Niederländisches Experiment: „HDTV“ kann spottbillig sein

Ein Großteil der Diskussionen um HDTV und Blu-ray dreht sich um die Kosten. Niederländische Forscher haben jetzt mit einem Lösungsansatz experimentiert: Offenbar muss sich niemand die ganze teure Ausrüstung wirklich kaufen, es reicht, wenn man sie sich vorstellt.

Ein Großteil der Diskussionen um HDTV und Blu-ray dreht sich um die Kosten. Niederländische Forscher haben jetzt einen Lösungsansatz in einem Experiment validiert: Offenbar muss sich niemand die ganze teure Ausrüstung wirklich kaufen, es reicht, wenn man sie sich vorstellt.

Eine minimale Investition ist trotzdem notwendig, um den Versuchsaufbau von Lidwien van de Wijngaert von der Universität Twente in Enschede nachzuvollziehen. Es reicht aber, den Fernseher mit einem außergewöhnlich dicken Kabel anzuschließen und ein paar Werbeflyer aufzuhängen. Den Versuchspersonen wurde außerdem gesagt, dass sie dank HD-Technologie gleich ein klareres und schärferes Bild sehen würden. Und was passierte? Die Versuchspersonen waren wirklich der Meinung, eine überlegene Technologe gesehen und erlebt zu haben, obwohl sie sich dieselbe DVD auf derselben Hardware ansahen, wie eine unbeeinflusste Vergleichsgruppe.

Van de Wijngaert hatte zwar erwartet, dass der Unterschied zwischen den Technologien nicht besonders stark wahrgenommen würde, aber die Eindeutigkeit der Ergebnisse überraschte sie dann doch. Ihrer Ansicht nach fällt der Effekt womöglich sogar noch stärker aus, wenn die Menschen für ein HD-Pay-TV-Angebot, eine Settop-Box oder einen Fernseher bezahlt haben. Es sei ein normaler psychologischer Vorgang, dass Menschen die getätigten Investitionen rechtfertigen – auch wenn sie sich nicht gelohnt haben. Die Werbewirtschaft kennt dafür den Begriff kognitive Dissonanz. Beispielsweise fühlen sich Käufer einer bestimmten Automarke von der Werbung dieses Herstellers stärker angesprochen als Besitzer anderer Marken. Auch hier scheint das Muster zu greifen, dass die getätigte Investition vor einer inneren, kritischen Stimme gerechtfertigt werden muss.

Das Experiment könnte auch erklären, warum vergleichsweise viele Verbraucher einen HD-Fernseher kaufen und trotzdem nicht die Notwendigkeit erkennen, ihn auch mit HD-Inhalten zu füttern. Beispielsweise stand bereits im Mai 2008 in rund einem Viertel der deutschen TV-Haushalte ein HDTV-fähiger Flachbildschirm, der Marktanteil der HDTV-fähigen Empfangsgeräte (Settop-Boxen oder IDTVs) lag aber mit rund einer halben Million Geräte noch unter zwei Prozent. Abhilfe schaffen würde etwa die Anschaffung eines Blu-ray-Players oder die Entscheidung, Pay-HDTV-Angebote zu abonnieren, da die Ausstrahlung von HDTV über das gängige Fernsehprogramm ja noch sehr begrenzt ist.

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3 Kommentare zu Niederländisches Experiment: „HDTV“ kann spottbillig sein

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  • Am 12. Oktober 2009 um 15:48 von Kinofan

    Langfristig
    Das mag für kurzfristig aufgebaute Testsets gelten, langfristig dürfte sich aber dann doch HDTV durchsetzen, da z.B. bei Übersichtsaufnahmen/Weitwinkeleinstellungen doch schnell die Grenzen von SDTV sichtbar werden.

    Da bietet echtes HDTV eine sichtbar höhere Auflösung, so daß man auch hochskaliertes Material leicht von nativem HD unterscheiden kann, was der „ungeübte“ Zuseher erst mal noch nicht kann. Hinzu kommt, daß auch teilweise grottenschlechte Bildqualität angeliefert wird, die in HD gar nichts bringt.

    Signifikant scheint aber hier eher der „Kinolook“ zu sein. Hektisch geschnittenes, von vorn bis hinten ohne ausgeprägte, blickleitende Tiefenschärfe und quietschbuntes HD sieht eben auch nur wie Video aus und nervt gewaltig. Insofern waren auch die bisherigen HDTV-Showcases, soweit ich sie in Ausschnitten sehen konnte, eher eine Enttäuschung.

    Da bietet eine gut gemasterte DVD mehr: ruhige, stimmungsvoll-farbige Bilder, keine Schnitthektik, keine Hektik am Ende, keine nervenden fliegenden Zwischengrafiken, keine nervenden Senderlogos, man kann beeindruckt den Abspann laufen lassen und fühlt sich wirklich wie im Kino. Erst recht gilt dies für BD, so daß ich diesen beiden jederzeit den Vorzug geben würde.

    Auch beim Übergang voin SDTV nach HDTV wird Zappelvideo Zappelvideo bleiben: dafür sorgt schon die Abstumpfung des durchschnittlichen Zuschauers, die die Sender von Jahr zu Jahr einen höheren Gang beim „Informationsdurchsatz“ einlegen läßt. Leider habe ich da gar keine Hoffnung, daß dies anders wird, dafür sorgen schon die eingefahrenen Gewohnheiten der Schnittleute berim Fernsehen, die einfach weitermachen wie bisher.

  • Am 6. Oktober 2010 um 9:06 von Joachim Scholz

    HDTV billig
    Selbstbetrug war schon immer der schönste Betrug.

  • Am 15. November 2010 um 15:22 von Matthias

    Die meisten lassen sich ja auch von Werbung veräppeln
    Für mich war das Ergebnis eines solchen Testes schon lange klar,
    zumindest für die Hälfte aller Testpersonen.
    Es ist leider Fakt, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung relativ dumm und sehr stark manipulierbar ist.

    Für alle anderen gilt: Natürlich ist ein gut erkennbarer Unterschied vorhanden, zwischen echtem FullHD und SDTV.

    Es wäre aber dabei auch wichtig, den DVD-Player über Scart anzuschließen und den BD-Player über HDMI.
    Wie war das bei dem Versuchsaufbau?

    Inzwischen können nämlich viele Sat-Reciever, DVD/BD-Player usw. schon so gut hochskalieren, dass man tatsächlich nur noch sehr wenig Unterschied zwischen diesem hochgerechneten HDTV-Bild (via HDMI) und echtem HDTV-Bild (via HDMI) erkennen kann.

    Ein ganz anderer Grund werden die schlechten Augen vieler Testpersonen sein.
    In der Firma erlebe ich es immer wieder, dass Anwender ihre 19″ LCD-Monitore, die nativ 1280*1024 Pixel haben, mit der Auflösung 640*480 oder 800*600 ansteuern (wenn ich 1280×1024 einstelle, ist das nächsten Tag wieder 800*600).
    Als Begründung höre ich dann meist sowas wie: „Sonst kann ich da nichts erkennen“.
    …Lieber ein unscharfes interpoliertes Bild mit Buchstaben so groß wie Haifischzähne, als ein scharfes detailreiches HD-Bild…

    Vielleicht sollte man für solche Tests Fernseher von mehr als 50″ Bild-Diagonale einsetzen, bei einem Betrachtungsabstand von maximal 2 Metern.

    Das wird in ein paar Jahren sicher zum Standard: Ca. 25″ Diagonale pro Meter Abstand.

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