Cloud Computing: zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Hört man manchen Experten etwas länger zu, könnte man glauben, das Ende aller IT-Abteilungen stehe unmittelbar bevor: Scheinbar würden IT-Leiter lieber heute als morgen alle Hardware zum Elektroschrott bringen und mit fliegenden Fahnen zum neuen Bereitstellungsmodell für Dienste und Anwendungen überlaufen.

Um auf dem Teppich zu bleiben reicht jedoch ein kurzer Blick in die Vergangenheit: Der Tabula-rasa-Ansatz – alles Vorhandene hinauszuwerfen und durch Neues zu ersetzen – wurde zwar schon mehrfach propagiert, durchgesetzt hat er sich aber nie. Und es ist unwahrscheinlich, dass es ausgerechnet diesmal anders sein sollte.

Ein Vergleich mit der Situation in den neunziger Jahren reicht als Beleg dafür aus: Damals verkündeten Kommentatoren und Experten lauthals den Tod des Mainframes. Heute leben viele von ihnen nicht mehr, dem Mainframe dagegen geht es in vielen IT-Abteilungen besser als je zuvor.

In der Einschätzung der Möglichkeiten von Cloud Computing etwas nüchterner als viele andere Analysten ist Tom Austin, Chef der Software-Marktforschung bei Gartner. Er betont zwar, dass es „ein fataler Fehler“ wäre, dessen Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung und Kostensenkung zu ignorieren. Austin weist aber auch darauf hin, dass Cloud Computing aller Voraussicht nach mehr als Beiwerk statt als Ersatz von eigenen Systemen erfolgreich sein wird. „Man kann es nicht einfach links liegen lassen, man sollte sich aber auch nicht in es verlieben.“

Die meisten IT-Abteilungen versinken heute in Arbeit. Der Großteil davon ist aber Routine und vergleichsweise banal. Für strategische Arbeit und Innovationen bleibt wenig Zeit. Das wurde auch außerhalb der Serverräume bereits bemerkt: Viele Manager bemängeln diese Tatsache. Jonathan Yarmis, Vice President des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens AMR Research, empfiehlt daher, „Aufgaben mit geringem Zusatznutzen“ oder „die alltäglichen Dinge des Geschäftsbetriebs“ an Cloud-Spezialisten auszulagern. Die könnten diese Aufgaben besser und günstiger erledigen. Als Beispiele nennt Yarmis Zugriff auf alltägliche Anwendungen, E-Mail oder Archivierung.

Yarmis glaubt außerdem, dass sich die Rolle der meisten IT-Leiter in den kommenden fünf Jahren stark verändern wird: Da bis dahin so gut wie alle Firmen in irgendeiner Form Cloud-Computing-Elemente in ihr Gesamtkonzept integriert haben werden, müssten IT-Verantwortliche sich mehr als Dirigenten der unterschiedlichen internen und externen Lieferanten sehen, denn als obersten Administrator.

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1 Kommentar zu Cloud Computing: zwischen Wunsch und Wirklichkeit

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  • Am 23. Februar 2009 um 8:16 von whitepal

    Ein wenig Licht
    Hallo,

    vielen Dank für diesen Artikel. Ein ansprechender Versuch, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, durchaus scharfsinnig beobachtet und flott dargestellt. Respekt!

    Nichtsdestoweniger kann ich mit der Definition nicht mitgehen. Den unter Utility Computing angesprochenen Punkt, der nutzungsabhängigen Berechnung sehe ich definitiv als essenziellen Punkt in der Definition, nicht als "vielleicht". Darüberhinaus erschiene mir die "Angebotspalette" nicht hinreichend beschrieben. Immerhin gibt es doch auch Anbieter, die reine Infrastruktur-Ressourcen bereitstellen. Es muss sich doch nicht immer um eine Anwendung handeln?

    Zurzeit werden drei Ebenen von Cloud Computign diskutiert: reine Infrastruktur, Platttform und Software as a Service.

    Ob wir jedoch jemals eine gültige Definition haben werden? Wer kann das shon sagen? Vielleicht sind wir aus dem Zeitalter raus, da wir scharfe Definitionen haben werden – zumal Marketingabteilungen "Fachbegriffe" kreieren, die dann wild durch den Markt geistern.

    Freundliche Grüße

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