforderlich ist. Deutlich besser verhält sich Xing, das den Benutzer in jedem Fall um Erlaubnis bittet und nach dem Kennwort fragt.

Sobald eine Liste wie in Bild 10 erscheint, sind alle Kontakte aus dem Online-Adressbuch an Facebook übertragen worden, unabhängig davon, ob man sich dazu entscheidet, Kontakte einzuladen oder nicht. Andere soziale Netzwerke wie Tagged.com gehen noch einen Schritt weiter und laden ungefragt alle Kontakte von Windows Live, Gmail (Googlemail), Yahoo und AOL ein. Das tun diese Netzwerke mit dem gefälschten Absender des Benutzers. Das rief sogar die Staatsanwaltschaft in New York auf den Plan, die dieses Verhalten als Betrug einstufte.

Facebook bemüht sich nicht nur über das iPhone, an die Kontaktdaten seiner Mitglieder zu kommen. Es bittet ganz ungeniert alle Nutzer von Outlook Express, Thunderbird, Apple Mail und anderen, ihre Adressbücher hochzuladen, siehe Bild 11. Outlook-Benutzer sollen dazu eine Applikation auf ihrem Rechner installieren. Da OST- oder PST-Dateien sowohl E-Mail, Kontakte als auch Termine enthalten, kann so eine Datei schnell mehrere GByte groß werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass es mittlerweile bekannt ist, dass Facebook auch Daten von Nichtmitgliedern sammelt und nutzt, sollte man von der Nutzung dieses „Dienstes“ Abstand nehmen.

Ähnlich skeptisch äußert sich auch Hendrik Speck, Professor für digitale Medien an der Fachhochschule Kaiserslautern. Im Handelsblatt vertrat er die Ansicht, dass die sozialen Netzwerke versuchen, verschiedene Identitäten eines Nutzers zusammenzuführen. Wer auf E-Bay der „Schnäppchenjäger“ sei, sei in World-of-Warcraft der „Goldene Krieger“ und bei Wer-Kennt-Wen der „Knuddelprinz“. Speck warnt vor jeder Applikation, die keine genauen Angaben macht, wie welche Daten verwendet und an wen sie übertragen werden.

Themenseiten: Big Data, Datendiebstahl, Datenschutz, Facebook, Google, Networking, Privacy, Security-Analysen, Soziale Netze, Suchmaschine

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Neueste Kommentare 

5 Kommentare zu Gläserner Nutzer: So sammeln seriöse Firmen private Daten

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  • Am 16. Februar 2010 um 11:12 von Fraggle

    Sniffer
    Mit Netzwerksniffen kann man zwar den Problemen auf die Spur kommen, leider wird aber nicht erwähnt, daß rechtlich gesehen Sniffer in der Grauzone liegen. Da sie mißbraucht werden können, sind sie eigentlich nach den letzten Jahren illegal. Versteh ein wer will.

    • Am 20. Februar 2010 um 22:27 von O. Wigger

      AW: Sniffer
      Da Herr Edelmann offenbar in den USA tätig, ist, muss er sich nicht um Deutschlands hahnebüchenen Gesetze kümmern. Es gibt dort genug andere von der Sorte :-)

    • Am 23. April 2010 um 20:46 von Thomas F.

      AW: Sniffer
      Wieso sollten Sniffer in der Grauzone liegen?! Im IT-Bereich wird täglich damit gearbeitet, um Datenströme nachvollziehen zu können. Ein Sniffer zeigt ja keine fremden Daten, sondern die Daten, die auf MEINEM PC versandt und empfangen werden. Und das wird mir ja wohl Niemand verbieten wollen/können, diese Daten einzusehen.
      Missbraucht werden (z.B. zum Hacken) können übrigens auch Browser und jede Programmierumgebung, aber in einer Grauzone befinden sie sich deshalb nicht.
      Nur nicht verrückt machen lassen. :-)

  • Am 21. Februar 2010 um 21:26 von firehorse

    Soziale Netzwerke ???
    Müsste dies nicht eigentlich asoziale Netzwerke heißen?

    Nach diesem Bericht – der mir schon weitestgehend geläufig war – wäre es an der Zeit Eigenschaften auch richtig zu definieren!
    Hinzukommt das ein am Aktienmarkt orientiertes Unternehmen niemals wirklich sozial sein wird oder sein kann. Dies widerspricht sich schon im Anspruch hinsichtlich der Dividenten/einer Gewinnmaximierung.

  • Am 8. Januar 2011 um 19:19 von Stefan Wilhelm

    Siehe oben
    Gläserner Nutzer: So sammeln seriöse Firmen private Daten
    Richtig, und zdnet hilft direkt mal mit -.-

    Ohne "gefällt mir-Button" gehts wohl heute nicht mehr -.-

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