Ulmer Handywerk könnte Verlierer des Verkaufs an Benq werden

Der Fabrik in der Donaustadt fehlt die kritische Größe

Die Übergabe der Siemens-Handysparte an den taiwanesischen Elektronikkonzern Benq hat nun auch den Segen der IG Metall erhalten. Am Donnerstag gingen entsprechende Verhandlungen zuende. Mit Benq sei ausgehandelt worden, dass die Standorte München (aktuell 1400 Mitarbeiter) und Kamp-Lintfort (2000 Mitarbeiter) zu zukunftsfähigen Produkthäusern ausgebaut werden sollten, sagte Siemens-Aufsichtsrat Wolfgang Müller von der IG Metall am Freitag in München. Vor diesem Hintergrund sei die Zukunft von Ulm als drittem deutschen Standort ungewiss. Eine kritische Größe habe Ulm nicht.

In Kamp-Lintfort wolle Benq bis Ende dieses Jahres 70 und am Standort München 100 neue Stellen schaffen, hatte die IG Metall laut „Süddeutscher Zeitung“ nach Abschluss der Verhandlungen am Donnerstag mitgeteilt. In welchen Bereichen neue Mitarbeiter eingestellt werden sollen, blieb offen.

Fest steht nur, dass andere Mitarbeiter gehen müssen. Der von Siemens ohnehin geplante Stellenabbau in Kamp-Lintfort wird allerdings geringer ausfallen als zunächst befürchtet. Statt der bislang geplanten 340 werde Siemens nun 230 Stellen abbauen, sagte ein Sprecher der IG Metall am Freitag. Die betroffenen Mitarbeiter sollten in eine Beschäftigungsgesellschaft von Siemens überführt werden. Als Termin wird Anfang 2006 gehandelt.

Der Stellenabbau war schon Ende 2003 beschlossen und in einem Ergänzungstarifvertrag festgeschrieben worden. Arbeiter mit einfachen Tätigkeiten in der Fertigung und im Versand sollen durch Automaten ersetzt werden. Der Zeitpunkt, zu dem Siemens das damals beschlossene umsetzt, hatte die IG Metall aber überrascht. „Die wollen wohl einen klaren Schnitt machen vor der Übergabe an Benq“, mutmaßte Sprecher Wolfgang Nettelstroth bei Bekanntwerden der Pläne Ende August.

Die Entlassungen verstoßen allerdings selbst nach Ansicht der IG Metall nicht gegen den im Juni 2004 geschlossenen Beschäftigungssicherungsvertrag für das Werk Kamp-Lintfort. Damals hatten Unternehmen und Gewerkschaft sich darauf verständigt, die von der Verlagerung nach Ungarn bedrohte Produktion in Deutschland zu halten. Modernisierungsmaßnahmen werden durch den Vertrag jedoch erlaubt.

Für die verbleibenden Stellen haben IG Metall und Benq am Donnerstag die Erfüllung des Ergänzungstarifvertrags bis Mitte 2006 vereinbart. Er sieht eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Über den Zeitraum nach 2006 solle es im kommenden Jahr Verhandlungen geben, hieß es.

Bis zum Ende des Siemens-Geschäftsjahres 2004/2005 am 30. September ist die Handysparte offiziell noch Teil des deutschen Konzerns, ab 1. Oktober gehört sie dem taiwanesischen Elektronikunternehmen Benq. Siemens hatte den Verkauf Anfang Juni bekannt gegeben. Die Handyproduktion macht seit langer Zeit Verluste, weshalb der zum Jahresanfang angetretene Konzernchef Klaus Kleinfeld sich zur Trennung entschlossen hatte.

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