Digital-TV: Die Tücken des neuen Fernsehens

Gänzlich ungetrübt ist der TV-Genuss mit der neuen Technik nicht

Das digitale Fernsehen erreicht inzwischen fast jeden zweiten Deutschen. Doch das System hat Tücken: Es hapert oft an der Bildqualität. In der mitunter schwierigen Koexistenz von Mietern und Vermietern ist er einer der Klassiker: Der Streit ums Fernsehen. Doch statt an der Auswahl des richtigen Senders entzündet sich der Konflikt meist an der Frage, auf welchem Weg Nachrichten und Unterhaltung in Büro oder Wohnzimmer kommen.

Schließlich sind die vorwiegend grauen Satellitenschüsseln an Hauswänden und auf Dächern nicht nur Denkmalschützern ein Graus. Auch viele Hausbesitzer legten bisher ihr Veto ein, wenn ihre Mieter dem teuren Kabelfernsehen abschwören und die Sender stattdessen gebührenfrei aus dem All empfangen wollten.

Jetzt stehen die Zeichen auf Entspannung. Möglich macht das DVB-T, das Digitale Antennenfernsehen (englisch: Digital Video Broadcast – terrestrial). Nach dem Start in Berlin, wo die neue Sendetechnik das herkömmliche analoge Antennenfernsehen bereits 2003 ablöste, werden die Digitalprogramme jetzt in weiten Teilen Deutschlands zum Regelangebot.

Nach dem Umstieg der Regionen Hamburg/Kiel/Lübeck, Hannover/Braunschweig, Rhein/Ruhr und Rhein-Main im vergangenen Jahr können bundesweit nun mit rund 38 Millionen knapp die Hälfte der Bundesbürger das Digitalfernsehen empfangen. 2005 steht der Umstieg in den Großräumen München/Südbayern, Nürnberg/Fürth, Erfurt/Weimar und Halle/Leipzig an. Spätestens 2010 soll der letzte analoge Fernsehsender in der Bundesrepublik vom Netz gehen.

Größter Vorteil des Digitalen Fernsehens: Ein deutlich größeres Programmangebot. In Berlin, wo vor der Umstellung nur eine bessere Handvoll Sender via Antenne zu empfangen waren, kommen mittlerweile 28 Programme via DVB-T auf den Schirm. In weiten Teilen Nordrhein-Westfalens, werden es bis April 24 Programme sein, die ohne Kabelanschluss oder Satellitentechnik empfangbar sind.

Dabei kommt nicht nur das übliche Angebot der öffentlich-rechtlichen und privaten Hauptprogramme in den Digitaldekoder. Mit N24, CNN, Eurosport, ZDF Doku/Kinderkanal, ZDF Info/3SAT, Phoenix und Terra Nova erfüllt DVB-T auch den Bildungsauftrag – die Landesmedienanstalten, die das Angebot festlegen, wollen es so.

Allerdings muss sich der Nutzer für den Digitalempfang einen Dekoder zulegen, der die in Bits und Bytes verschlüsselten Bild- und Tonsignale wieder in analoge Impulse umwandelt. Denn herkömmliche Fernseher können mit der neuen Sendetechnik nichts anfangen. Entsprechende Geräte, die sich zwischen Antennenkabel und TV-Gerät schalten lassen, gibt´s ab 80 Euro, die passende Zimmerantenne ab 30 Euro. Damit liegt die Investition etwa auf dem Niveau eines Dreivierteljahres Kabelfernsehgebühren.

Für das Geld bekommt der Couch-Potatoe zudem nicht bloß das reine Fernsehprogramm, sondern – sofern der Dekoder entsprechend ausgerüstet ist – auch erweiterte Programminformationen übertragen, parallel zu den regulären Sendungen. Dekoder wie etwa Sonys VTX-800 merken sich auf diese Weise die Sendungen in Stichworten für eine ganze Woche vorab, und das sogar nach Genres sortiert. Ein Timer schaltet das Gerät sogar automatisch ein.

Dazu kommt: Sofern der Dekoder einen Digitalausgang hat, gibt es die Filme via DVB-T auch mal fünfkanalig in Dolby-Digital-Sound für die Heimkinoanlage. Spezielle Twin-Dekoder liefern parallel ein Programm für die Wiedergabe am Fernseher und eines für die Aufnahme auf dem Videorekorder. Noch komfortabler sind DVB-T-Dekoder mit eingebauter Festplatte, die Kapazitäten für tage- und wochenlange Aufzeichnungen haben.

