Aurora: Angriff mit IE-Exploit aus China auf Google und den Rest der Welt

Eine der Voraussetzungen, dass so ein Angriff ausgenutzt werden kann, ist das Vorhandensein von exakt gleichen Bedingungen. Das heißt: dieselbe Betriebssystemversion mit möglichst identischem Patchstand. Das angegriffene Programm muss binär absolut identisch mit dem Rechner des Angreifers sein, also derselbe Patchlevel in derselben Sprachversion. Keine Chance hat ein Angreifer, wenn im Browser mehrere Tabs oder Fenster geöffnet sind, bevor das präparierte Dokument geladen ist.

Externe Programme wie der Adobe Acrobat Reader sind grundsätzlich stärker gefährdet als ein Browser. Das liegt daran, dass der Angreifer darauf hoffen kann, dass das externe Programm nicht gestartet ist, wenn der Benutzer das präparierte Dokument anklickt. Wer grundsätzlich vor dem Starten des Browsers ein PDF-Dokument öffnet, erhält einen ziemlich guten Schutz vor der „produktiven“ Ausnutzung einer Lücke im Acrobat Reader.

Wenn das Programm gestartet wird, um das vom Browser erhaltene Dokument zu laden, besteht eine Chance, dass das Programm sich deterministisch genug verhält, damit das Dokument immer an dieselbe Adresse geladen wird. In diesem Fall lässt sich der Schadcode zur Ausführung bringen.

Auch dann bestehen erhebliche Unsicherheiten für den Angreifer. Die Ladeadresse des Dokuments kann sich etwa in Abhängigkeit davon verändern, ob der Browser die Datei im Verzeichnis C:Usersuser1Temporary Internet Files oder in C:Benutzerusername2Temporäre Internet Dateien speichert. Dabei spielt auch die Anzahl der Zeichen im Benutzernamen eine Rolle. Es ist durchaus möglich, dass der jetzt entdeckte Schadcode nur Benutzernamen mit einer bestimmten Anzahl von Zeichen trifft.

Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, von einem solchen Angriff betroffen zu sein, vergleichbar mit dem Knacken des Jackpots beim Lotto. Größere Unternehmen, die zehntausende von Rechnern besitzen, machen aber schon eine recht große „Tippgemeinschaft“ aus. Es ist davon auszugehen, dass die chinesische Regierung ihren Angriff auf Millionen von PCs angesetzt und bei etwa 30 Rechnern einen Treffer gelandet hat.

Auch bei dieser statistisch geringen Ausbeute kann die „Leistung“ der chinesischen Hacker von der Programmiertechnik her nur bewundert werden. Eine funktionierende Malware durch Ausnutzung einer Speicherarithmetiklücke ist kein Code, den man schnell mal programmieren kann. Es dürften monatelange „Forschungsarbeiten“ durch sehr gut ausgebildete Spezialisten vorangegangen sein.

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9 Kommentare zu Aurora: Angriff mit IE-Exploit aus China auf Google und den Rest der Welt

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  • Am 19. Januar 2010 um 18:22 von Mogelix

    Unerfahrenheit vieler Anwender
    >> … "In der Regel reicht es aus, die Unerfahrenheit vieler Anwender auszunutzen."

    Firmen, die mit sensiblen Daten arbeiten, haben ‚in der Regel‘ keine unerfahrenen Anwender.

    Ansonsten ein guter Artikel, vieln Dank!

    • Am 19. Januar 2010 um 21:54 von WP

      AW: Unerfahrenheit vieler Anwender
      DA wäre ich mir nicht so sicher. Jede Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verarbeitet extrem vertrauliche Daten … das heißt aber noch lange nicht, daß dort nur IT-Profis rumlaufen, die nicht auch ein Plugin installieren würden. :-(

    • Am 27. Januar 2010 um 12:31 von schulte

      AW: Unerfahrenheit vieler Anwender
      Da muss ich WP leider beipflichten.
      Nach meiner Erfahrung (30 Jahre IT) wird IT-Sicherheit in nur sehr wenigen Firmen konsequent durchgezogen.
      Ich habe es immer wieder erlebt, dass Mitarbeiter ihre eigenen Notebooks mitgebracht haben oder dass der Admin zugab, dass es einige Geräte im Netzwerk gibt, die zwar per DHCP eine IP haben, die er aber nicht kennt oder weiß, wo die stehen.

