Grün und grüner: Geld von Google fürs Gemeinwohl

ZDNet: Welche anderen Bewegungen oder Bemühungen unterstützen Sie persönlich, auch über Google.org hinaus?

Brilliant: Meine Frau und ich haben vor fast 30 Jahren die Seva Foundation gegründet. Seva ist inzwischen in 15 Ländern aktiv, um Blindheit zu heilen. Wir haben Projekte in Indien, Bangladesch und Nepal, die mehr als 2 Millionen Blinden das Augenlicht wiedergegeben haben. Ich bin sehr an Frühwarnsystemen interessiert, also an Systemen, die Krankheiten erkennen, ehe sie sich zu Epidemien ausweiten. Hier schauen wir uns diese 39 neuen zoonotischen Krankheiten an, also Krankheiten, die von einer Spezies auf die andere übertragen werden, so wie die Vogelgrippe und das West-Nil-Virus, SARS, Ebola, Lassafieber, Marburgfieber und AIDS. Wir erleben immer mehr Übertragungen vom Tier auf den Menschen. Dies ist ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Wir schauen, ob wir hier etwas machen können.

ZDNet: Was ist Ihrer Erfahrung nach der größte Unterschied, wie wohltätige Organisationen heutzutage vorgehen – im Vergleich zu der Zeit, als Sie angefangen haben?

Brilliant: Ich war Geschäftsführer einer ganzen Reihe von gemeinnützigen Unternehmen. Ich habe The Well gegründet [eine der ersten Online-Communities] und für die UNO bei Programmen zur Bekämpfung von Pocken und Kinderlähmung sowie zur Unterstützung von Tsunami-Opfern gearbeitet. Ich habe also für private und öffentliche Stiftungen gearbeitet und stelle fest, dass sich bei allen ein kultureller Wandel vollzogen hat. In den 1960ern galt die Wirtschaft als Feind jeglichen gesellschaftlichen Wandels. Und die Leute, die für Stiftungen und NGOs und nach Paragraph 501 des US-Steuerrechts steuerlich begünstigte gemeinnützige Organisationen arbeiteten, haben uns Unternehmer immer als Gegner betrachtet.

Was sich geändert hat, ist, dass sich die Unternehmen geändert haben. Schauen Sie sich mal einige an: [Ebay-Gründer] Pierre Omidyar, eine beeindruckende Persönlichkeit, Jeff Skoll, auch von Ebay, [den Gründer von Salesforce.com] Marc Benioff, Larry und Sergey, [Microsoft-Gründer] Bill Gates. Diese Leute wissen, wie man ein Unternehmen richtig führt, und setzen einen Teil ihres Vermögens sowie ihre Fähigkeiten, die sie als Führer von Unternehmen erworben haben, dazu ein, ihre gemeinnützige Arbeit effektiver und effizienter zu gestalten.

Das ist die größte Veränderung, und das hat sich auch darauf ausgewirkt, wie große Kampagnen funktionieren. Das Kinderlähmungsprogramm wird wesentlich professioneller durchgeführt als das Pockenprogramm. Das Programm zur Bekämpfung des Medinawurms, das vom Carter Center durchgeführt wird, wird wirklich professionell gehandhabt. Hier werden Dinge für das Gemeinwohl, für wohltätige Zwecke getan, indem man bewährte Praktiken aus der Wirtschaft und auch kluge Köpfe übernimmt.

ZDNet: Ist dieser Trend auf technische Branchen beschränkt?

Brilliant: Schauen Sie sich einmal [Wagniskapitalgeber] John Doerr an und die erstaunliche Arbeit, die er in Sachen Grippeepidemien, Klimawandel und Bildung geleistet hat. Sie können sich überlegen, was er als Einzelner bei Walmart erreicht hat, indem er sich als CEO hinstellte und ankündigte, er wolle das Unternehmen umweltfreundlicher machen. Es gibt wirklich eine Menge positiver Initiativen von Seiten der Führungskräfte aus der Wirtschaft.

Ich hasse es, das Wort „Verantwortungsgefühl“ zu verwenden, aber ich habe den Eindruck, es gibt in Wirtschaftskreisen inzwischen ein stärkeres Verantwortungsgefühl, als ich es je erlebt habe. Das ist gerade in der heutigen Zeit außerordentlich wichtig und willkommen. Es gab schon immer Organisationen und Unternehmen wie Levi Strauss, die progressiv und sozial denkend waren, etwa Hewlett-Packard: Der „HP way“ hat den Leuten, die dort arbeiteten, und ihrem Umfeld wirklich sehr viel bedeutet. Ich habe das Gefühl, dass diese Einstellung jetzt viel weiter verbreitet ist. Ich kann das zwar nicht mit konkreten Zahlen belegen, aber das ist mein Eindruck.

ZDNet: Meinen Sie, das liegt daran, dass sich die Dinge derzeit an einem Scheidepunkt befinden? Dass es inzwischen so schlecht um die Welt steht, besonders in Bezug auf die Umwelt, dass Tatenlosigkeit schon als Verbrechen angesehen werden könnte?

Brilliant: Ja, das meine ich. Bertolt Brecht, der große deutsche Dichter, hat einmal geschrieben: „Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!“ Er sprach natürlich über das Naziregime… Ich würde sagen, der Klimawandel ist für viele Leute gleichermaßen bedrängend und dämonisch. Wir haben ihn natürlich selbst verursacht. Wir können niemandem die Schuld geben als uns selbst. Ich glaube, das ist für viele Menschen, mit denen ich spreche, und die guten Menschen, die ich kenne, ein großer Ansporn, aktiv zu werden.

ZDNet: Warum versucht Google, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle zu spielen? Liegt das nur daran, dass die Gründer so leidenschaftlich dabei sind?

Brilliant: Das liegt nicht nur an Larry und Sergey. [CEO] Eric Schmidt ist ein engagierter Umweltschützer. Seine Frau sitzt im Vorstand des NRDC [National Resources Defense Council]. Diese Bewegung kommt von ganz oben. Hier bei Google gibt es die allgemeine Überzeugung, dass wir mehr tun müssen als nur Gewinne erzielen. Wir müssen uns auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Wir müssen unseren Erfolg und die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzen, um die Welt zu verbessern – auch wenn das vielleicht etwas abgedroschen klingen mag.

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