Und schließlich lassen sich die Digitalprogramme auch unterwegs nutzen. Kompakte TV-Empfänger, die beim samstäglichen Grillen am Badesee auch einen Blick auf die Fußballberichterstattung erlauben, sind genauso möglich wie Fernsehgeräte für den Einbau in Pkws oder Busse, die das Programm während der Fahrt wiedergeben.

Doch trotz derlei Vorteile gegenüber der alten Analogtechnik – gänzlich ungetrübt ist der TV-Genuss mit dem Digitalfernsehen nicht. Und das liegt ausgerechnet an der neuen Programmvielfalt. Um nämlich die zusätzlichen Sender auf den gleichen Frequenzen unterbringen zu können, müssen sich die digitalen Bilder von vier bis fünf Sendern die Bandbreite teilen, über die bisher ein Analogprogramm ausgestrahlt wurde. Und soll – wie geplant – sogar die Empfangssoftware der Dekoder automatisch über Funk aktualisiert werden, kostet das zusätzliche Übertragungskapazitäten, da auch diese Daten noch über die begrenzte Bandbreite mitgesendet werden müssten.

Zwar nutzen die Digitalprogramme die Frequenzen dank Datenkomprimierung weit besser aus als ihre analogen Vorgänger. Doch die Technik hat ihre Kehrseiten. Weil das Datenvolumen der digitalen Bilder gegenüber der technisch vergleichbaren Speicherform von DVD-Filmen noch einmal um rund die Hälfte reduziert ist, leidet auch die Bildqualität. Vor allem bei schnellen Schwenks oder kontrastreichen Bildwechseln baut sich der Inhalt des TV-Schirms immer wieder aus großen Klötzchen auf. Kanzler Schröder im Blitzlichtgewitter eines Tagesschau-Beitrags wird dann schnell zum pixeligen Schattenmann, sichtbar nur in Form grober Bildpunkte.

Derlei Störungen dauern zwar nur Sekundenbruchteile, stören aber schon auf einem mittelgroßen Fernseher. Von der „erstklassigen Bild- und Tonqualität“, die die DVB-T-Promotion-Web-Site www.ueberall-tv.de verspricht, ist jedenfalls nicht immer die Rede. Zudem ist das Attribut „digital“, wie die Erfahrungen mit den Handynetzen beweist, nicht gleichbedeutend mit störungsfrei. Auch das Digitalfernsehen kämpft mit Unzulänglichkeiten, wie Techniker bestätigen: „Wir lernen jeden Tag dazu“, heißt es in der Szene.

Auch bei optimalem Empfang über die Dachantenne kann es zu kurzen Aussetzern kommen. Wer mit Zimmerantenne auskommen will, braucht einen Verstärker und ein langes Kabel. Denn es hängt vom Standort der Antenne ab, wie gut das Bild in den Dekoder kommt. Wer eine TV-Diagonale über 66 Zentimeter hat und Wert auf ein scharfes Bild legt, fährt mit Kabelanschluss oder Satellitenempfang besser. Die Qualität des analogen Bildes erreicht DVB-T selbst unter idealen Bedingungen nicht.

Am Erfolg des neuen TV-Angebots ändern derlei Limitationen offensichtlich nichts: Die Kombination aus mehr Programmen für weniger Geld kommt an. Nach Angaben des Branchenverbandes ZVEI gelangten mittlerweile rund 2,3 Millionen Digitalboxen in den Handel. Die Zahl wächst schnell weiter. Joachim Bareiß, DVB-T-Projektleiter beim WDR, sieht daher ein Ende des Nutzerschwundes beim Antennen-TV: „Nach Jahren des Wechselns zu Kabel und Satellit sieht es nun so aus, als ob wieder mehr Zuschauer auf die Antenne setzen“, schließt er aus den Zahlen.

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7 Kommentare zu Digital-TV: Die Tücken des neuen Fernsehens

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  • Am 1. März 2005 um 12:48 von Andreas Terveen

    Preise und Qualität
    Ich glaube, da liegt der Autor hier und da etwas daneben.
    Der Fernsehgenuß kostet nicht weniger, sondern mehr Geld (GEZ bleibt gleich und neue Investitionen für Dekoder und Antenne werden fällig).
    Die Qualität ist häufig leider Schrott – während ich mit meinem Analog-SAT-Receiver einwandfreien Empfang habe, sieht der Nachbar im gleichen Haus nichts als Klötzchen – oder manchmal auch gar nichts (Sender zu schwach oder keine Zugang). Wenn das die neue Fernsehzukunft ist, tät‘ ich gerne verzichten – nur das geht leider wieder mal nicht.
    Denn irgendwann wird die Analog-Ausstrahlung abgeschaltet und wir sitzen im Dunkeln.
    Und genau darin ist auch der momentane Hype dieser neues technik zu sehen: Die Leute wissen, irgendwann wird Analog abgeschaltet, da greifen wir bei günstigen Einsteiger-Angeboten für die Digitaltechnik jetzt zu. Absatz also, weils günstige / billig ist (Geiz macht geil) und nicht weil die Technik überzeugt.

