Business Intelligence: Risiko für die Firmenkultur

Zentrales Problem der Techniken für so genannte Business Intelligence (BI) ist nach wie vor die Konkurrenz zur menschlichen Intelligenz. Dabei liegt hier ein dramatisches Missverständnis vor. Der deutsche Reflex, BI mit Geschäftsintelligenz zu übersetzen, weckt unerfüllbare Erwartungen.

Noch immer lässt sich geschäftlicher Erfolg nicht durch Informationstechnik garantieren. Tatsächlich kann Intelligence im Englischen so gut wie alles von der Nachricht bis zum Nachrichtendienst bedeuten. In der IT geht es jedoch im Wesentlichen darum, geschäftlich relevante Informationen zu sammeln und so darzustellen, dass sie von Geschäftsleuten (nicht nur in den Vorstandsetagen) nachvollzogen werden können.

Und hier liegt das zweite Problem. Mag sein, dass Betriebswirtschaftler heute an der Universität mit BI-Techniken vertraut gemacht werden. Für die meisten Manager gilt jedoch, dass sie Daten aus den für sie undurchsichtigen Analysen nicht trauen. Sie holen sich die Informationen aus dem System und bringen sie dann händisch – sprich: per Spreadsheet-Programm – in Übereinstimmung mit ihrer Erfahrung, ihrer Intuition. Die Folge: Selbst in Unternehmen mit ausgefeilten und umfassenden Data Warehouse-Implementierungen wird in langen Sitzungen darum gestritten, wessen Zahlen die richtigen sind, bevor man darangeht, sie zu deuten.

Man kann diese Haltung als Egotrip von Karrieristen abtun. Tatsächlich neigen nicht wenige von Ihnen dazu im Rahmen ihrer Aufstiegsplanung, die Kennwerte so lange zu „frisieren“, bis ihr Verantwortungsbereich besser aussieht als der der Kollegen/Konkurrenten. Oft genug jedoch misstrauen die Manager den vom System gelieferten Zahlen zu Recht. Nicht immer sind die gesammelten Daten korrekt oder es gehen nicht alle relevanten Informationen in die BI-Analysen ein – entweder weil man dafür ein unternehmensweites Data Warehouse bräuchte oder weil es um weiche Faktoren geht, die selbst über Balanced Scorecards (falls vorhanden) nur schwer zu integrieren sind. Häufig jedoch wird die geschäftliche Wirklichkeit durch einen uneinheitlichen Sprachgebrauch verzerrt. Insbesondere Unternehmen mit verschiedenen Bereichen und mehreren Standorten fragen sich, wann genau der Arbeitstag bei Schichtbetrieb beginnt, wie genau Umsatz zu definieren ist, wann bei Währungsumrechnungen gerundet wird, wie lange eine Arbeitswoche dauert und vieles mehr. Natürlich kann man sich auf eine einheitliche Bedeutungen einigen, aber sind sie auch durchsetzbar?

  • Jeder Mitarbeiter, der Daten interpretiert, muss alle relevanten Bedeutungen kennen und verstehen. Hier steht das Unternehmen vor einem Kommunikationsproblem, das durch Massen-E-Mailing allein nicht in den Griff zu bekommen ist.
  • In Zeiten von rasch wechselnden Geschäftsmodellen sowie von Fusionen ändern sich die Begrifflichkeiten ständig. Man rennt also hinter einem „moving target“ her.
  • Definitionen sind meist Kompromisse. Das bedeutet, dass Manager, die sich daran nicht halten wollen, ihre sachliche Richtigkeit immer mit einem gewissen Recht anzweifeln können.

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