Nutzer von P2P-Tauschbörse muss nicht sämtliche Funktionen kennen

Ein Gericht kann nicht davon ausgehen, dass der Nutzer einer Tauschbörse weiß, dass die von ihm heruntergeladenen Dateien ohne weiteres Zutun jedem anderen Nutzer der Tauschgemeinschaft zur Verfügung stehen.

Der Nutzer einer Tauschbörse wurde wegen Verbreitung gewaltpornografischer Schriften zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen legte er Rechtsmittel ein. Denn das Gericht hatte seiner Auffassung nach nicht berücksichtigt, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass die heruntergeladenen Dateien, die im Ordner „gespeicherte Daten“ abgelegt wurden, sofort auch den anderen Nutzern der Tauschbörse zur Verfügung stünden. Er sei davon ausgegangen, dass man Dateien in einem gesonderten Ordner ausdrücklich freigeben müsse.

Die Richter des Oberlandesgerichtes Oldenburg sprachen den Angeklagten daraufhin frei (Aktenzeichen 1 Ss 46/09). Das Gericht habe zuvor zu Unrecht angenommen, dass jeder Nutzer einer Tauschbörse Kenntnis darüber habe, wie das Programm funktioniere und worauf der Unterschied zu anderen Anbietern beruhe. Hinzu komme, dass der Angeklagte die Dateien in einem gesonderten Ordner gespeichert habe.

Es gebe daher keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Nutzer einer Tauschbörse automatisch wisse, dass die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch den Download anderen Nutzern zur Verfügung stehen.

Die Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet aktuelle Urteile aus dem IT-Bereich. Sie ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Vodcast.

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1 Kommentar zu Nutzer von P2P-Tauschbörse muss nicht sämtliche Funktionen kennen

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  • Am 21. August 2009 um 18:51 von Thomas F.

    Was für eine lächerliche Ausrede!
    JEDES P2P-Filesharing-Programm funkioniert so, dass jeder Teil einer Datei, der auf dem eigenen PC schon empfangen wurde, sofort den anderen Benutzern angeboten wird. So ist das quasi definiert. Und alle Programme, die ich kenne, halten auch vollständig empfangene Dateien so lange zum Laden für andere Benutzer vor, bis sie explizit aus der Freigabe gelöscht werden.
    Und selbst, wenn es nicht Standard wäre, so wäre es ein als normal anzusehendes Verhalten eines solchen Programmes.

    Man muss also, wenn man Schaden durch Nutzung eines Programmes verursacht, ab jetzt nur noch sagen, dass man zu faul war, die Anleitung zu lesen und deshalb nicht wusste, was es tut. Das ist ja eine tolle Nachricht für alle Hacker. Die wollen nämlich gar nicht in andere PC eindringen. Sie wussten gar nicht, dass das passiert, wenn sie die Software benutzen. :-)

    Und wenn ich mich in ein offenes WLAN einchecke, dann kann ich dafür auch nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Man kann ja nicht davon ausgehen, dass ich überhaupt weiß, was WLAN ist.

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