      IMHO gehen zu viele Admins den einfachen Weg. Je weniger die Mitarbeiter Helpdesk anrufen, desto bequemer.
      Dass mancher Sicherheitsbeauftragter als persönlich haftend mit einem Bein im Gefängnis steht ist den wenigsten klar.

      Dies wird auch dadurch unterstützt, dass diesbezügliche Sicherheitsrichtlinien nicht kommuniziert werden oder mit Kunden Teilvereinbarungen getroffen werden, die weder von der IT-Compliance noch von den technischen Möglichkeiten des Unternehmens gedeckt werden.

      Beste Grüße

      schulte

  • Am 19. Januar 2010 um 19:03 von Knud Hanssen

    Vielen Dank
    Als technischer Laie ist es schwer die vielen Fachbegriffe zu verarbeiten. Vielen Dank für die aiufklärende und einfach Sprache dieses sehr komplex und erscheinenenden und garantiert bedrohlichen Sachverhaltes.

  • Am 19. Januar 2010 um 21:33 von Jojoman

    Exzellenter Artikel
    Ein exzellenter Artikel, der auch die leeren Sicherheitsversprechen vieler Hersteller von Anti-Malware-Tools offenlegt.

    Weiter so!

  • Am 19. Januar 2010 um 22:19 von M

    Klasse Artikel!
    Vielen Dank für diesen extrem Interessanten Artikel! Wenn man über das alles mal genauer nachdenkt, bekomme ich richtig Bauchschmerzen. Die Chinesen erhaken sich quasi Know-How und Staatsgeheimnisse und alle sind dagegen vollkommen machtlos! Vor allem ist das für einen Security Hersteller wie Symantec ein Armutszeugnis. Die fangen sich Chinesische Malware ein, ohne es zu bemerken ;(

  • Am 20. Januar 2010 um 16:19 von derdiedas

    Wirklich gut gemacht
    werde doch noch zum zdnet leser – hier scheint die qualität zu stimmen :-)

  • Am 15. April 2010 um 0:11 von Daniel

    Interessant zu lesen
    und vorallem öffnet es einem Teil die Augen. Doch die wirklichen Entscheidungsträger erreichen solche Meldungen nicht bzw. zu spät.
    Klar kann ich verstehen, das es in großen Unternehmen schwierig ist, Sicherheitsrichtlinien und Schutzmechanismen bis in die kleinste Provinzniederlassung zu tragen. Ich bin mir aber ziemlich sicher. Wenn nicht jeder sein eigenes Süppchen kochen würde und es gewisse Standards geben würde, dann hätten wir einige Probleme weniger. Und wenn Microsoft sich zu verschiedenen Themen etwas öffnen würde, dann erst recht.
    Den Usern ist es nicht zu verübeln. Woher sollen Sie wissen, welche Bits und Bytes gut und böse sind? Kennen doch die wenigsten die Tiefen Ihres Betriebssystems, welches oftmals mit „W“ beginnt und mit „s“ endet. Assistenten übernehmen doch viele Konfigurationen und denken nicht an Ecken, an die findige Programmierer denken.

    In diesem Sinne. Jeder ist seines Glückes Schmied. Der beste Schutz ist offline bleiben und mit niemanden reden. ;)

  • Am 5. Juli 2010 um 14:04 von Quark

    Quark
    „Dass hinter dem Angriff die chinesische Regierung steckt, bezweifelt inzwischen niemand mehr. Sowohl Google als auch iDefense, eine Tochter von Verisign, haben die Ausgangs-IP-Adressen rückverfolgen können. Hinzu kommt, dass bei ausschließlichem Interesse an Wirtschaftsspionage nicht davon auszugehen ist, dass sich der Angreifer ausgerechnet für die Googlemail-Konten zweier Menschenrechtler in China näher interessiert. “

    Klar, nach einer George W. Bush – Logik ist es damit bewiesen… So exzellent die Entwickler auch sein mögen, dass man ihre IP’s rückverfolgen würde, sind sie natürlich nicht gekommen. Ich frage mich auch, woher Google weiß, welche Googlemail-Konten welchen Menschenrechtlern gehören.

    Ich sage nicht, dass es nicht die chinesische Regierung sein könnte… aber an Beweisen dafür findet sich hier nur jede Menge Quark.

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