Adobe-CEO: Ernste Gefahr durch Google und Microsoft

ZDNet: Wie würden Sie die Position von Adobe im Open-Source-Bereich im Vergleich zu anderen Unternehmen wie IBM einschätzen, das sich in der Open-Source-Welt auf recht offensive Weise einen Platz gesichert hat?

Chizen: Das liegt zum Teil daran, dass das Hauptgeschäft von IBM Infrastrukturlösungen sind, nicht Anwendungen. Deshalb macht es IBM nichts aus, Anwendungssoftware einfach so aus der Hand zu geben. Wenn jemand IBM auffordern würde, seine Content-Management-Systeme vollständig zu Open Source zu machen, würde IBM vermutlich ablehnen, weil das Unternehmen mit dieser Software noch eine Weile lang Geld verdienen möchte.

In Bereichen, in denen Einnahmen und Gewinne generiert werden sollen, ist Open Source keine Option. Bisher hat, soweit ich weiß, noch niemand nachgewiesen, dass man seine Produkte komplett zu Open Source machen und damit langfristig Geld verdienen kann. Red Hat ist auf den Service-Bereich ausgerichtet. Aber wir sind nicht im Service-Business – bei uns dreht sich alles um Software.

ZDNet: Wie läuft es im Bereich Business-Software, mit Produkten wie Livecycle und Coldfusion?

Chizen: Eigentlich so wie erwartet. Im letzten Jahr belief sich unser Umsatz in diesem Bereich auf 200 Millionen US-Dollar. Wäre Adobe ausschließlich auf Firmensoftware spezialisiert, stünden wir damit im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Leider geht diese Zahl in einem 3-Milliarden-Unternehmen dann aber doch eher unter. Diese Sparte machte im vergangenen Jahr 8 Prozent unseres Umsatzes aus. Es gab ein paar Punkte, die uns zu schaffen machten.

Bei Livecycle mussten wir einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um die Kunden zu mobilisieren. Erst jetzt haben wir langsam so viele Kunden, dass wir tatsächlich von einem echten Erfolg sprechen können. Livecycle 8, das diesen Frühling auf den Markt kommen wird, bietet als erstes Produkt überhaupt vollständig integrierte Server mit einem einzigen Installer und einer einzigen Administrationsoberfläche. Außerdem bietet es die Möglichkeit einer Datenerfassung in Flex. Adobe kann erfreuliche Wachstumszahlen vorlegen. Trotzdem glaube ich, dass der Start von Livecycle 8 noch einmal beträchtlichen Zusatzschub liefern wird.

Außerdem ist Adobe in den SAP Netweaver integriert. Wer im Netweaver ein interaktives Formular bearbeiten möchte, kommt um Adobe nicht herum. Wenn der Kunde das Formular verändern will, muss er ein Adobe- oder SAP-Produkt kaufen. Die Anwender haben erst vor kurzem begonnen, SAP-Anwendungen im Rahmen von Netweaver zu verwenden. Wir freuen uns über diese Entwicklung. Es hat lange gedauert, bis dieses Projekt endlich an Fahrt gewonnen hat. Aber auch in diesem Fall sind wir nicht überrascht. Und wenn wir in dieser Sparte eigenständig wären – Nehmen Sie etwa Salesforce.com: ein 500-Millionen-Dollar-Unternehmen – und alle denken, besser geht es nicht! Glücklicherweise habe ich viele Unternehmungen, von denen ich sprechen kann.

ZDNet: Welche Märkte werden in der Zukunft für Adobe wichtig sein?

Chizen: Video. Und damit meine ich nicht nur die bloße Bearbeitung, sondern den gesamten Arbeitsablauf. Echtzeitbearbeitung, Nachbearbeitung, Streaming, DRM, Fertigstellung – die gesamte Bandbreite also, für Profis wie für engagierte Amateure. Natürlich auch für den Gelegenheitsanwender zu Hause, abhängig von den dort vorhandenen finanziellen Mitteln.

Unser zweites großes Anliegen ist es, sicherzustellen, dass alles, was wir tun, auch für die Nutzung auf mobilen Endgeräten geeignet ist. Abgesehen von den Einnahmen aus Lizenzen für diese Geräte gehen wir im Geschäft mit mobilen Endgeräten davon aus, dass wir den Betreibern, die Daten für eine elegante Übertragung an mobile Endgeräte optimieren, Server verkaufen können. Bis Ende des Jahres wird es hier in den Vereinigten Staaten einen größeren Betreiber geben, der einen Flash-Cast-basierten Dienst anbietet. Auch der Bereich Firmensoftware wird weiterhin ein wichtiges Thema für uns sein. Stichwort Real Time Collaboration. Und wir denken an weitere Neuigkeiten wie digitale Bücher, außerdem die gehosteten, werbefinanzierten Anwendungen, von denen wir bereits gesprochen haben.

Unsere Hauptgeschäftsbereiche bei Adobe sind also: kreative Anwendungen, Firmensoftware, Acrobat. Darüber hinaus laufen unzählige kleinere Experimente, die wirklich sehr spannend sind. Wir haben eine so große Technologievielfalt zur Verfügung, die noch ausgelotet werden will. Aus synergetischer Sicht war Macromedia für Adobe eine große Bereicherung – und Adobe hat den Dingen, die bei Macromedia geplant waren, in der Folge enormes Gewicht verliehen.

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1 Kommentar zu Adobe-CEO: Ernste Gefahr durch Google und Microsoft

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  • Am 30. März 2007 um 17:29 von Der Skeptiker

    Linux
    Wie wäre es einmal mit Photoshop oder besser noch die ganze Creative Suite auf Linux zu portieren.

    Das würde den Rest der Welt – inkl. Winzigweich abhängen.

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