    • Am 8. März 2005 um 10:41 von Onkel Heinz

      AW: Preise und Qualität
      Ooooh, sitzt da wieder irgendeine arme Wurst im Empfangsloch, und wettert deswegen auf die neue Technik ? :-)
      Der Author liegt in keinster Weise daneben, und der Trend der Kunden bestätigt den relativ zügigen Wechsel zu DVB-T.
      Nicht verzweifeln, auch die Sendestationen werden noch ausgebaut, und dann gehts bestimmt überall.

  • Am 2. März 2005 um 16:30 von Hock

    Fachleute :D
    Artikel und Kommentar, da scheint man sich ja bundesweit umgehört zu haben. SUPER
    Ich habe seit 6 Wochen DVB-T und bis auf kleinere Probleme mit EPG habe ich die geschilderten Probleme noch nicht erlebt. Und ich bin von dem idealen Empfangsbereich ca 1km entfernt, weswegen ich meine 9 Euro passiv Antenne auch nur unter der Vorraussetzung freier Umtausch gekauft hatte. Ich habe sehr viele Foren besucht und von Problemen wird zumindest in der Empfangsqualität selten berichtet.
    Hier sollte mal besser recherchiert werden. Es gibt hier und da auch Bedienungsfehler die sich schnell lösen lassen.

    • Am 4. März 2005 um 15:06 von Andreas Terveen

      AW: Fachleute :D
      Wow was für ein Fachleut‘!!

      Wenn die Empfangs- und Bildqualität tages- und Wetterabhängig schwankt, dann ist das ein Bedienungsfehler – lol, wohl vom lieben Gott oder wer macht bei Euch das Wetter?

    • Am 4. März 2005 um 15:08 von Andreas Terveen

      AW: Fachleute :D
      Sorry – Nachtrag, war zu schnell beim Abschicken.

      Es interessiert den Käufer einer solchen Lösung nicht, ob sie woanders und bei jemand anderem einwandfrei funktioniert (oder in einem anderen Verbreitungsgebiet), sondern ob es in seinem Wohnzimmer einen vernünftigen Empfang gibt oder nicht. Schließlich wird er kaum für’n besseren Empfang von Berlin nach München oder Frankfurt auswandern,oder ?

  • Am 8. März 2005 um 0:26 von DBTV-T ist gut!

    Bremer Stadtmusikanten vergessen!
    Die Region um Bremen war die Erste, die ultimativ auf DBTV umgestellt wurde.
    Als ich von einem USA-Aufenthalt zurückkam, taten es meine Fernseher aus diesem Grund nicht mehr.
    Wir hatten früher kein Kabel ins Haus legen lassen, weil Sohnemann nicht vor den Fernseher groß werden sollte!
    Wir hatten also nur eine FS-Antenne.

    Als ich auf Dekoder umgestellt habe, habe ich zuerst auch viel Mist gesehen.

    Es gibt leider viel "Dekoder-Schrott" zu kaufen. Daran liegt es nämlich meistens.

    Es hat etwas gedauert, dann habe ich einen Dekoder gefunden, der keine Probleme mehr machte. Seither habe ich an den Fernsehern einen Nokia-Dekoder.

    Gegenüber Analog Teristrisch haben wir ""überhaupt kein Rauschen"" mehr in den Bildern, und 9 Seder mehr als früher.

    Ich bin von DBTV begeistert.

    Aber wie gesagt, es war ein langer Weg, bis ich einen ""gut funktionierenden" Dekoder gefunden katte.

    Da liegt das größte Problem!

    Meine PCs sind auch wieder mit DBTV-Karte von ""AverTV"" ausgestattet, die alles bestens bietet, aber deren Nennung ich hier auch vermisse.

    DBTV-T ist gut!

  • Am 26. April 2006 um 1:16 von e. wankow

    weder terristisch noch dbtv empfang
    dbtv ist für mich als "landei" eine ziemliche verarschung. Teristische Sender sind abgestellt, DBTV seit über einem Jahr nicht verfügbar. Nur die GEZ zieht das Geld ein, da schliesslich rein teoretisch das TV Gerät Empfang hat. Ob gesendet wird, scheint nicht entscheidend.

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